Laennaeus, Olle
Göransson»,
sagt er stattdessen gedankenverloren. «Man müsste ihm 'ne glühende Eisenfeile in
den Arsch rammen.»
KAPITEL 8
D ie Pizzeria
heißt «Bella Napoli», wird aber von einem Türken aus Kiruna betrieben.
Im Lokal stehen vier runde Tische,
umgeben von undefinierbaren Küchendünsten und unerfüllter Sehnsucht. Rotkarierte
Tischdecken, Plastikblumen und Teelichter in kleinen Glasbehältern. An der Wand
hängen zwei gerahmte Poster. Das eine stellt einen Sonnenuntergang über Capri dar,
auf dem anderen geht derselbe glühende Ball hinter der Blauen Moschee in Istanbul
unter.
Die eingeschweißte Speisekarte ist
abgegriffen und verschmiert, sodass sie kaum zu entziffern ist. Aber eine Tafel
über dem Bartresen hilft weiter. «Die Top Ten des Monats» zeigen, dass die Pizza
mit Schweinefilet am meisten verkauft wurde, dicht gefolgt von «Göksin special».
Konrad kann nicht umhin nachzufragen, was sich dahinter verbirgt.
«Einmal gab es Elchpizza», antwortet
der Mann hinter dem Tresen in melodischem Norrländisch. «War 'n Riesenerfolg. Ich
hab das Tier selbst angefahren, auf der Straße nach Sjöbo.»
Sein Gesicht ist mit kleinen rot unterlaufenen
Kratern übersät. Ein dünner, flaumiger Schnurrbart sprießt auf seiner Oberlippe.
Aus den Ärmeln seines mit Mehl bestäubten, geringelten T-Shirts ragen zwei behaarte
fleischige Arme heraus. Die Goldkette um seinen Hals sieht aus, als wiege sie ein
halbes Kilo.
«Elch?»
«Ja, aber meistens nehme ich irgendein
anderes Fleisch als Belag, das übrig ist. Kebab, oder so. Ich verkauf die Pizza
zum Sonderpreis. Schmeckt meist gar nicht so besonders, um ehrlich zu sein. Wollen
Sie sie probieren?»
Er nimmt einen Teigklumpen aus einer
Plastikschüssel im Kühlschrank und beginnt ihn auf der Marmorplatte zu kneten.
«Ich glaub, ich nehme einfach eine
Margherita», sagt Konrad vorsichtig.
«Vernünftig», murmelt der Norrlandtürke,
ohne aufzuschauen.
Die anderen Tische sind leer. Auf einem
Teller mit übrig gebliebenen Pizzarändern summen einige Fliegen genüsslich herum.
Eine dicke, braun gesprenkelte Katze streicht zwischen den Stuhlbeinen umher und
wirft ihm einen hungrigen Blick zu. Einen Moment lang scheint sie zu überlegen,
ob sie auf den Tisch springen und sich ein paar Essensreste krallen soll, doch dann
ist es ihr offenbar die Mühe nicht wert. Konrad folgt der Katze mit dem Blick, bis
sie in die Küche hinaushuscht.
Dann schaut er zwischen den verstaubten
Wedeln der Yuccapalme am Fenster hindurch auf die Straße. Auf dem etwas entfernt
liegenden Marktplatz ist noch nichts los, obwohl die Protestkundgebung schon in
einer halben Stunde beginnen soll. Aber er sieht nicht besonders gut, denn quer
über die Fensterscheibe verläuft ein Sprung, der notdürftig mit Kleister und Klebeband
zusammengehalten wird.
«Nehmen Sie dazu doch ein Efes», schlägt
der Türke vor. «Dann haben Sie ein türkisch-italienisches Menü.»
Konrad nickt.
«Sie sind also Göksin, nehme ich an?»
«Ganz genau!»
«Und Sie haben Feinde», fügt Konrad
hinzu und deutet mit dem Daumen auf die kaputte Scheibe.
«Allerdings. Schon das vierte Mal in
einem halben Jahr. Letztes Mal waren nur noch Splitter übrig. Zwölftausend Kröten
hat es mich gekostet, sie auszuwechseln. Diesmal muss 'ne Reparatur reichen.»
Er schiebt die zügig ausgerollte Pizza
in den Ofen, holt zwei Bierflaschen aus dem Kühlschrank und setzt sich ungebeten
auf den Stuhl gegenüber von Konrad. Lacht plötzlich resigniert auf und schüttelt
dann den Kopf, wie angesichts einer amüsanten Erinnerung.
«Die sind so verdammt blöd ...»
«Wen meinen Sie?»
«Na ja, die Leute halt...»
Göksin klaubt eine Portion Kautabak
aus seinem Mund und blickt sich unschlüssig um. Nach einem Blick auf den Blumenkübel
am Fenster wirft er den Tabak auf den Teller mit der halb gegessenen Pizza. Dann
beugt er sich vertraulich zu Konrad vor und stützt sich auf die Ellenbogen.
«Als ich vor drei Jahren hergekommen
bin, hab ich allen gesagt, dass ich aus Kiruna komme. Stimmt ja auch. Mein Vater
ist in den Sechzigern da hochgezogen, kurz bevor ich geboren wurde. Hat in den Gruben
gearbeitet. Tja, und ich dann auch, bis ich eines Morgens in diesem klapprigen Aufzug
saß und mir klar wurde: Ich werd mich in dieser dunklen Hölle, verdammt nochmal,
nicht für den Rest meines Lebens zu Tode schuften. Ich hab also den nächsten Aufzug
nach oben genommen, bin geradewegs zum Chef reingegangen, hab den Helm auf
Weitere Kostenlose Bücher