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Laienspiel

Laienspiel

Titel: Laienspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr Volker Klüpfel
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schießt sich wenigstens nicht gleich den Kopf weg.«
    Sie folgten dem Bärtigen durch die Zimmer, die sehr spartanisch eingerichtet waren: Ein paar einfache Stühle standen herum, wenige Tische, in einem Raum auch eine Couch und in einem anderen vier Stockbetten. In den Zimmern saßen Männer, die Karten spielten, Männer, die rauchten, Männer, die sich um einen dampfenden Samowar gruppierten. Es wirkte ein bisschen wie gestern im »Duschanbe«, nur ein wenig heller und freundlicher. Alle Räume waren mit dicken Teppichen ausgelegt.
    Die Männer blickten die Beamten gleichgültig an, manche auch feindselig. Der Bärtige deutete jeweils in die trostlosen Zimmer und murmelte dabei Dinge wie »unser Schlafsaal«, »unsere Küche«, »unser Gemeinschaftsraum«. Kluftinger wunderte sich ein wenig über diese unaufgeforderte Führung. Der Mann hatte sie noch überhaupt nicht nach dem Grund ihres Erscheinens gefragt. Er wollte sein Mitteilungsbedürfnis ausnutzen und erkundigte sich: »Wer sind all diese Männer? Ich meine, warum haben sie an einem ganz normalen Wochentag Zeit, hier herumzu…sitzen?«
    »Die meisten von ihnen haben keine Arbeit«, antwortete der Bärtige sofort. »Es ist für unsere Landsleute nicht leicht, etwas zu finden, wissen Sie. Teilweise sind sie erst angekommen, nicht alle sprechen die Landessprache besonders gut.«
    »Nicht so gut wie Sie?« Tatsächlich sprach der Mann akzentfrei Deutsch.
    »Oh, Sie sind zu freundlich, vielen Dank.«
    »Aber was machen die Männer hier?«, hakte der Kommissar nach.
    »Oh, das ist ganz unterschiedlich. Viele treffen sich hier einfach nur. Andere, vor allem auch Kinder, unterweisen wir in der islamischen Lehre, im Koran und in Glaubenspraxis. Wir erzählen Geschichten von zu Hause und helfen uns gegenseitig über die Sorgen des Lebens hinweg. Einige musizieren oder spielen Karten. Ein bisschen Kultur unserer Heimat hier in einem fremden Land.« Es klang, als habe er diese Frage schon oft beantwortet.
    Sie hatten den einzigen Raum erreicht, der eine Tür besaß. Der Mann öffnete sie, und sie traten in eine Art Büro. Die Wände waren zur Hälfte holzvertäfelt, in der Mitte stand ein einfacher Küchentisch, darauf ein Computer und ein großer Flachbildschirm sowie ein Laptop. Der Bärtige setzte sich hinter den improvisierten Schreibtisch und deutete mit einer Geste auf zwei Hocker, die davor standen. Die Beamten nahmen Platz, und noch bevor Kluftinger eine Frage stellen konnte, ergriff Bydlinski das Wort: »Kennen Sie Tobias Schumacher, Herr …«
    »… Kudratov. Ja, den kenne ich.« Wieder hatte er ohne Zögern geantwortet. »Er war sehr interessiert an unserer Lehre. Ein wirklich aufgeschlossener junger Mann. Wissen Sie, viele junge Menschen sind zurzeit auf der Suche nach Orientierung. Und die finden sie oft im Islam. So wie Tobias. Er ist schließlich auch konvertiert und nannte sich Muhammed Ibrahim.«
    »Ist das nicht ungewöhnlich?«, wollte Kluftinger wissen.
    »Was?«
    »Na, dass ein Deutscher zum Islam überläuft.«
    »Konvertiert, meinen Sie?«
    Kluftinger senkte den Blick und nickte.
    »Nein, ganz und gar nicht. Erfreulicherweise. Sehen Sie: Die letzten Zahlen, die mir vorliegen, sagen, dass innerhalb des letzten Jahres viertausend Deutsche zum Islam konvertiert sind. Das mag vielleicht nicht nach viel klingen, aber es sind immerhin viermal so viel wie im Jahr zuvor. Vor drei Jahren waren es erst dreihundert. Damals handelte es sich noch überwiegend um Frauen, die Muslime geheiratet haben. Jetzt haben wir auch sehr viele Akademiker und Frauen, die diesen Schritt vollziehen, ohne dass sie heiraten. Wir sind die Religion der Zukunft, meine Herren. Mit exponentiellen Steigerungsraten. Weltweit.« Kudratov lehnte sich zurück und blickte die Beamten an. Er sah ein wenig stolz aus, fast so, als habe er ihnen gerade die positiven Wachstumszahlen seiner Firma vorgelegt.
    »Haben Sie eine Erklärung für diese Entwicklung?«
    »Wie schon gesagt: Viele suchen Halt und finden ihn hier. Klare Regeln. Und wir sind eine starke Gemeinschaft, die gegen ihre Feinde zusammenhält. Die Leute wollen keine Weichspülerreligion, sondern klare Ansagen. Auch persönliche Krisen sind manchmal ein Grund, sich neu zu orientieren.«
    »Wissen Sie denn von einer persönlichen Krise bei Schumacher?«
    Bevor Kudratov antworten konnte, wurde die Tür geöffnet. Ein drahtiger, sportlich wirkender Mann kam herein, blieb abrupt stehen, starrte die Dreiergruppe im Raum an,

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