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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Platz und blickte erwartungsvoll zu den Kollegen aus Tirol, von denen jeder vor einem kleinen Stapel bedruckten Papiers saß.
    »Gut, dann mach ich mal den Anfang«, sagte Simon Haas, räusperte sich und stand auf. »Ich hab Ihnen eh schon erklärt, dass wir dieses Postfach beobachtet haben. Am besten fange ich da an, wo wir darauf aufmerksam geworden sind.« Er machte eine kurze Pause, als erwarte er Zustimmung oder wenigstens ein Kopfnicken. Als aber überhaupt keine Reaktion erfolgte, fuhr er fort: »Also, wir sind vor einigen Monaten bei einer Razzia in Innsbruck auf einen Mann gestoßen, der ein richtiges Waffenarsenal zu Hause hatte.« Bei diesen Worten nahm Haas eines der Papiere vom Tisch und hielt es hoch. Darauf war, in schlechter Druckqualität, ein finster dreinblickender, dunkelhaariger Mann zu sehen. »Wie sich bald herausstellte, betrieb er einen gut gehenden Waffenhandel. Keine Riesennummer, aber sicher auch kein ganz unbedeutendes Rädchen im Waffengeschäft. Er heißt Igor Metjev, wie der Name unschwer erkennen lässt, Ausländer.«
    Maier murmelte etwas, was keiner der Anwesenden verstand.
    »Was?«, fragte Haas.
    »Migration«, sagte Maier etwas lauter.
    »Wie – Migration?«
    »Er ist ein Mann mit Migrationshintergrund. Ausländer sagt man nicht mehr.« Bei diesen Worten nickte Maier demonstrativ in die Runde.
    Haas runzelte die Stirn und schüttelte leicht den Kopf. »Metjev kommt aus Tadschikistan. Von dort bezog er auch einen großen Teil seiner Lieferungen. Und er hatte dieses Postfach. Das Seltsame daran war: Das Fach wurde auch dann noch frequentiert, nachdem wir ihn haben hochgehen lassen.«
    »Post, hm?«, sprach Kluftinger einen Gedanken laut aus.
    Haas hielt inne. Er schien zu ahnen, welche Frage der Kommissar nun stellen würde.
    »Warum um alles in der Welt per Post? Das ist doch viel zu riskant!«
    Haas grinste. »Ja, das meinen die meisten. Aber denken Sie mal drüber nach: Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Sendungen sind natürlich anonym, immer auf anderen Postämtern aufgegeben. Zugang haben immer mehrere Personen. Es findet keine echte Übergabe statt, denn abgeholt werden sie ja immer nur von den Postfachmietern. Und dann haben die Brüder natürlich vorgesorgt. Sollte ein Päckchen mal verloren gehen – kein Problem. Meist finden sich nur Waffen komponenten darin, die Experten vor Ort dann zusammensetzen. Das begrenzt den Schaden.«
    Haas machte eine kleine Pause und ließ das Gesagte ins Bewusstsein der deutschen Kommissare sickern. Der Österreicher fuhr erst fort, als seine deutschen Kollegen verständig nickten.
    »Wir behielten das Postfach natürlich im Auge.« Wieder hielt er ein paar Ausdrucke hoch, die offensichtlich Bilder einer Überwachungskamera zeigten, die auf eine Wand voller Schließfächer gerichtet war. »Wenn was eingegangen ist, wurden wir verständigt. Und das Treiben ging da munter weiter. Als sei es egal, ob wir einen von ihnen einkassiert haben. Das anonyme Postfach blieb bestehen. Und das war ja ganz in unserem Sinne. Es waren übrigens die tollsten Dinger in den Sendungen. Nicht nur Waffenteile. Auch Schriftstücke in den unterschiedlichsten Sprachen, manchmal ganz belanglose Sachen. Einmal sogar mehrere Flaschen Rosenwasser. Weiß Gott, wofür die das alles gebraucht haben.«
    »Marzipan, Kollege, Marzipan«, brummte Maier wissend, aber so laut, dass ruckartig alle zu ihm sahen.
    »Was ist los, Richie?«
    »Marzipan. Rosenwasser verwendet man zur Herstellung von Marzipan und Persipan, einer Variante, die aus Aprikosenkernen hergestellt wird.«
    Alle sahen sich baff an. Wieder setzte Haas nur mit einem Kopfschütteln zur Fortsetzung seiner Erklärung an. »Jedenfalls haben wir natürlich alle beschattet, die Zugriff auf das Postfach hatten. Einige Wochen ging das so. Bis wir eine kleine Überraschung erlebten und ein Deutscher in unser Innsbrucker Postamt hereingeschneit kam.«
    Haas’ Gesichtsausdruck änderte sich kaum merklich, aber Kluftinger fiel es sofort auf: Hatte er während des ganzen Vortrags sehr selbstsicher gewirkt, legten sich nun kleine Falten auf seine Stirn. Er senkte den Kopf etwas und kratzte sich mit einer Hand im Nacken. Man musste kein Psychologe sein, um zu erkennen, dass Haas das nun Folgende unangenehm war. »Naja, wir hätten das natürlich umständlich über die Einsatzzentralen abklären können … Ihr wisst schon, das ganze Programm mit Rechtshilfeersuchen und Staatsanwaltschaft und dem ganzen

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