Lady Sunshine und Mister Moon
erhöhter Alarmbereitschaft zu sein, sobald er auftaucht. Und ich begreife ehrlich nicht, was das alles zu bedeuten hat.“
„Vielleicht steckt mehr in ihm, als du dachtest.“
„Das bezweifle ich sehr.“ Dann fiel ihr plötzlich der wundervolle Strauß exotischer Blumen auf ihrem Schminktisch ins Auge. „Hey, würdest du dir das mal ansehen?“, fragte sie mit erhobener Stimme. Sie durchquerte den Raum, in dem die Tänzerinnen sich für ihre Auftritte umkleideten. „Da muss mich aber jemand sehr lieben.“
Nach dieser Feststellung setzte ein wildes Gejohle ein. „Ja, Carly“, sagte Michelle von einem der Stühle vor der langen beleuchteten Spiegelreihe. „Du hattest deinen freien Tag, und es gibt Gerüchte, dass du mit einem verstauchten Knöchel danieder lagst. Doch kaum bist du gesund und munter wieder da, hast du, wie es aussieht, prompt einen neuen reichen Verehrer an der Hand. Wie ist das denn zu verstehen?“ Michelle beugte sich zum Spiegel, um sich falsche Wimpern aufs Lid zu kleben. Und während sie sie andrückte, bis der Klebstoff trocken war, drehte sie sich um, um Carlys Blick aufzufangen. „Hat er einen Bruder?“, fragte sie hoffnungsvoll.
„Süße, wenn ich so einen Sugar Daddy kennen würde und der auch noch einen Bruder hätte , dann kannst du sicher sein, dass ich ihn mir für später aufheben würde. Als Ersatzmann. Ich habe nämlich gerade eine verflucht lange Trockenperiode, weißt du.“
Dieser Kommentar verursachte die nächste Lachsalve und provozierte weitere Witzeleien. Carly warf ihre Sporttasche auf den Boden vor ihrem Schminktisch, um den Blumenstrauß genauer unter die Lupe zu nehmen.
Als sie einen winzigen weißen Umschlag entdeckte, zog sie ihn heraus und entnahm ihm eine Karte. „ Ich hoffe, du bist wieder auf den Beinen und tanzt bald wieder “, las sie laut. Die Karte war nicht unterschrieben. „Hm?“ Sie hob den Kopf und blickte in grinsende Gesichter. Da ging ihr ein Licht auf. „Ach ihr Süßen! Die sind von euch, oder?“
Am anderen Ende des Umkleideraums unterbrach Jerrilyn das Anbringen einer turmhohen Perücke über ihrem glatten schwarzen Haar und schickte ihr einen Luftkuss.
„Ja, klar. Wann haben wir denn das letzte Mal einer aus unserer Truppe Blumen geschenkt? Kannst du dich daran erinnern?“
„Als Georgia ihr Baby bekommen hat“, sagte Carly. „Ja, gut, verstehe. Ich weiß, dass wir so etwas normalerweise nicht machen. Aber warum habt Ihr denn dann alle so gegrinst?“
„Oh Schätzchen“, sagte Michelle. „Es ist immer eine Riesensache, wenn eine Frau Blumen bekommt. Und manche von uns müssen so etwas durch andere erleben.“
Carly betrachtete erneut das Blumenarrangement. Nur … „Also, vom wem sind diese Blumen denn dann, wenn nicht von euch?“
„Hast du in der Notaufnahme nicht einen heißen jungen Arzt kennengelernt?“, fragte June.
„Nö. Ich war ja nicht mal in der Notaufnahme, sondern bin stattdessen nach Hause gehumpelt und hab Eis drauf getan. Abgesehen davon, dass das Heißeste, das ich das letzte Mal in der Notaufnahme gesehen habe, eine Krankenschwester war. Sie hieß Brunhilde, und vor ihr hätte man in der Dusche nicht die Seife fallen lassen wollen.“
„Du bist unmöglich“, spottete Treena.
Jos Kopf tauchte hinter Carlys Spiegel auf. „Vielleicht hast du einen heimlichen Verehrer?“
„Ja, vielleicht“, erwiderte sie zweifelnd, bevor sie auf die Uhr an der Wand schaute und quer durch den Raum schoss, um ihr Kostüm zu holen. „Wenn dem so ist, dann muss ich es später herausfinden. Ich hab jetzt keine Zeit mehr.“
Die Garderobiere hob den Kopf, als Carly erschien. Sie rückte das Maßband zurecht, das sie um den Nacken geschlungen hatte, und strich sich eine krause Haarsträhne hinter das Ohr, bevor sie Carlys Kostüm vom Bügel nahm. „Danke, dass du Treena gestern dein Kostüm und die Perücke mitgegeben hast“, sagte sie und händigte Carly das Bündel Illusion und Glitzer aus, das zum ersten Akt gehörte. Außerdem übergab sie ihr einen Kopfschmuck aus überquellenden Goldfedern mit weißen Spitzen und rückte ihre Brille zurecht. „Ich habe gern Zeit, die Kostüme zu reinigen. Obwohl du ja zu den reinlicheren Mädchen gehörst.“
Anschließend kehrte Carly zu ihrem Schminktisch zurück und tauschte rasch ihre private Kleidung gegen Netzstrümpfe und das Kostüm. Den Kopfschmuck setzte sie auf dem Kopf einer Puppe ab, und dann schminkte sie sich eilig. Im grellen Licht der Garderobe sah
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