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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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stellt
eine Sonne dar, die zur Hälfte hinter einer dunklen Wolke hervorlugt. Gott erhört
dein Gehet, steht dort.
    «Wie schön, dass du kommen konntest»,
sagt er und mustert Konrad mit unverhohlener Neugier von oben bis unten.
    Sie setzen sich. Konrad und Gertrud
auf die Stühle, Lelle mit dem Rücken an die Wand gelehnt auf die Pritsche.
    «Ich soll dich von Sven grüßen», sagt
Gertrud.
    Über Lelles Erlöserblick fällt unmittelbar
ein bekümmerter Schatten. Er schüttelt besorgt den Kopf.
    «Sven, ja ... Er hat es nicht immer
leicht gehabt im Leben. Nein, das hat er wahrlich nicht.»
    «Ich glaub, es geht ihm inzwischen
ziemlich gut», klärt ihn Gertrud auf. «Ich hab dir doch von seiner Flamme Lena erzählt,
oder?»
    Lelle nickt und wirkt etwas beruhigter.
Aber seine Stimme klingt düster.
    «Eine Frau ... Ja, das ist gut. Viel
besser. Ich hoffe wirklich, dass der Herr von nun an seine Hand über ihn hält.»
    Es klopft an der Zellentür, und die
Frau, die gerade eben hinter ihnen zugeschlossen hat, steckt ihren Kopf herein.
Sie trägt einen dunkelblauen Pulfunder und hat einen blonden Pferdeschwanz. Ihr
Schlüsselbund rasselt abschreckend.
    «Möchten Sie Kaffee? Ein Becher kostet
zehn Kronen. Fünfzehn, wenn Sie 'ne Zimtschnecke dazu haben wollen.»
    «Ich lad euch ein», sagt Lelle ohne
eine Spur von Ironie in der Stimme.
    Die Aufseherin verschwindet, ist jedoch
kurze Zeit später mit einem Tablett in der Hand wieder zurück.
    «In der Werkstatt verdient man ja etwas
Geld», erklärt Lelle. «Nicht viel, aber es ist ehrenhaftes Geld ...»
    Er verstummt.
    Gertrud sagt ebenfalls nichts. Es ist,
als warten beide. Vielleicht auf Konrad. Wie auf ein Signal hin greifen alle drei
im selben Augenblick nach dem Kaffee.
    «Und du sitzt lebenslänglich ein?»,
fragt Konrad über den Rand seines Kaffeebechers hinweg.
    Lelle lehnt sich wieder an die Betonwand
und umfasst seinen Becher, als wolle er seine Hände wärmen. Zum ersten Mal blitzt
eine gefährliche Tiefe in seinem Blick auf. Konrad weicht unbewusst ein paar Zentimeter
auf seinem Stuhl zurück.
    «Ich erinnere mich daran, als du klein
warst, Konrad. Nicht besonders gut, aber immerhin. Ihr wart ja so viel jünger,
du und Sven.»
    Er schaut Konrad bohrend an.
    «Ich kann nicht gerade behaupten, dass
ich dich damals mochte. Hatte eher den Eindruck, dass du ein kleiner Schisser warst.
Ja, so hab ich gedacht. Ein schmächtiges, verängstigtes kleines Stück Scheiße.
Aber vielleicht hattest du ja einen Grund, Angst zu haben.»
    Konrad windet sich auf seinem Stuhl.
Weiß nicht, was er darauf erwidern soll. Und Gertrud kommt ihm auch nicht zu Hilfe.
    Dann stellt Lehe seinen Becher mit
einem Knall auf das Tablett zurück und wechselt rasch das Thema.
    «Ja, ich habe damals einen Mann getötet.
Und ich sühne meine Strafe. Inzwischen führe ich ... ein anständiges Leben. Ich
arbeite hart und halte meinen Körper in guter Verfassung. Ich spreche, sooft ich
Zeit habe, mit meinen Unglücksbrüdern. Versuch ihnen zu helfen, ihren Weg zu Gott
zu finden, genau wie ich ihn gefunden habe. Aber es ist nicht so einfach. Einige
von ihnen sind nicht gerade leicht zu überzeugen.»
    Lennart Myrberg schüttelt bekümmert
den Kopf. Irgendwie drückt er sich merkwürdig aus, denkt Konrad. Er klingt überhaupt
nicht wie ein alter Knastbruder. Eher wie ein Erweckungsprediger. Vielleicht ist
es auch genau das, was in der Zwischenzeit aus ihm geworden ist. Aber Konrad kann
nicht einschätzen, ob Lehes Verhalten aufgesetzt ist oder ob er tatsächlich eine
Wandlung durchgemacht hat.
    «Wirst du um Gnade ersuchen?»
    Die Frage klingt hart, und Konrad merkt,
dass er sie eindeutiger formulieren muss.
    «Na ja, ich meine, wenn man so viele
Jahre abgesessen hat wie du, ist so etwas doch üblich, oder?»
    Der Brustkorb des anderen hebt sich
schwer. Er streicht sich gedankenverloren mit seinen kräftigen Fingern durchs Haar.
    «Ich bitte jeden Tag um Gnade. Aber
nicht bei der Justiz oder den Politikern. Sie haben keine Gnade zu geben. Ich bete
zum Herrn.»
    Halleluja!, denkt Konrad, unterlässt
es aber tunlichst, sein Misstrauen kundzutun.
    Schließlich greift Gertrud ihr eigentliches
Anliegen auf.
    «Der Brief, den du geschrieben hast,
Lehe. Es klang, als hättest du etwas Wichtiges zu berichten.»
    Der Bruder schrickt auf und sieht aus,
als wäre er wieder auf dem Boden der Tatsachen gelandet.
    «Genau.»
    «Etwas, das im Zusammenhang mit dem
Mord an Herman und Signe steht? Meinen ...

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