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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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Respekt, Vatter, dass du dir deine Orientierungsschwäche endlich eingestehst.«
    Kluftinger blickte seinen Sohn mit hochrotem Kopf an.
    »Weißt schon, dass da ein Computer drin ist?«
    Die Augen des Kommissar verengten sich zu Schlitzen, und er zischte: »Wenn du so gescheit bist, Brutus, dann kannst du es mir ja fertig erklären.« Und an Langhammer gewandt sagte er: »Also, vielen Dank, dass Sie’s gleich vorbeigebracht haben. Fahren Sie jetzt nicht mehr so viel, in Ihrem Alter, oder warum brauchen Sie’s nicht mehr?«
    »Ich habe mir ein festes einbauen lassen. Mit ausfahrbarem Bildschirm und integriertem DVD-Player. Da können wir unseren Spanischkurs neben dem Fahren nicht nur hören, sondern auch sehen. Ich zeig’s Ihnen gern mal.«
    »Ja, ich kann’s kaum erwarten.« Mit diesen Worten schlurfte Kluftinger wieder zu seinem Rasenmäher. Er gefror mitten in der Bewegung, als er seine Frau sagen hörte: »Dann lass ich euch zwei mal allein.«
    Was gab es denn noch zu besprechen? Wollte ihm der Doktor auch noch seinen Mercedes andrehen? Seinen bescheuerten Aufsitz-Rasenmäher? Seine Schneefräse? Mit einem flauen Gefühl im Magen wandte er sich langsam um. Und sah, wie der Doktor mit großer Geste ein gelbes, kleines Büchlein aus der Tüte hervorholte und es mit den Worten »Dann wollen wir mal, wir zwei Schauspieler, was?« auf den Tisch legte.
    Kluftinger begriff – und bekam weiche Knie. Offenbar war der Doktor zum Proben gekommen. Aber da hatte er sich sauber geschnitten. Niemals. »Nein, Herr Langhammer, ohne den Regisseur sollten wir das nicht … nicht dass sich noch falsche Betonungen einschleichen und …«
    »Ich habe schon mit Herrn Frank geredet«, unterbrach ihn der Doktor. »Er ist sehr dafür, dass wir das zu zweit durchgehen.«
    Der Kommissar sah sich Hilfe suchend um, doch sein Blick fiel auf nichts, woraus er sich auf die Schnelle eine Ausrede hätte zurechtzimmern können. Mit hängenden Schultern setzte er sich zum Doktor an den Tisch. Dann fiel sein Blick auf sein Weizenglas und die Flasche daneben, die wegen des eiskalten Inhalts beschlagen war. Seine Stimmung hellte sich wieder etwas auf, als er sie öffnete und den Inhalt in das Glas laufen ließ, das er schräg an den Flaschenhals hielt.
    Währenddessen griff sich Langhammer das Reclam-Heftchen, hielt es hoch und sagte: »Bevor wir in die Textarbeit einsteigen, sollten wir noch über die Anlage unserer Rollen sprechen, Herr Kluftinger. Ich habe das auch unserem Regisseur vorgeschlagen, und er war sehr angetan von meiner Idee.«
    Kluftinger starrte den Doktor mit weit aufgerissenen Augen an. »Das kommt … kruzifixnochamal!« Der Kommissar sprang auf und streckte Flasche und Glas weit vom Körper weg. Er war vom Vorschlag seines Gegenübers so überrascht worden, dass er das Einschenken vergessen hatte, bis sich der Schaum des Weizens auf seine Hose ergoss.
    »So eine Dreckssauerei«, schimpfte er. Die Äderchen auf seinen Wangen und seiner Nase färbten sich tiefrot.
    »Ach, ist doch nicht so schlimm, mein Lieber«, beruhigte ihn der Doktor. »Wenn Sie diese Emotion in Ihre Rolle bringen könnten, dieses Cholerische, das würde doch exzellent passen.«
    Fassungslos starrte er den Doktor an: Er wusste nicht, ob er bleich oder noch roter werden sollte. Er spielte schon sein ganzes Leben beim Freilichttheater mit, war schon als Junge der Tellbub gewesen. Schließlich beschloss er, erst einmal einen Schluck zu trinken. Dann ließ er sich wieder auf seinen Stuhl fallen.
    »Ihr Ruodi ist ja wütend, weil ihn alle beschwatzen wollen, den armen Baumgarten mit seinem Kahn überzusetzen.« Langhammer sprach dabei Kluftingers Schweizer Rollennamen so hochdeutsch und damit so falsch aus, dass sich der Kommissar wieder ein bisschen beruhigte. Er sah nicht ein, warum er sich nach Jahrzehnten Laienspielerfahrung auf einmal um seinen »Ru-ohti«, wie es beim Doktor klang, so tiefschürfende Gedanken machen sollte. Vermutlich war es aber das Beste, einfach mitzumachen, um so alles schnell hinter sich zu bringen. Eine weitere Zweierprobe würde es dann nicht geben, dafür würde er bei einem klärenden Gespräch mit dem Regisseur schon sorgen. Außerdem wollte er vor dem Doktor nicht dastehen, als interessiere er sich zu wenig für seine Rolle.
    »Wie sehen Sie denn Ihren Charakter?«, fragte Langhammer mit gesenktem Kopf, wobei er mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenwurzel massierte.
    Auf Kluftingers Gesicht machte sich ein kaum merkliches

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