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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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sich. Das Gerät war so empfindlich eingestellt, dass sein Räuspern wie eine kleine Explosion durch die Halle schallte. Er hielt es etwas weiter vom Mund weg und sprach diesmal hinein: »Test … Test … eins, zwei, drei … Test … einszwo.«
    Einige der Gäste hatten ihn inzwischen als Quelle der Lautsprecherübertragung ausgemacht und zeigten mit dem Finger auf ihn. Innerhalb weniger Sekunden hatten sich alle auf der Tanzfläche ihm zugewandt und starrten ihn erwartungsvoll an.
    »Herrgott, jetzt fangen Sie endlich an«, zischte ihm Yildrim von unten zu.
    Kluftinger nickte eifrig und begann seine improvisierte Rede. »Ich, äh … wir entschuldigen uns für diese Unterbrechung. Wir sind von der Polizei und … müssen leider für eine Weile um eure Geduld bitten.« Kluftinger hatte sich bewusst fürs »Du« entschieden, er hielt das für ein psychologisch einfühlsames Vorgehen. Dennoch hatte das Wort »Polizei« wieder ein Murmeln in der Menschenmenge in Gang gesetzt, das schnell an Lautstärke gewann.
    »Ich muss euch bitten, mir für einen Augenblick zuzuhören«, fuhr der Kommissar deswegen um einiges lauter fort und hatte Erfolg mit seiner Ermahnung: Die Menschen verstummten.
    »Wir bitten um eure Mithilfe. Wenn ihr kooperiert, dann habt ihr das hier schnell hinter euch. Also, Folgendes wird nun passieren. Ihr werdet euch von hier aus durch den hinteren Gang dort …«, Kluftinger streckte den Finger aus und zeigte auf die gegenüberliegende Seite der Disko, »… in den Vorraum begeben. Dort werden eure Personalien aufgenommen, und dann kommt ihr wieder hier herein. Bis dahin kann keiner von euch die Disko verlassen.«
    Wieder schwoll der Lärmpegel in der Halle an, doch diesmal konnte sich Kluftinger nicht mehr gegen ihn durchsetzen. In diesem Moment öffneten sich auf allen Seiten die Türen, und Polizisten sowie die Angehörigen der Spezialeinheit betraten den Tanzsaal. Schlagartig war es wieder still. Dieser Auftritt, der nichts anderes als eine Demonstration von Stärke und Entschlossenheit war, verfehlte seine Wirkung nicht. Ein paar Mädchen begannen zu weinen.
    »Also bitte«, fuhr Kluftinger nun fort, »stellt euch jetzt auf und geht, einer nach dem anderen, wie von mir beschrieben, in den Gang. Danke.«
    Er blieb noch eine Weile auf der Treppe stehen und war erstaunt, dass die Masse vor ihm tatsächlich in Bewegung geriet, sich, einem unsichtbaren Muster folgend, formierte und so etwas wie eine riesige Warteschlange bildete. Ungläubig verfolgte er diesen Prozess, der sich zu seinen Füßen vollzog. Er ging an der Schlange vorbei durch den Raum und nickte den beiden Beamten zu, die die vordere Tür zum Vorraum bewachten. Einer hielt sie ihm auf, und er ging hindurch. Dort herrschte ebenfalls angespannte Stille. Yildrim hatte eine regelrechte Schleuse installiert: Die Gäste kamen durch den Hintereingang herein, wurden von zwei Polizisten in Empfang genommen und an den zwei Hunden vorbeigeführt, die sich gegenüberstanden. Es waren Sprengstoff-Hunde von der Kemptener Hundestaffel, das hatte Yildrim ihm vorher gesagt. Es bestand durchaus die Möglichkeit, dass der Mann, den sie suchten, einen Explosivstoff verwendet hatte, auf den die Hunde ansprachen. Und falls dem so war, hatte er sicherlich noch etwas an seiner Kleidung oder an den Fingern.
    Hatten die Gäste die Schleuse passiert, nahmen zwei weitere Beamte ihre Personalien auf. Konnte sich jemand nicht ausweisen, wurde er nach draußen gebracht, wo sich Kollegen um eine Identitätsprüfung kümmerten. In jeder Ecke des Raumes standen die schwarz gekleideten Männer der Spezialeinheit, die mit ihren Helmen und den Gewehren sogar auf Kluftinger Furcht einflößend wirkten. Yildrim stand vor einer der Sitzgruppen, die sich auf einem erhöhten Podest befanden, und beobachtete die Szene mit verschränkten Armen.
    Der Kommissar ging auf ihn zu. Gerade, als er die Schleuse passierte, schlug einer der Hunde an. Er fletschte die Zähne und gab ein beängstigendes Knurren von sich. »Herrgott, könnt ihr nicht auf eure Kläffer aufpassen«, rief Kluftinger erschrocken. Jetzt begann auch der zweite Hund gefährlich zu knurren.
    »Tja, die merken eben, wenn man sie nicht leiden kann«, sagte einer der Hundeführer trocken und brachte die Tiere mit einem einzigen gezischten Befehl zur Ruhe.
    Tatsächlich war Kluftinger kein Hundeliebhaber. Eigentlich hatte er nichts gegen die haarigen Vierbeiner, aber im Laufe seines Lebens hatten sich die

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