Laienspiel
Kommissar, dass er sich tatsächlich noch im War Room befand: Die Füße auf dem Tisch, hatte er es sich in einem Sessel mehr oder weniger bequem gemacht. Dass sein Rücken schmerzte und sein Nacken völlig verspannt war, stellte er ebenfalls erst jetzt, dafür jedoch umso deutlicher fest. Er strich sich die strähnigen Haare aus der Stirn und wurde in diesem Moment von Faruk Yildrim, Erika und leider auch von Bydlinski bemerkt.
»So, unser Murmeltier! Das haben Sie sich ja ganz schön zu Herzen genommen mit dem Terrorismus, Kluftinger: Erst der Mullah-Bart und jetzt auch noch den Schläfer spielen!«
»Wir haben Sie schlafen lassen, Sie machten gestern Abend einen derart müden Eindruck. Aber dass Sie bei all dem Treiben hier in der Task Force einen so gesegneten Schlaf haben: Respekt!«, sagte Yildrim, biss in seine Käsesemmel und nahm einen Schluck aus seiner Tasse.
»So, Schläfer, jetzt müssen Sie aber auch einmal eine kleine Jause zu sich nehmen, sonst is nix mehr übrig. Jetzt ist eh klar, warum Sie so a Blunzn mit sich rumschleppen. Wenn Sie allweil so gut versorgt werden.«
»Nein, der bekommt jetzt noch nix«, protestierte Erika und hielt ihrem Mann seinen aus dunkelgrünem Kunstleder gefertigten Kulturbeutel hin: »Erst Zähne putzen, rasieren und ein bissle frisch machen, bitte! Ich hab dir auch Wechselkleidung mitgebracht.«
Mit knallrotem Kopf riss Kluftinger seiner Frau den Waschbeutel aus der Hand, forderte sie auf mitzukommen und hastete an einem grinsenden Bydlinski vorbei wortlos aus dem Raum.
»Sag mal, spinnst du eigentlich? Willst du mich jetzt vollkommen zum Gespött der Leute machen?«, herrschte Kluftinger seine Frau an, als sie beide den Flur vor dem War Room verließen und ins Treppenhaus einbogen.
»Vielen Dank! Ich wollte nur dir und den anderen eine Freude machen mit dem Frühstück. Wie die sich gefreut haben, das hast du ja gar nicht mitbekommen. So nette Leute, gerade auch der Mann aus Österreich«, gab Erika zurück, und Kluftinger war völlig klar, dass sie ihn absichtlich falsch verstanden hatte.
»Du weißt ganz genau, was ich meine! Ich red nicht vom Frühstück, sondern davon, dass du mich behandelst wie einen Schulbuben, dem man die Kleidung rauslegt.«
Immer wieder blickte Kluftinger hinter sich, um sicherzugehen, dass kein anderer mithörte.
»Ich leg dir ja auch die Kleider raus«, entgegnete Erika. »Soll ich das jetzt nicht mehr machen?«
»Du weißt genau, dass du das ruhig tun kannst«, sagte er nicht mehr ganz so forsch. »Herrgott, du weißt schon, was ich meine.«
»Ich weiß«, lenkte Erika ein. »Tut mir leid. Ich wollte doch nur dein Bestes.«
Auch Erika blickte sich jetzt diskret um, und als sie sah, dass die Luft rein war, drückte sie ihrem Gatten einen dicken Schmatz auf die Backe.
Kurze Zeit später war Erika, sehr zur Freude ihres Mannes, wieder auf dem Heimweg nach Altusried. Als Kluftinger den Task-Force Raum betrat, begann Yildrim mit einem kurzen Resümee der aktuellen Lage.
»Zunächst zu den sicheren Fakten: Wir können davon ausgehen, dass hier irgendwo in der weiteren Region Alpen–Bodensee um einundzwanzig Uhr fünfzehn an diesem Abend eine Bombe explodieren wird. Aller Voraussicht nach wird dies bei einem Großereignis passieren. In Frage kommen das EM-Spiel in Innsbruck zwischen Italien und Holland, zudem das Public Viewing der EM in Bregenz. Andere Spielorte sind: das Ernst-Happel-Stadion in Wien, das Stade de Suisse in Wankdorf in der Schweiz und das Wörthersee-Stadion in Klagenfurt. Die Sicherheitsbehörden in den betreffenden Städten sind informiert. Alle Spiele abzusagen ist praktisch undurchführbar. Es bleibt uns aber noch etwas Zeit. Uns steht heute den ganzen Tag ein Helikopter der Bundespolizei zur Verfügung, sodass wir schnell vor Ort sein können, wenn nötig. Herr Bydlinski, Sie haben mit Bregenz alles geregelt?«
Der Österreicher gab gelangweilt Antwort: »Schon. Aber die überlegen noch, ob sie es absagen oder nicht. Könnten sie schon machen unter irgendeinem Vorwand.«
»Diese Idioten«, schimpfte Yildrim, »die nehmen das nicht ernst genug in Vorarlberg, das war mir von Anfang an klar. Bydlinski, machen Sie denen noch mal eindringlich deutlich, worum es geht. Herr Lodenbacher, Sie haben mit den Polizeichefs der Bodenseeanrainer gesprochen?«
Lodenbacher nickte. »Hob ich, jawoll. Großes Verständnis, die Herren, großes Verständnis. Und kooperationsbereit auf ganzer Linie. Wir brauchen uns bei denen nur
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