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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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seinen Bericht.
    Willi nickte verständnisvoll. »Ihr seid ja schließlich nicht vom BKA.«
    Kluftinger nickte zunächst automatisch, auf einmal aber fuhr sein Kopf herum. »Was hast du gesagt, Willi?«
    »Dass ihr nicht vom BKA seid. Dafür haben die doch Spezialisten. Für Terror und Waffenhandel und internationale Kriminalität.«
    Die Augen des Kommissars wurden groß. Kurzzeitig gruben sich tiefe Furchen in seine Stirn, dann glättete sich sein Antlitz, und seine Mundwinkel verzogen sich zu einem schiefen Grinsen. »Diesmal bist du genial, Willi.«
    »Ich? Sowieso. Eigentlich von Geburt an und seitdem meistens gewesen. Aber warum gerade jetzt?«
    Kluftingers Blick wanderte weiter zu Strobl, doch auch der hatte noch nicht verstanden.
    »Ist euch nicht klar, was das hier …«, er deutete mit seiner Hand auf den Laptop, »… bedeutet? Terror? Bombenanschlag? Extremisten? Wir waren da ja wie vernagelt, inklusive Lodenbacher.«
    Jetzt hellte sich auch Strobls Miene auf. Nur Willi hatte noch nicht verstanden.
    »BKA. Wie du gesagt hast. LKA, BND, MAD, Verfassungsschutz, was weiß ich. Aber bei so einer Nummer sind wir aus dem Schneider. Jetzt kümmern sich die Profis drum, da haben wir als Laien nichts mehr zu melden. Unsere Spielzeit ist damit um. Und wir sind das ganze Ding los.« Mit einem Strahlen im Gesicht, als hätte er den Fall gerade eben gelöst und die Verantwortlichen bereits hinter Gitter gebracht, ließ sich Kluftinger auf seinen Schreibtischstuhl fallen.
    So beschwingt war er lange nicht mehr nach Hause gekommen. Das Wetter war schön, Vogelgezwitscher begleitete seinen Weg vom Auto zur Tür, und vor ihm lag ein lauer, verheißungsvoller Frühsommerabend. Alles roch nach einem perfekten Feierabend. Zwar plagte ihn schon ein bisschen das schlechte Gewissen, weil er gar so erleichtert war, dass sie sich mit diesem Fall nun nicht mehr beschäftigen mussten. Immerhin bestand die Bedrohung nach wie vor. Aber dafür gab es nun einmal Spezialeinheiten, extra ausgebildete Fachkräfte, bei denen die ganze Geschichte besser aufgehoben war.
    Sicher, er hatte in den letzten Jahrzehnten mit ansehen müssen, wie das vermeintlich idyllische Allgäu immer mehr Verbrechen anzog: In den Achtzigerjahren hatte sich die organisierte Kriminalität in Form der italienischen Mafia hier breitgemacht und Kempten sozusagen zur Europazentrale ihrer Geschäfte auserkoren. Eng damit verknüpft war ein Anstieg der Drogenkriminalität gewesen.
    Man hatte die Situation jedoch inzwischen unter Kontrolle. Mehr oder minder, wie in allen Städten wahrscheinlich. Aber Kluftinger wusste, dass es diese Art der Kriminalität nach wie vor gab, auch wenn sie sie eindämmen konnten.
    Das Bild des vermeintlich so unschuldigen Allgäus – das nie seines gewesen war – hatte für kurze Zeit Risse bekommen. Ebenso schnell hatten die Menschen jedoch auch wieder vergessen. Als vor ein paar Monaten im Fünftausend-Seelen-Ort Bad Hindelang im hintersten Oberallgäu fünfundsiebzig Jugendliche aufgeflogen waren, die regelmäßig Hasch, Marihuana und andere illegale Drogen konsumiert hatten, war ein Aufschrei durch die Bevölkerung gegangen. Dass es so etwas hier gebe, dass jetzt auch schon der »Schmutz der Großstädte« in die ländliche Idylle schwappe, sei ungeheuerlich, war damals der Tenor.
    Auch der Bürgermeister hatte sich so geäußert. Kluftinger und seine Kollegen hatten darüber nur den Kopf geschüttelt. In ihren Augen machten sich die Leute selbst etwas vor. Fragte sich denn keiner von denen, wozu die vielen Menschen tagtäglich zur Arbeit in das Gebäude mit der Aufschrift »Polizei« gingen? Dachten sie, man unterhalte die Abteilungen zur Drogen- und Gewaltkriminalität lediglich aus Imagegründen?
    Nein, das Verbrechen gibt es hier wie anderswo, sagte Kluftinger immer, wenn man ihn auf Fortbildungen auf die vermeintlich heile Welt ansprach, aus der er doch komme. Auch wenn ihnen gewisse Probleme urbaner Ballungsräume bisher erspart geblieben waren. Aber die Einschläge kamen näher, da machte sich der Kommissar keine Illusionen. In Memmingen gab es eine schwelende Aussiedler-Problematik, in Lindau eine besorgniserregende Drogenszene.
    Internationaler Terrorismus allerdings war kein Problem, mit dem sie sich herumschlagen mussten. Es wäre auch ein Widerspruch in sich gewesen – internationaler Terror, der sich gegen kollektive Wahrzeichen und Institutionen einer Gesellschaft oder Kultur richtet, der die Aufmerksamkeit

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