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Laennaeus, Olle

Laennaeus, Olle

Titel: Laennaeus, Olle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das fremde Kind
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Nachforschungen
berichtet, die er angestellt hat», beginnt Konrad. «Nichts Besonderes, nur 'n paar
alte Zeitungsausschnitte. Sie handeln vom Verschwinden meiner Mutter.»
    «Ja?»
    «Es können natürlich auch Gerüchte
gewesen sein, aber ich glaube es nicht. In einem Artikel wurde ziemlich deutlich
darauf angespielt, dass sie ... Prostituierte gewesen ist.»
    Gertrud legt ihre Hand auf seine.
    «Und du hast nichts davon gewusst...
oder geahnt?»
    Er schüttelt den Kopf und blickt aufs
Meer, wo am Horizont die Konturen eines Frachters erkennbar werden. Das Wasser
liegt nahezu still da, winzige gluckernde Wellen plätschern gegen den Strand. Eine
Seeschwalbe stürzt sich auf der Jagd nach kleinen Fischen ins Wasser hinunter.
    «Ich weiß nicht, eigentlich müsste
man es sich doch selbst ausrechnen können. Eine einsame ausgestoßene Polin hier
in diesem Kaff. Aber ich hab keine Erinnerungen mehr, jedenfalls keine klaren.
Herman und Signe haben sich geweigert, über sie zu sprechen, und als ich älter
wurde, ist mir der Gedanke eigentlich nie gekommen.»
    «Sven hat mal erzählt, dass sie dich
wegen ihr aufgezogen haben.»
    «Ja, das kam vor. Aber ich hab es irgendwie
nie an mich rangelassen. Lange Zeit war ich überzeugt, dass sie zurückkommen und
mich holen würde. Und dann hab ich irgendwann beschlossen, dass sie tot war.»
    Plötzlich hören sie Stimmen. Ein junges
Paar radelt vorbei. Sie lachen und stöhnen, als die Räder sich in den Sand graben,
sodass sie mit aller Kraft treten müssen, um die Pedale in Gang zu halten. Gertrud
folgt ihnen mit dem Blick.
    «Und dein Vater ...?», fragt sie mit
immer noch abgewandtem Gesicht. «Hast du jemals erfahren, wer er war?»
    Konrad steht abrupt auf.
    «Mit einer Hure als Mutter? Das kann
doch, verdammt nochmal, jeder x-beliebige Kerl sein!»
    Er geht zum Wasser hinunter und spürt
ihren Blick im Rücken brennen. Nimmt einen grauweißen Stein zur Hand, der vom Wasser
glatt geschliffen wurde, und wirft ihn so weit, wie er nur kann. Er folgt ihm mit
dem Blick, bis er mit einem Plumpsen die Wasseroberfläche durchbricht und verschwindet.
Watet dann selbst ein Stück ins kalte Wasser hinaus, ohne sich darum zu kümmern,
dass seine Sandalen und Hosenbeine nass werden. Sein Puls, der so plötzlich in die
Höhe geschnellt war, beruhigt sich wieder.
    Als er wieder zum Betonbunker zurückkommt,
liegt Gertrud ausgestreckt auf dem Rücken im Gras. Sie hat die Augen geschlossen.
    «Tut mir leid», sagt er. «Ich hatte
kein Recht, so aufzubrausen.»
    Sie liegt wie tot da.
    «Erzähl von dir, Gertrud», fordert
er sie auf und lehnt sich zurück.
    «Ich hätte nicht gedacht, dass du fragen
würdest», entgegnet sie, ohne die Augen zu öffnen.
    Konrad sieht, wie sich ihre Rippen
unter dem Baumwollstoff unterhalb zweier weicher Erhebungen abzeichnen. Zwischen
der Bluse und dem Bund ihrer verwaschenen Jeans ist ein Streifen Haut sichtbar.
Sie bewegt den einen Fuß ein wenig, wie im Schlaf. Konrad wird von einer starken
Sehnsucht erfasst, sich neben sie zu legen, traut sich aber nicht recht. Es ist
gerade mal eine Woche her, dass er vor ihr stand und nicht wusste, wer sie war.
Und jetzt kommt sie ihm erstaunlich bekannt vor. Svens kleine Schwester. Das macht
sie in gewisser Weise ... unantastbar.
    «Ich bin ja die Jüngste, deshalb war
ich es auch, die das Elend am längsten aushalten musste», sagt sie in gleichgültigem
Tonfall.
    Konrad fühlt sich ertappt wie ein Spanner,
obwohl sie immer noch mit geschlossenen Augenlidern daliegt. Er versucht sich an
das Myrberg'sche Haus zu erinnern, wie er es zuletzt gesehen hat. Es strotzte nur
so vor Schmutz, Essensresten und leeren Pfandflaschen.
    «Deine Eltern, Sixten und Elsa, sie
haben sich mit ihrem Saufen ziemlich ruiniert, oder?»
    «Das kann man wohl sagen», entgegnet
sie, und kurioserweise fliegt dabei ein Lächeln über ihre Lippen. «Ihre letzte
Kotze hab ich wegwischen müssen. Sven war natürlich auch da. Manchmal zumindest.
Aber er ist eben, wie er ist. Zum Glück sind sie früh gestorben. Mit nur ein paar
Monaten Abstand. Bei ihm hat die Leber aufgegeben. Und dann schien es, als wollte
sie auch nicht länger leben. Sie hat sich geweigert, zu essen und zu trinken. Lag
einfach nur da oben im Bett und starrte auf ihr altes Hochzeitsfoto und sagte, dass
sie beschlossen hat zu sterben. Denn dann würde sie ihn wiedertreffen. Im Himmel.
Ich wusste nicht einmal, dass sie religiös war.»
    «Und warum ...?»
    Sie setzt sich plötzlich

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