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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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selten für den Eintritt.
Aber die mit Pailletten geschmückten Damen zeigten bereits auf der Balustrade vor
dem Zirkuszelt ziemlich viel nackte Haut, während ihre akrobatischen Nummern angekündigt
wurden. Manchmal konnte man durch die Fenster ihrer Wohnwagen, in denen sie angeblich
Besuch empfingen, einen Blick erhaschen. Und mit etwas Glück konnte man auf der
Rückseite des Zeltes unter der Plane hindurchkriechen und eine gesamte Vorstellung
gratis ansehen.
    «An die mit dem breiten Arsch hab ich
die ganze Nacht gedacht», vertraute Sven ihm eines Morgens an. «Hab mir sechsmal
hintereinander einen runtergeholt.»
    «Ich auch», gab Konrad zu.
    Erst viel später ging es ihm auf: Wenn
sie heimlich die Stripperinnen in Kivik beobachteten, hatte Konrad nie auch nur
die geringsten Anzeichen in Sven Myrbergs Verhalten dafür gesehen, dass er irgendwie
anders gepolt wäre.
     
    KAPITEL 10
     
    H erman und Signe
glaubten an das Wort, so wie es in der Bibel stand und in Pastor Walterssons Kirche
gepredigt wurde.
    Gott hat die Welt in sechs Tagen erschaffen,
und am siebten ruhte er. Dass Herman inzwischen nicht mehr als fünf Tage in der
Woche zum Darmauswaschen bei Scan gehen und Signe am Wochenende keine Treppen mehr
scheuern musste, gehörte wohl zu den Vorzügen, die die Sozialdemokraten dem Herrn
höchstselbst abgerungen hatten. Die Eheleute Jönsson vertrauten beiden Institutionen
blind, auch wenn das Himmlische selbstverständlich über dem Irdischen stand.
    «Man muss sich vor den Freimaurern
in Acht nehmen. Denk daran, Konrad», warnte Herman ihn gutmütig, während er seinen
Kaffee am Küchentisch unter dem bestickten Wandbehang schlürfte.
    Es waren Walterssons Worte. Jeden Sonntag
nach dem Gottesdienst nahm er Herman und Signe draußen vor dem Kirchenportal zur
Seite, um ihnen ein paar warnende Worte mit auf den Weg zu geben. Die Eheleute Jönsson
waren nicht die Einzigen. Der Pastor wusste, wo die leichtgläubigen Seelen in der
Gemeinde zu finden waren. Und er besaß genügend Verstand, um zu begreifen, dass
Satan sich in unterschiedlicher Gestalt offenbaren konnte, je nachdem, wer es war,
der ins Verderben gelockt werden sollte.
    Für Herman und Signe war es nicht die
Flasche. Noch weniger irgendwelche politischen Irrlehren; ein revolutionärer Linksruck
hatte den Ort übrigens noch nicht erreicht, obwohl man bereits die Siebzigerjahre
schrieb. Und wenn es ihn gegeben hätte, wären Herman und Signe die Letzten gewesen,
die sich hätten mitziehen lassen.
    Mit der Politik war es nun einmal,
wie es war. Einmal in vier Jahren machten sie sich fein und spazierten zur Volksschule,
wo sie ihre Stimme Erlander und später Palme gaben, obwohl ihnen im Grunde sein
hitziges Temperament missfiel. Da die Sozis nun aber alles so gut arrangiert hatten,
musste man wohl ein Nachsehen mit derlei Charakterschwächen haben.
    In der Kirche sang Signe am lautesten
von allen. Es war, als verleihe die Nähe zu Gottvater ihrer ansonsten so scheuen
Gestalt überirdische Kräfte. Ihr Haar, das frühzeitig ergraut war, zu einem züchtigen
Knoten im Nacken gesteckt, sang sie aus voller Kehle mit, sodass der Kantor, ein
geduldiger Mann mit blassem Gesicht, sie einmal bitten musste, sich etwas zurückzunehmen,
um den Chor auf der Orgelempore nicht zu überstimmen.
    Wahrscheinlich war es diese Glut, kombiniert
mit Hermans Trägheit, die Pastor Waltersson befürchten ließ, dass die Eheleute Jönsson
Annäherungen anderer Seelenfänger ausgesetzt sein könnten.
    Die Versuchung lauerte in dem weißgetünchten
Haus mit Turm hinter dem Park. Zumindest nach Einschätzung des Pastors, die sich
als nur allzu richtig erweisen sollte.
    «Die Freimaurer, Konrad. Lass dich
nicht in Versuchung führen», mahnte Herman und drohte gutmütig mit seiner Zimtschnecke.
    Signe, die wie immer am Herd stand,
nickte zustimmend.
    Aber in ihrem Blick lag ein Anflug
von Wehmut und Sehnsucht. Die strenge lutherische Verkündigung in Erik Walterssons
Ausgabe der Heiligen Schrift konnte man durchaus als etwas nüchtern empfinden. Mit
seinem aufgedunsenen rötlichen Gesicht und dem struppigen weißen Haar, das in alle
Richtungen abstand, war er einer der letzten Prediger der Staatskirche, die das
Jüngste Gericht verfochten.
    Vielleicht konnte man woanders etwas
mehr Wärme erwarten?
    Die Zeugen Jehovas waren in Tomelilla
nicht besonders zahlreich. Doch die Konkurrenz der Seelenfänger war groß. Die Pfingstgemeinde,
Elim und die Missionsverbände konnten sich ihrer

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