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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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herum
bilden sich kleine feine Fältchen.
    «Wir feiern bei Sven zu Hause. Wir
werden, glaube ich, zu fünft sein.»
    «Und wer ...?»
    «Außer dir und mir sind noch Sven und
Lena da. Und dann konnte ich es einfach nicht lassen, Palander einzuladen.»
    «Palander?»
    «Tja, wir Außenseiter müssen doch zusammenhalten.»
    «Er wohnt hier aber doch schon seit
Jahrzehnten, oder?»
    «Ja, aber für manche macht das keinen
Unterschied. Sie sind sozusagen die geborenen Outsider.»
    Konrad denkt über das nach, was sie
gesagt hat. In seinem Kopf taucht ein Bild von Sven Myrberg auf. Die Zeit hat es
in eine Art Nebel gehüllt, sodass er nicht genau weiß, was es bedeuten soll. Ein
vages Gefühl von Unlust breitet sich in seinem Bauchraum aus. Eigentlich müsste
ich mich danach sehnen, ihn zu treffen, denkt Konrad. Aber im Grunde möchte er
lieber sofort wieder absagen.
    «Du musst doch neugierig sein, Sven
zu treffen», sagt Gertrud, als könne sie ihn geradewegs durchschauen.
    «Ja, es wird bestimmt lustig.»
    Er zögert, und die Frage, die er dann
stellt, formuliert er nur zur Hälfte.
    «Lena, ich frag mich nur, ist sie ...?»
    «Svens bessere Hälfte, meinst du? Tja,
so kann man es wohl nennen.»
    «Ich dachte, er sei ...?»
    In ihren Augen blitzt es erneut amüsiert
auf.
    «Du wirst schon sehen. Und du wirst
überrascht sein.»
    Als Gertrud gegangen ist, hängt ihr
Duft noch eine Weile im Zimmer. Konrad atmet ihn tief ein, um alle Nuancen zu erfassen.
Er versucht ihn näher zu bestimmen, merkt aber, dass seine Fähigkeiten in Bezug
auf Damenparfüms begrenzt sind. Zitrone auf warmer Haut, vielleicht. Langsam wird
er vom Staub im Hotelzimmer und seiner eigenen Einsamkeit überlagert.
     
    E ine Eingebung
veranlasst Konrad, Palander anzurufen. Das letzte Frühstück im Hotel nutzt er noch
einmal ausgiebig. Er stopft Eier mit Speck, Joghurt und kleine Brötchen mit Käse
in sich hinein und spült zum Abschluss ein fettiges Plunderstück mit Kaffee hinunter.
    Wider Erwarten fühlt er sich fit. Bereit,
sich den Herausforderungen des Tages zu stellen. Schließlich ist er nicht in einem
allgemeinen Anflug von Nostalgie nach Tomelilla zurückgekehrt.
    Warum ist er eigentlich gekommen?
    Wegen Herman und Signe natürlich. Die
Polizei hatte ihn ja schließlich gebeten zu kommen. Aber als sie anriefen, bestand
immer noch die Möglichkeit, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Doch das hat er
nicht getan. Er ist aus eigenem Antrieb zurückgekommen, auch wenn es ihm widerstrebte.
Keiner hat ihn gezwungen, zumindest bildete er sich ein, es aus freien Stücken getan
zu haben. Inzwischen ist die Situation eine andere, denkt er. Jetzt sind aller Augen
auf mich gerichtet. Jetzt weiß ich, dass sie alles tun werden, um mich festzunageln.
    Herman und Signe. Wer stand in dieser
Nacht hinter ihnen im Geräteschuppen und drückte ihnen die Pistole in den Nacken?
Erst er, dann sie. Oder war es andersheram?
    Haben sie um ihr Leben gefleht, genau
wie Mahmoud?
    Was hat derjenige, der zwei Sekunden
länger leben durfte, im letzten Augenblick, in dem sein Gehirn noch funktionierte,
wohl empfunden? Wahrscheinlich ein Entsetzen, das alles andere ausgeblendet hat.
Oder besaß er noch ein Fünkchen Hoffnung? Vielleicht wurde derjenige, der länger
lebte, hauptsächlich von Scham geplagt. Dass er seinen Lebensgefährten nicht retten,
es nicht einmal versuchen konnte.
    Konrad versucht sich Herman und Signe
kurz vor ihrem Tod vorzustellen. Eine vage Erinnerung daran, wie sie vor Pastor
Waltersson auf die Knie fielen, flimmert vorbei. Natürlich haben sie um ihr Leben
gefleht, ganz sicher. Wer würde das nicht tun?
    Er wirft einen Blick aus dem Fenster.
Der Marktplatz, die triste Piazza des schwedischen Sozialstaates, liegt öde da,
selbst in der Hitze wirkt er kalt.
    Irgendwo da draußen liegt die Antwort,
denkt Konrad.
    Doch die Eingebung, die ihn nach dem
Handy greifen und Orjan Palander anrufen lässt, hat nichts mit Herman und Signe
zu tun.
    Sondern mit Agnes.
    Mit jedem Tag, jeder Stunde wird sie
ihm gegenwärtiger. Vielleicht lebt sie immer noch in der Gegend. Der Gedanke war
Konrad schon öfter gekommen, auch wenn er einsieht, dass es ziemlich unwahrscheinlich
ist. Manchmal hat er den Eindruck, sie flüchtig zu sehen, so wie er sie in Erinnerung
hat. Ein Gesicht, zur Hälfte von einer Küchengardine hinter einem Fenster im zweiten
Stock verdeckt. Ein Reflex in einem Schaufenster. Eine Hand, die sich ein paar dunkle
Haarsträhnen aus der Stirn

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