Lagrosiea - Die Silberhalle (German Edition)
entgegentreten und sagen: Hallo Liendra, willst du mich heiraten? Das wäre doch…“
„…zuviel für dich“, brachte Bundun den Satz zu Ende , „w eil du dich in ein stotterndes Elend verwandeln würdest, wenn du Liendra sagst, was du für sie empfindest. Glaub mir, das wäre immer noch besser, als wenn du die Klappe halten würdest und an irgendeinem schrecklichen Morgen zusehen müsstest, wenn Liendra vom edlen Prinzen zum Altar geführt wird.“
„Ist doch egal!“ , fauchte Lagon, „ich werde mich auf keinen Fall, wie ein Dieb in die Botschaft schleichen und wie ein räudiger Köter vor Liendras Fenster herum lungern!“
Knapp fünfzehn Minuten später kletterte Lagon über die Mauer der Botschaft von Kaldorien, immer auf die Lücke in den Schutzzaubern achtend. „Verfluchter Bundun!“ , knurrte er mit zusammen gebissenen Zähnen. Er fragte sich immer noch, wie es sein geflügelter Freund geschafft hatte, ihn zu dieser Dummheit zu überreden. Doch es half nichts. Er hatte es angefangen, nun musste er es auch zu Ende bringen. Mit einem Satz schwang sich Lagon über die Mauer und landete auf der anderen Seite. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Bundun hatte ihn gewarnt, dass man dort, wo er über die Mauer gesprungen war, zwar relativ unbeobachtet war, dass jedoch regelmäßig Patrollien der Wachmannschaft das Gelände durchstreiften. Wenn eine von denen ihn hier erwischte, war er erledigt.
Lagon konzentrierte sich, um seinen magischen Ra um zu öffnen, eine Art magischer Behälter, in dem jeder Liewanen seine Hilfsmittel verstauen konnte. Eines davon würde Lagon nun brauchen. Mit einem leichten Glanz erschien nun in seinen Händen ein silberner Helm, seine Tarnkappe, die ihn unsichtbar machte. Schnell setzte er sie auf und sofort tat die Kappe das, was ihr Name verriet. Lagon wurde unsichtbar.
„Stehen bleiben!“ , rief jemand von irgendwo her.
Lagon wandte sich um. Er erblickte einen Wachmann, der mit weit aufgerissenen Augen in seine Richtung sah. „Verdammt noch mal, wo steckst du?“ , rief er nun mit deutlicher Unsicherheit in der Stimme.
„Was ist hier los?“ Eine zweite Wache tauchte auf und sah nun in die gleiche Richtung.
„Ich dachte, ich hätte jemanden gesehen, habe mich wohl geirrt.“
„Vielleicht“, meinte der Z weite , „vielleicht versteckt sich da aber auch jemand!“ Den letzten Satz rief er so laut, dass Lagon sich sicher war, das er den Eindringling damit aufschrecken wollte. Er wagte es nicht einen Muskel zu rühren , obwohl keiner der Wachen es bemerkt hätte.
„Ich gehe auf der anderen Seite an der Mauer entlang“, verkündete die zweite Wache , „du gehst in diese Richtung. Und wenn wir keinen Eindringling finden, bevor wir uns treffen, hast du dich wahrscheinlich geirrt.“
„Aber er wird sich wohl kaum an der Mauer verstecken. Was ist, wenn er aufs Gelände verschwindet?“
„Wenn er das tut, wird er unseren Kameraden direkt in die Arme laufen.“
Beide Wachen gingen in die plangemäße Richtung, den wachsamen Blick immer noch nach Links und Rechts werfend, auf der Suche nach dem Eindringling, nicht ahnend, dass Lagon schon auf halben Weg zum Botschaftsgebäude war.
´Das war knapp! `, dachte Lagon, während er an der Hauswand entlang ging , ´hätte ich nur ein paar Sekunden länger gewartet, um mir die Tarnkappe aufzusetzen, hätte man mich entdeckt. ` Es war pures Glück, dass er entkommen war. Doch nun beschäftigte ihn etwas and eres. Laut Bundun war Liendras G emach hinter dem größten Balkon . auf der Westseite der Botschaft und es war wirklich nicht schwer , ihn zu finden. Mithilfe von Magie wäre es einfach , hinauf zu kommen. Doch nu n überkamen ihn Zweifel. Wie würde Liendra reagieren, wenn er einfach so bei ihr einsteigen würde? Wie romantisch sich so ein Vorhaben auch anhörte, kein vernunftbegabtes Wesen würde es gutheißen. Andererseits hatte er ja schon festgestellt, dass es kein Zurück mehr gab und er war nicht so weit gekommen, um nun wieder umzukehren. Die Schritte der näher kommenden Wachen gaben den Ausschlag für Lagons Entscheidung.
Er konzentrierte sich und im selben Moment hoben Lagons unsichtbare Füße vom Boden ab. Einen Schwebezauber an sich selbst anzuwenden, war schwieriger, als bei einem leblosen Gegenstand . U nd Lagon hatte kaum Erfahrung damit, das kam noch erschwerend dazu. Er schwankte hin und her, während er nach oben glitt. Als er den Balkon endlich erreichte, hatte er ein flaues Gefühl im Magen.
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