Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
Vom Netzwerk:
das alte Kino geheißen.
    Die Galerie, zu der Yildrim jetzt blickte, hatte es damals allerdings noch nicht gegeben, dort war früher die Leinwand gewesen. Nun drängten sich darauf junge Menschen am Geländer, lachten, tanzten, prosteten sich zu. Kluftingers Blick blieb an einem Mädchen hängen, das auf einer Box über den Köpfen der anderen tanzte. Sie trug nicht mehr als knapp sitzende Shorts und ein Bikini-Oberteil. Dabei machte sie anzügliche Bewegungen mit ihrem Becken. Darunter standen ein paar Halbwüchsige und gafften sie mit offenen Mündern an.
    So verbrachten junge Menschen heute also ihre Abende? Was ist nur aus den Tanzabenden mit Kapelle geworden, seufzte der Kommissar innerlich.
    Im Augenwinkel sah er, wie Yildrim zu seinem Funkgerät griff und es sich ans Ohr presste, wobei er sich das andere Ohr mit der Hand zuhielt. Er ging zu ihm und wartete, bis er fertig war. Kluftinger brauchte nicht nach dem Inhalt des Gespräches zu fragen, denn Yildrim schrie: »Die Kollegen sind bei der Wohnung von diesem Latif Morodov gewesen. Er ist nicht da.« Er machte ein enttäuschtes Gesicht. »Und Sie sind absolut sicher, dass das nicht der Mann ist, den wir hier suchen?«
    Kluftinger nickte. Dann ging er wie besprochen parallel zu Yildrim in einem Abstand von etwa drei Metern durch die Disko. Die Gesichter hatten sie sich zugewandt und musterten die Menschen zwischen ihnen. Es war, als hätten sie zwischen sich ein unsichtbares Netz ausgeworfen, mit dessen Hilfe sie die Person aussieben wollten, hinter der sie her waren.
    Der Kommissar fühlte sich wie bei einer riesigen Fleischbeschau. Letztlich ging es den jungen Menschen heute aber um das Gleiche wie ihnen damals: jemanden kennenzulernen. Wie sie das bei diesem Lärm, dieser Beleuchtung und … wenn er das bei den meisten richtig sah … diesem Alkoholpegel allerdings schaffen wollten, war ihm ein Rätsel. Ein Mädchen mit Zigarette in der einen und einem Cocktail in der anderen Hand zeigte gerade auf ihn und sagte lachend etwas zu ihren Freundinnen, da erstarrte Kluftinger. Eine Hand hatte sich auf seine Schulter gelegt. Panische Angst kroch ihm kribbelnd bis in die Haarspitzen. Er suchte Yildrims Blick. Der verstand sofort und ließ eine Hand unter dem Sakko verschwinden. Kluftinger wurde übel, doch er nahm alle Kraft zusammen, schaffte es, sich umzudrehen … und blickte in das grinsende Gesicht seines Sohnes.
    Blitzschnell wirbelte er herum und schüttelte den Kopf, worauf Yildrim seine Hand wieder zurückzog. Kluftinger schnaufte, seine Halsschlagader pulsierte.
    »So sieht das also aus, wenn du länger arbeiten musst, Vatter«, feixte Markus.
    »Herrgott, hör auf. Ich bin dienstlich hier«, gab Kluftinger gereizt zurück.
    Misstrauisch musterte ihn sein Sohn. »Dienstlich?« Markus schien nicht überzeugt. »Hör mal, Vatter, ich hab heut einen Anruf gekriegt vom Langhammer. Der hat so komische Andeutungen gemacht. Ich hab ihm gesagt, dass nix ist und er sich nicht in deine Angelegenheiten mischen soll. Aber jetzt … ich meine: du hier …«
    »Himmelherrgott, ich bin dienstlich hier, wenn ich’s dir doch sage. Keine Ahnung, was der Langhammer grad für Probleme hat! Wir verfolgen jemanden. Hast du irgendjemand reinkommen sehen? Groß, sportlich, gehetzt, wahrscheinlich verschwitzt …«
    »Das passt ja auf so ziemlich jeden Zweiten hier drin.«
    »Danke, das hilft mir weiter.« Kluftinger wischte sich selbst den Schweiß von seiner Stirn. In diesem Glutofen war Schwitzen wirklich kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal.
    In diesem Moment sprang Yildrim zu ihnen: »Die Kollegen sind da«, sagte er kurz und verschwand dann in Richtung Ausgang.
    »Es geht los«, sagte Kluftinger zu seinem Sohn. Er wollte Yildrim gerade folgen, da drehte er sich noch einmal um: »Vielleicht ist es besser, wenn du mitkommst.«
    Sie hatten gerade die Eingangstür erreicht, da sprang diese auf und eine Kaskade schwer bewaffneter Polizisten ergoss sich in den Innenraum. Den Anfang machte eine Spezialeinheit in schwarzen, dick gepolsterten Kampfanzügen, jeweils ein Gewehr im Anschlag. Dann folgten mindestens ein Dutzend uniformierter Beamter und schließlich noch einige Kollegen in Zivil. Durch die halb geöffnete Tür konnte Kluftinger draußen Polizeiwagen mit eingeschaltetem Blaulicht sehen. Auch mehrere Krankenwagen standen vor der Disko. Sie mussten die Straße komplett abgeriegelt haben.
    »Zwei sofort zum Hinterausgang zur Kollegin Lahm, außen herum«, wies

Weitere Kostenlose Bücher