Laennaeus, Olle
haben
genau dreißig Sekunden !»
Sie legt eine Hand auf das Pistolenhalfter
und macht einen Schritt in den Raum hinein, um dem Riesen hinter sich Platz zu machen.
Der lacht unvermittelt los, als hätte er etwas Lustiges erblickt. Sein Gesicht leuchtet
auf, und er deutet auf Konrads Unterleib.
«Dressman! Drei Paar für 'nen Hunderter.
Die hab ich auch.»
Eva Ström wirft ihm einen wütenden
Blick zu.
«Halt die Klappe, verdammter Idiot!»
Dann dreht sie sich wieder zu Konrad
um, zieht die Pistole aus dem Halfter und zielt geradewegs auf seine Stirn. Sie
steht jetzt so nahe, dass er den Geruch von Waffenöl wahrnimmt.
«Was zum Teufel ...», entfährt es Konrad.
Das kleine runde, schwarze Loch, das
die Mündung darstellt, zeigt direkt auf sein rechtes Auge, ein einziges Zwinkern,
und er ist tot. Doch Konrads Angst ist wie weggeblasen. Stattdessen ist er extrem
aufgebracht.
Doch bevor er etwas unternehmen kann,
gibt Eva Ström ihrem Kollegen durch ein Nicken ein Zeichen.
Die großen hellblauen Augen des Polizisten
sehen aus, als liefen sie über vor Glück, als er den Schlagstock hebt und Konrad
einen gewaltigen Schlag gegen die Schulter versetzt. Es knirscht, als sein Schlüsselbein
bricht. Ein brennender Schmerz zieht ihm bis ins Gehirn hinauf. Sein Arm verschwindet.
Er ist gelähmt.
Dann geht das Licht aus. Sie haben
ihm einen Sack über den Kopf gezogen, der gegen seine Wangen reibt, und er windet
sich, um loszukommen, doch dann werden seine Handgelenke hinter seinem Rücken gefesselt.
Er versucht zu schreien. Bekommt stattdessen Sackleinen in den Mund, das nach Erde
schmeckt. Er spuckt. Dann wird ihm ein Riemen über den Mund geschnallt, der seine
Kieferknochen auseinanderzwingt.
Er wird von Armen angehoben, die so
stark sind wie Baggerschaufeln. Der uniformierte Polizist muss ihn sich über den
Rücken geworfen haben. Konrad hängt wie ein geschlachtetes Schwein herunter, alles
Blut fließt ihm in den Kopf, und als seine gebrochene Schulter gegen etwas Hartes
stößt, wird ihm schwarz vor Augen.
Als er wieder zu sich kommt, liegt
er auf dem Boden. Auf einem harten Betonboden, wie er mit der Hand fühlen kann.
Er muss eine Weile lang bewusstlos
gewesen sein, da sie ihn in einen anderen Raum gebracht haben. Seine Schulter pocht
und schmerzt. Der Riemen presst das schwarze Sackleinen in seinen Mund, sodass ihn
ein Brechreiz überkommt.
Und plötzlich hört er Mahmoud, direkt
neben sich. Er winselt wie ein Hund und fleht um sein Leben, er tut es auf Arabisch,
doch Konrad versteht ihn genau. Und er weiß auch, was geschehen wird:
Der laute Knall. Der Geruch nach verbranntem
Schießpulver und Blut.
Die Stille danach.
Dann wird er auf die Knie hochgezogen.
Ein Messer schneidet den Riemen durch, jemand reißt ihm unsanft den Sack vom Kopf,
und ein gleißend helles Licht explodiert direkt vor Konrads Gesicht. Er kneift fest
die Augen zusammen.
In unmittelbarer Nähe lacht jemand,
die Stimme kommt ihm erstaunlich bekannt vor. Die Eidechse.
Sie steht direkt vor ihm. Konrad erkennt
eigentlich nur ihre Silhouette, denn hinter dem Kommissar steht die Lampe mit dem
hellen Schein. Aber das Aufblitzen in seinem Giftblick erkennt er wieder. Als Bernhardsson
ein wenig den Kopf dreht und etwas zu Eva Ström sagt, die irgendwo im Hintergrund
steht, sieht er eine schmale Zunge über seine Lippen spielen.
Auf dem Boden neben ihm liegt ein unförmiges
Bündel. Es ist Mahmoud. Um seinen Kopf herum hat sich eine kleine schwarze Pfütze
gebildet.
«Der Araber hat bekommen, was er verdient
hat. Jetzt bist du an der Reihe», sagt Björn Bernhardsson mit heller Stimme.
Konrad spürt, wie eine kräftige Faust
in seine Haare greift und seinen Nacken nach hinten biegt. Hinter seinem Rücken
muss sich der Riese befinden. Über ihm breitet sich Eva Stroms warmer Atem aus,
vermischt mit kleinen Speicheltropfen. Ihr Gesicht schwebt über dem seinen, und
ihre Stimme klingt jetzt beinahe mütterlich.
«Wäre es nicht an der Zeit für ein
Geständnis?», fragt sie. «Wir wissen, dass Sie Herman und Signe Jönsson ermordet
haben.»
Konrad versucht den Kopf zu schütteln,
aber er kann ihn nicht bewegen. Er will protestieren, seine ganze Verzweiflung
herausbrüllen. Er will schreien: Das ist ein Missverständnis!
Aber über seine Lippen kommt kein Wort.
Dann ist sie aus seinem Gesichtsfeld
verschwunden. Der Griff um seinen Nacken löst sich. Konrad sieht, wie sich ein Arm
in einem Anzugärmel hebt und sich eine Pistolenmündung
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