Laennaeus, Olle
hat
Sie in Tomelilla gesehen. Am späten Abend des zwölften Juni. Genauer gesagt, weniger
als eine Stunde vor dem Zeitpunkt, an dem Herman und Signe Jönsson nach Aussage
des Rechtsmediziners erschossen wurden.»
Die Luft im Raum scheint plötzlich
keinen Sauerstoff mehr zu enthalten. Ist etwa die Klimaanlage ausgefallen? Konrad
beginnt zu schwitzen. Er spürt, wie sich klebrige Spinnweben um seinen Körper winden.
Unsichtbar, aber zäh und stark.
«Es sieht in der Tat ziemlich schlecht
für Sie aus», klärt ihn Eva Ström auf. «Wenn es etwas gibt, das Sie uns bisher vorenthalten
haben, ist es höchste Zeit, jetzt damit rauszurücken.»
Konrad fühlt sich absolut leer. Er
zuckt resigniert mit den Achseln.
Alle drei sitzen eine ganze Weile schweigend
da. Es kommt ihm wie eine Ewigkeit vor. Aber das digitale Zifferblatt der Wanduhr
schafft es gerade mal, eine Minute weiterzuspringen, bevor Bernhardsson aufsteht.
«Ich habe mich mit der Staatsanwältin
beraten, bevor Sie hergekommen sind. Sie müssen wissen, Konrad, dass Sie kurz vor
einer vorläufigen Festnahme stehen. Sie haben ein Motiv und kein Alibi. Aber die
Staatsanwältin war der Meinung, dass wir noch abwarten sollten ...»
Er öffnet die Tür zum Korridor einen
Spaltbreit.
«Denken Sie nach, ob Sie irgendeinen
Beleg beibringen können, der beweist, dass Sie nicht lügen. Eine Quittung aus dem
Geldautomaten. Einen Tankbeleg. Oder eine Rechnung für eine Kartenzahlung von wo
auch immer», ermahnt ihn Bernhardsson.
Dass Sie nicht lügen. Konrad will
sich gegen die Formulierung wehren, hat aber keine Kraft.
Er steht auf, nickt Eva Ström zu und
verlässt den Raum.
Nach ein paar Schritten auf dem Korridor
hält ihn die schrille Stimme des Kommissars auf.
«Wir möchten, dass Sie sich mindestens
ein Mal täglich bei uns melden. Bis auf weiteres. Das hat die Staatsanwältin angeordnet.»
Konrad nimmt die Visitenkarte mit Bernhardssons
Telefonnummer entgegen und verlässt das Polizeigebäude ohne ein Wort.
D ie Hitze schlägt
ihm wie eine Wand entgegen. Auf dem Parkplatz ist es absolut windstill. Es scheint
ein Gewitter in der Luft zu liegen. Ein Unwetter, das für Abkühlung sorgen würde,
wäre jetzt befreiend. Doch der Himmel ist knallblau, ohne das geringste Wölkchen.
Die Straße liegt öde da. Nur aus dem Wipfel einer Birke zwitschert verhalten eine
Kohlmeise.
Im Wagen ist es heiß wie in einem Backofen.
Er lässt beide Seitenscheiben herunter und fährt los, so schnell er kann. Es ist
schon eine Weile her, dass die Klimaanlage ihren Geist aufgegeben hat, aber der
CD-Player funktioniert zumindest. Konrad wühlt im Handschuhfach und findet eine
Springsteen. Er schiebt sie hinein und dreht die Lautstärke auf.
Muss das Hirn durchpusten, denkt er.
Den Kopf wieder frei bekommen.
Er beschleunigt, als er in Richtung
Osten durch Sandskogen fährt, und spürt, wie ihm der Wind durchs Haar fährt. Clarence
demons' dröhnendes Saxophon. Konrad ist allein und brüllt geradewegs
in die Luft:
«Baby, this
town rips the bones from your back
It's a death trap, it's
a suicide rap
We gotta get out while we're
young
Cause tramps like us, baby,
we were born to run. »
Es herrscht nahezu kein Verkehr auf
den Straßen. Die Leute haben die frühe Hitze offenbar nicht vorhergesehen. Die erste
Reisewelle wird wohl nicht vor Mittsommer einsetzen. Bis dahin müssen die meisten
wohl oder übel am Arbeitsplatz ausharren und schwitzen. Das Meer.
Er sehnte sich doch nach dem Meer.
Konrad beschließt, der Küste in Richtung Osten und Norden zu folgen.
Während er an dem Kiefernwald bei Sandhammaren
vorbei in Richtung Simrishamn fährt, kommen die Gedanken zurück. Seit der Nachricht
von Hermans und Signes Tod ist er die ganze Zeit nüchtern geblieben. Und dennoch
kommt es ihm vor, als verliere er den Boden unter den Füßen, als würde er in einen
wabernden Sumpf hinabgezogen. Der Entschluss zurückzukommen erscheint ihm im Nachhinein
nicht mehr so klug. Aber hatte er denn eine Wahl? Konrad ärgert sich über seine
Schwäche und all die Male, die er sich in dermaßen erbärmlichem Selbstmitleid betrunken
hat.
Aber was soll er machen? Er stößt einen
Seufzer aus. Es gibt nicht gerade viele Alternativen. Einem inneren Impuls, all
dem Elend einfach zu entfliehen, kann er nicht folgen. Die Polizei würde ihn ziemlich
schnell lokalisieren. Und der Gedanke daran, verhaftet und in einer Zelle eingesperrt
zu werden, ist ihm unerträglich. Observieren sie ihn eigentlich
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