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Lamarchos

Lamarchos

Titel: Lamarchos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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müssen.
    „Du bist willkommen, Gikena. Aber wir verstehen dich nicht. Wessen beschuldigst du uns?”
    Olelo kicherte plötzlich, und dieser kleine Laut zerschlug die Würde, die der Erstmann auszustrahlen versuchte. „Oh, Ältester”, kreischte er. „Ich sehe, daß deine Augen mich ansehen, große, offene Augen.” Er kicherte wieder. „Vor drei Monaten hast du sie geschlossen gehalten, damit du nichts sehen mußtest.”
    Der Erstmann blinzelte; unbehaglich verlagerte er seine Stellung auf den schwarzen und weißen Ziegeln. Hinter ihm starrten die anderen auf ihre plumpen Zehen hinunter, ihre Hälse schmerzten vom langen Hochrecken, aber zugleich fühlten sie sich jetzt noch unwohler, denn sie wußten, daß man sie beobachtete, ohne daß sie die Blicke erwidern konnten; schließlich hoben sie ihren Blick wieder, um in ihr Gesicht zu sehen.
    Noch immer ernst, nickte Aleytys. „Die Lakoe-heai haben mich hierhergeschickt. Was getan wurde, muß rückgängig gemacht werden. Loahn!”
    Die Ältesten keuchten, als der Junge durch den Spalt in der Plane trat und sich hinter den Kutschbock stellte. Ein überraschtes Murmeln, dieses Mal voller Zorn, eilte durch die Menge.
    Die Kauna drängten sich dichter zusammen, suchten in der Menge Beruhigung, während ihre Blicke unglücklich über die dünne Gestalt des Parias glitten.
    „Bringt mir die Frau Riyda und die Söhne des Arahn.” Der Erstmann runzelte die Stirn. „Ich habe dich noch nie gesehen, Frau. Du nennst dich Gikena. Woher weiß ich, daß du wirklich auserwählt bist?”
    „Ich brauche nichts zu beweisen, alter Mann. Ich bin hierhergekommen, um euch eine Chance zu geben, das Unrecht wiedergutzumachen, das ihr einem angetan habt, der unschuldig ist. Du weißt, ich hätte nicht zu kommen brauchen. Der Junge könnte mir für die von mir festgelegte Zeit dienen und sodann hierher zurückkommen, ohne daß ihm sein Recht streitig gemacht werden könnte. Vorausgesetzt, er würde in eine Wüste zurückkehren wollen. Verstehst du das, Pukili, Ältester von Wahi-Po? Ich bedrohe euch nicht, ich erkläre nur. Wenn ich mich von diesem Ort abwende, so ist er verflucht.”
    Der Erstmann wurde aschfahl. „Nein, Si’a Gikena.” Er drehte sich zu den anderen um, die sich dicht hinter ihm drängten. „Mele, Lukia.
    Nehmt Wächter mit und bringt die Frau. Bringt so viele der Jungen, wie ihr finden könnt.” Er neigte unterwürfig seinen Kopf vor Aleytys.
    „Einer oder mehrere von Arahns Söhnen dürften draußen bei den Pferden sein.”
    „Das ist anzunehmen. Gleichwohl muß jeder seiner Söhne, der nicht hier ist, schließlich doch zu mir gebracht werden.”
    Der Älteste blickte zu Loahn hin; die Abneigung, die er nicht verbergen konnte, zog sein sehniges Gesicht in mürrische Falten. „Du sagst, daß jener unschuldig ist?”
    Aleytys hob eine Augenbraue. „Du drängst mich, Alter. Kennen die Wahi-Po keine Höflichkeit? Bewahre deine Geduld, bis die Frau kommt.”
    „Dann darf ich dir vielleicht die Gastfreundschaft meines Hauses anbieten? Wasser, Schatten, vielleicht etwas Fleisch oder Tee?”
    „Ich werde nicht eher unter ein Dach dieses Ortes treten, als bis das Böse ausgemerzt, das Unrecht wiedergutgemacht ist. Auch werde ich hier nicht essen noch trinken, bis das getan ist, weswegen ich gekommen bin.”
    Die Leute auf dem Platz bewegten sich unbehaglich; Familien und Freunde drängten sich dichter aneinander, um aus der Nähe der anderen Kraft zu gewinnen.
    „Loahn, zieh dich zurück. Ich möchte nicht, daß sie dich sieht.”
    Aleytys sprach leise, damit es die anderen nicht hören konnten.
    Die Zeit verging langsam, allein dadurch gekennzeichnet, daß sich die Sonne auf ihrem Nachmittagsweg um einen Bogengrad zum westlichen Horizont vorwärts schob. Aleytys stand unbeweglich und kämpfte gegen einen Drang an, sich zu kratzen, der zu fürchterlichen Ausmaßen anwuchs. Sie fragte sich, wie Maissa und Kale das ermüdende Warten aufnahmen, hoffte, daß Maissa ihre Zeit mit Hilfe ihrer Droge verträumte.
    Schließlich bemerkte sie die wachsende Unruhe, hörte die schrille Stimme einer Frau, die in kreischendem Diskant über das verdrossene Murmeln der Menge aufstieg. Die Frau Mele und der Mann Lukia marschierten mit steinernen Gesichtern und schweigend an dem Wohnwagen vorbei. Hinter ihnen kamen zwei Kaunawächter; sie führten eine Frau vor, eine dunkle Frau, selbst in ihrem Zorn attraktiv, deren üppiger Körper sich in ihrem Griff wand. Sie vibrierte von

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