Lakritze - Thueringen Krimi
sie dann wieder auf die Nase, nur um sie erneut abzunehmen. Seine Finger spielten mit den Bügeln.
»Herr Galle sagte, Sie hätten Jenny gefördert. Wie hat denn diese Förderung ausgesehen?«, fragte Feuerbirk.
»Ich habe sie im freien Sprechen unterrichtet. Wir haben vorwiegend Atemübungen gemacht und Texte vorgetragen. Sie war mit Ernst bei der Sache und lernte gern. Man konnte spüren, dass sie ein Ziel hatte und bereit war, hart dafür zu arbeiten.«
»Jenny wollte Schauspielerin werden, stimmt das?«
Jansen winkte ab. »Mir ging es darum, ihre Liebe zur Literatur zu fördern. Die Schauspielerei war im Grunde aussichtslos.«
»War sie denn so untalentiert?«
»Das nicht, aber ihre Aussprache ließ zu wünschen übrig. Natürlich war sie bei einem Sprachtherapeuten in Behandlung, doch das hat nicht viel gebracht. Es gab Tage, da hörte man ihr Lispeln kaum. Aber wenn sie aufgeregt war, konnte sie es nicht verbergen.«
Feuerbirk ruckte hoch. »Sie hat gelispelt?«
Jansen nickte. »Spielt das eine Rolle?«
»Vielleicht.« Feuerbirk massierte seine Nasenwurzel.
»Die Schauspielerei war eine Schnapsidee von ihr. Da konnte ich ihr nicht weiterhelfen. Wie gesagt, mir lag daran, sie zur Literatur zu bringen. Sie hat Gedichte geschrieben.«
Feuerbirk nahm sich vor, die Galles nach Jennys Gedichten zu fragen. Vielleicht ergaben sie einen Hinweis, was sie gefühlt hatte, welche Probleme oder Sorgen sie hatte.
»Sie war ein liebenswertes Mädchen.«
»Was wissen Sie von ihren Freunden?«
»Sie war beliebt, ich habe sie nie allein auf dem Schulhof gesehen. Immer waren andere Jugendliche um sie herum.«
»War sie mit jemand enger befreundet? Hatte sie einen Freund?«
Jansen legte dabei den Kopf schief und vertiefte sich in das Muster seiner Küchengardine, als könne er dort die Antwort entdecken. »Ich glaube nicht. Nicht mehr«, sagte er schließlich.
»Aber?«
»Sie war eine Zeit lang mit Martin Sommer zusammen. Eine Jugendliebe, denke ich.«
»Dieser Martin, was wissen Sie von ihm?«
»Herr Sommer ist ein netter, fleißiger junger Mann, dem das Lernen leichtfällt. Er ist erst vor Kurzem nach Weimar gezogen. Er stammt aus Sondershausen.«
Merkwürdig, dass es auch bei diesem Opfer eine Verbindung nach Sondershausen gab.
»Eine Zeile aus einem ihrer Gedichte habe ich mir gemerkt.« Jansen setzte seine Brille auf. »Nur mir allein gehör ich ganz, versunken, vergessen im Totentanz.«
Feuerbirk glaubte, Tränen hinter den Gläsern funkeln zu sehen. Er ging zur Tür und zog sie leise hinter sich ins Schloss.
SIEBZEHN
Ralph fragte sich, wo Carla stecken mochte. Seit dem frühen Nachmittag hatte sie nichts mehr von sich hören lassen. Kurz entschlossen war er nach Weimar gefahren. Als er über den Markt schlenderte, klingelte sein Handy. Carla, endlich.
Da sah er sie ihm auch schon entgegenkommen und winken.
»Wenn ich gewusst hätte, dass du nach Weimar wolltest, hätten wir zusammen fahren können.« Er küsste sie. »Was hast du den ganzen Tag gemacht?«
»Recherchearbeit.« Sie wich seinem Blick aus.
»Na gut, du willst anscheinend nicht darüber reden.« Er zog sie mit sich fort. Als er merkte, dass er beinahe rannte, zügelte er seine Schritte. Was musste Carla bloß von ihm denken? Erst führte er sich wie ein eifersüchtiger Trottel auf, dann raste er wie ein Bekloppter durch die Straßen.
Er fasste Carlas Hand und zwang sie, stehen zu bleiben und ihn anzuschauen. »Carla, es tut mir leid. Ich hatte auf einmal furchtbare Angst, dass dir etwas zugestoßen sein könnte.«
»Was soll mir schon passieren.«
Im Abendlicht schimmerte ihre Haut wie Seide. Sie ist so schön, dachte er und zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Dieser Feuerbirk ist jedenfalls nicht der geeignete Typ, um auf eine Frau wie dich aufzupassen. Du warst doch mit ihm beisammen, gib es zu.«
Carlas mitleidiges Lächeln brachte ihn zur Besinnung. Was redete er bloß für einen Stuss?
»Der Kommissar ist ein integrer Mann«, sagte sie.
»Er ist scharf auf dich«, entgegnete Ralph.
»So könnte man es auch ausdrücken.«
»Magst du ihn?«
»Warum sollte ich?« Wieder lächelte Carla mitleidig, und Ralph wusste, dass sie log.
»Ich will dich nicht verlieren«, flüsterte er.
Carla machte sich frei und lief weiter. Als er sie eingeholt hatte, grinste sie ihn an. »Du bist ein Idiot, aber ich liebe dich trotzdem.«
Stöhnend nahm er sie in seine Arme. Sein Mund suchte ihre Lippen.
Ralph hatte das Auto unweit der
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