Längst vergangen: Thriller (German Edition)
und zum ersten Mal seit ich Lisas Haus verlassen habe, spüre ich, wie ich allmählich langsamer denke und beginne, meine Lage in einem klareren Licht zu sehen.
Als der Zähler an der Zapfsäule stehenbleibt, hänge ich den Zapfhahn ein und gehe hinein, um zu zahlen. Unterwegs komme ich an einem Münztelefon neben einem Eisautomaten vor dem Gebäude vorbei. Das erinnert mich daran, was ich Doug versprochen habe.
Ich versuche, es zu ignorieren, aber ich kann es nicht.
Als ich bezahle, erhalte ich Kleingeld für das Telefon.
– – –
»Mein Gott, Jake, die Polizei ist den ganzen Tag hier gewesen.«
»Was hast du denen gesagt?«
»Was hätte ich sagen können? Ich weiß gar nichts.«
»Du weißt, wo ich bin.«
Doug atmet ins Telefon. »Muss mir wohl vorübergehend entfallen sein, als sie danach fragten.«
Ich lächele.
»Ich glaube kaum, dass ich das Anne erklären kann«, sagt er. »Bin nicht einmal sicher wie.«
»Ich verstehe.« Nach einer Pause füge ich hinzu: »Du weißt doch, dass ich niemanden getötet habe, oder?«
»Natürlich. Die ganze Sache ist lächerlich, aber Anne sieht das nicht so. Von ihrer Warte aus betrachtet, kann ich ihr das nicht verdenken.«
»Was heißt das?«
»Sie muss an die Universität denken, und dies ist nicht die richtige Presse. So etwas überzeugt Eltern nicht, ihre Kinder hierher zu schicken.«
»Das macht nichts. Ich kehre nicht zurück.«
Doug hält inne. »Wo willst du hin?«
Ich lüge und sage, ich hätte es noch nicht entschieden, aber meine Stimme klingt komisch, selbst für mich. Ich glaube, Doug merkt das, denn er antwortet nicht sofort darauf.
Als er wieder spricht, bohrt er nicht nach.
Er wünscht mir Glück.
»Das kann ich gebrauchen«, sage ich. »So viel wie nur möglich.«
Ich beende das Gespräch und gehe zu meinem Wagen zurück. Im Westen beginnt die Sonne unterzugehen. Die Klippen reflektieren das schwache Abendlicht und brennen glutrot am Himmel.
Ich stehe lange da draußen und beobachte ihn.
– 31 –
Erschöpft fahre ich auf den Hotelparkplatz. Ich blicke auf die Uhr. Es ist nach sieben, ich habe also weniger als drei Stunden, bis ich Lisa treffe.
Im Moment will ich mich nur hinlegen.
Mehrere Wagen stehen auf dem Gästeparklatz, die noch nicht da waren, als ich wegfuhr. Aber ich erinnere mich, dass das hier ein Hotel ist und die meisten Gäste erst später am Tag ankommen.
Das beruhigt mich, trotzdem spüre ich, wie sich in meinem Nacken ein unbehagliches Summen aufbaut, das ich nicht ignorieren kann.
Als ich den Parkplatz überquere, höre ich den Fluss in der Ferne rauschen und ab und zu einen Wagen auf der Straße vorbeifahren. Als ich mich dem Gebäude nähere, bemerke ich einen Mann, der allein im ersten Stock nicht weit von meinem Zimmer steht. Er raucht eine Zigarette, beugt sich über das Geländer und beobachtet mich.
Ich gehe zur Treppe und rede mir ein, dass ich paranoid bin und er nur ein anderer Gast ist. Ich weiß nicht, ob das stimmt oder nicht, aber der Gedanke gibt mir die Kraft, weiterzugehen. Als ich oben auf der Treppe ankomme, dreht sich der Mann am Geländer um und sieht mich an.
»’n Abend«, sagt er.
Ich nicke und tue so, als ob ich in den Taschen nach meinem Schlüssel suche.
Ich gehe an ihm vorbei, dann schaue ich zurück. Folgt er mir etwa? Nein.
Den anderen Mann sehe ich erst, als ich an meine Tür komme. Er steht am Ende des Gangs im Schatten. Ich weiß nicht, ob er mich beobachtet oder nicht, aber das ist egal. Er ist da, und mehr brauche ich nicht zu wissen.
Das Summen unten in meinem Nacken fühlt sich an wie ein elektrischer Schlag. Ich erwäge, kehrtzumachen und wieder die Treppe hinunter zu meinem Wagen zu gehen, aber dann sehe ich, dass mich der Mann mit der Zigarette anstarrt.
Meine einzige Chance besteht darin, in mein Zimmer zu gelangen. Schaffe ich das, erkaufe ich mir Zeit zum Nachdenken.
Ich ziehe die Plastiklochkarte aus der Tasche und schiebe sie ins Schloss. Das Licht blinkt erst grün, dann rot.
Die Tür geht nicht auf.
Der Mann am anderen Ende des Gangs tritt aus dem Schatten und kommt auf mich zu. Ich werfe einen Blick auf den Mann am Geländer. Er nimmt einen langen Zug aus der Zigarette, dann schnippt er sie zusammengeknickt auf den Parkplatz.
Ich probiere den Schlüssel noch mal.
Diesmal leuchtet das Licht grün, und ich höre das Schloss klicken. Ich stoße die Tür auf und gehe hinein.
Ein Mann sitzt am Tisch an der Wand und fixiert die Eingangstür. Er ist älter
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