Laienspiel
gebeugt.
»Bitte?«
»Drei zu null? Für Deutschland? Wer hat das denn getippt? Ihr könnt doch froh sein, wenn …«
»Ich bitte Sie um Konzentration«, fuhr Yildrim dazwischen und wischte ärgerlich die Ergebnisse und die Wettquoten von der Tafel.
»Wir haben hier fünf mögliche Ziele, wobei, wenn Bregenz abgesagt wird, nur noch vier bleiben. Haben Sie sich schon darum gekümmert, Herr Bydlinski?«
»Ja. Die örtlichen Behörden stellen gerade einen Kontakt nach Wien her, weil die das allein nicht entscheiden können. Die sind aber dabei. Nur möchten sie mit einem deutschen Beamten reden, der …«
Yildrim unterbrach ihn: »Herr Kluftinger, holen Sie mir bitte kurz mal den Herrn Lodenbacher. Der sitzt doch in der ständigen Konferenz der Polizeichefs der Bodensee-Anrainerstaaten. Schließlich müssen wir auch den Schiffsverkehr auf dem See einstellen. Dazu müssen die Schweizer informiert werden. Das könnte Probleme geben.«
Kluftinger nickte und machte sich auf den Weg ins Büro seines Chefs. Als er ohne zu klopfen eintrat, zuckte der zusammen und schob eilig die Papiere, über denen er gerade gesessen hatte, zusammen. Kluftinger erklärte ihm, dass sie ihn dringend bräuchten, und seine Miene hellte sich auf.
Mit einem »Sofort!« sprang er auf und eilte aus dem Büro. Bevor der Kommissar ihm folgte, warf er noch einen Blick auf die Papiere auf Lodenbachers Schreibtisch. Es war eine Spesenrechnung über die Pizzas, die er ihnen gerade »ausgegeben« hatte.
»Machen Sie mal eine Pause, Sie sehen ja furchtbar aus.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen erwiderte Kluftinger Yildrims Blick. Er war sich ziemlich sicher, dass Yildrim Recht hatte. Er fühlte sich jedenfalls genau so.
»Sie wissen schon, was ich meine. Sie nützen mir mehr, wenn Sie ausgeruht sind. Wir kommen schon ein paar Stunden ohne Sie klar.«
Kluftinger versuchte gar nicht erst, dem Task-Force-Leiter zu widersprechen. Dankbar nahm er das Angebot an und ging mit schmerzenden Lidern in sein Büro. Er wollte sich auf die kleine Couchgarnitur legen, doch eben die war weg. Nur das Tischchen stand noch da. Darauf lag ein Zettel, auf dem stand: »Couch u. Sessel bereits im neuen Büro«. Maier! Kluftinger sah sich unschlüssig um und entschied sich dann dafür, den praktisch leeren Schreibtisch als Bettersatz zu nehmen. Er breitete eine graue Wolldecke aus dem Schrank über sich, und auch wenn es nicht sehr bequem war, schlief er bereits wenige Minuten, nachdem er sich hingelegt hatte, tief und fest.
Noch 19 Stunden, 11 Minuten, 54 Sekunden
»Vatter … Vatter, lass uns gehen.«
Kluftinger blinzelte in das Licht der Neonröhren an der Decke. Er wusste zunächst nicht, wo er war, erst nach einigen Sekunden sickerte seine momentane Situation in sein Bewusstsein: die Task Force … das Video … die Nachtschicht … Markus. Markus?
»Wo kommst du denn her?«
»Ich war noch weg in der Stadt. Disko, bist ja jetzt auch ein Insider, sozusagen. Komm, ich nehm dich mit heim.«
Kluftinger rieb sich seinen steifen Nacken. »Nein, ich muss noch arbeiten«, antwortete er und schickte ein lang gezogenes Gähnen hinterher.
»Ja, das seh ich«, antwortete Markus grinsend.
»Nein, im Ernst. Ich kann hier nicht weg. Hör zu …« Der Kommissar setzte sich auf. »Fahr du mal heim und sag der Mutter, dass sie sich nicht aufregen soll.«
Nach einem langen, prüfenden Blick sagte Markus schließlich: »O.K. Aber … pass bitte auf dich auf, ja, Vatter?«
»Ich … jetzt geh schon«, beendete Kluftinger ihr Gespräch und ging zurück in den War Room.
Noch 14 Stunden, 2 Minuten, 21 Sekunden
»Aber das ist doch ganz selbstverständlich. Gar kein Problem, wirklich! Ich mach doch jeden Tag das Frühstück.«
Kluftinger schlug die Augen auf. Sofort jedoch musste er sie wieder zusammenkneifen, so blendete ihn das gleißende Sonnenlicht, das durchs Fenster direkt in sein Gesicht fiel. Er hatte gerade Erikas Stimme gehört. Sie hatte etwas von Frühstück gesagt. Dabei hätte er im Moment des Aufwachens geschworen, dass er gestern im Büro eingeschlafen und seitdem nicht wieder aufgewacht war.
»Nein, Frau Kluftinger, jetzt untertreiben Sie mal nicht! Frühstück für die ganze Mannschaft, wirklich, herzlichen Dank!«
Kluftinger stutzte. Das war Faruk Yildrim gewesen. Was machte der bei ihm zu Hause? Er schlug erneut die Augen auf und bemerkte, dass nicht Yildrim an einem Ort war, an den er nicht gehörte, sondern Erika. Jetzt erst realisierte der
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