LaNague 03 - Der Staatsfeind
ausgeben, einnehmen oder vielleicht irgendwo vergraben können?« Metep VII lächelte düster und schüttelte wieder den Kopf. »Oh nein. Mir reicht schon völlig die eine Gruppe aus, die es auf mich abgesehen hat. Wenn wir auch nur andeutungsweise etwas über deinen Vorschlag verlauten lassen, garantiere ich dafür, daß in kürzester Zeit jeder auf den Außenwelten, der einen Strahler besitzt, hinter mir her sein wird.« Mit der anderen Hand hob er jetzt ein Exemplar der Robin-Hood-Nachrichten hoch. »Der Herausgeber von diesem Blatt hier würde mit Sicherheit wesentlich lieber meinen Tod ankündigen als eine Steuerrückvergütung. Nein, mein Lieber. Ich habe keineswegs die Absicht, der erste Metep zu werden, der durch eine Revolution gestürzt wird.«
Er stand auf und sah Haworth entschlossen an. »Betrachte den Vorschlag als abgelehnt.«
Haworth wandte den Kopf ab und ließ den Blick über die Anwesenden gleiten und suchte nach Unterstützung, fand aber keine. Metep hatte bei allen Ratsversammlungen ein Vetorecht. Und er kannte die Mentalität der Bewohner der Außenwelten – deshalb war er auch Metep geworden. Wie es aussah, betrachtete er die Angelegenheit damit als abgeschlossen. Er richtete den Blick wieder auf Metep, bereit zu einem würdevollen Zugeständnis, und bemerkte plötzlich einen verwirrten Ausdruck auf dem Gesicht des Herrschers. Metep VII hielt die beiden Stücke Papier in den Händen – den Markschein hatte er in der Linken, die Robin-Hood-Nachrichten in der Rechten – und starrte unverwandt darauf, während er mit den Daumen über die Oberfläche des Papiers rieb.
»Stimmt etwas nicht, Jek?« fragte Haworth.
Der Metep roch abwechselnd an der Banknote und am Flugblatt. »Ist in letzter Zeit Währungspapier gestohlen worden?« erkundigte er sich und musterte Krager scharf.
»Nein, natürlich nicht. Wir bewachen das unbedruckte Papier genauso streng wie die bedruckten Scheine.«
»Das Flugblatt ist auf Währungspapier gedruckt«, stellte Metep fest.
»Unmöglich!« Krager, der das Amt des Finanzministers bekleidete, griff nach einem der Flugblätter auf dem Tisch. Er rieb und roch daran und hielt es dann gegen das Licht, um den Glanz auf der Oberfläche zu prüfen.
»Nun?«
Der alte Mann nickte und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, wobei sein Mienenspiel seine große Verblüffung erkennen ließ. »Es handelt sich tatsächlich um Währungspapier.«
Lange Zeit herrschte Schweigen um den Konferenztisch. Alle Anwesenden erkannten, daß der Verfasser des Flugblattes, den niemand von ihnen zu Beginn der Konferenz so recht hatte ernst nehmen wollen, mit Sicherheit kein erhitzter Fanatiker war, der in einem schmutzigen Keller irgendwo in Primus schwitzte. Sie hatten es vielmehr mit einem Mann oder einer Gruppe zu tun, die Währungspapier stehlen konnte, ohne daß es jemand bemerkte. Und die äußerste Verachtung für die Imperiale Mark zeigte.
V
»Manchmal überlege ich, was wohl spätere Geschichtsschreiber über uns sagen werden. Ein einziger Satz wird bei dem Menschen von heute genügen: Er trieb Unzucht und las die Zeitungen.«
J.B. Clammence
Das White Hart hatte sich entschieden verändert, mußte der schmale blonde Mann, der Peter LaNague hieß, feststellen, als er die Taverne betrat. Es hatte nichts mit der Einrichtung zu tun – sie war immer noch dieselbe. Die reiche Holztäfelung, die stabile Bar aus Keerni, der Bohlenbelag auf dem Fußboden … sie waren so unverrückbar wie das Verbot für weibliche Gäste. In den fünf Jahren, seit er zuletzt auf Throne gewesen war und im White Hart gegessen und getrunken hatte, hatte es nach außen hin keine Veränderungen oder Neuerungen gegeben.
Der eigentliche Unterschied zu damals lag in der ganzen Atmosphäre und im Geräuschpegel. Den regelmäßigen Gästen fiel es wahrscheinlich nicht auf, aber LaNague, der fünf Jahre lang nicht mehr hier gewesen war, bemerkte augenblicklich, daß jetzt an der Theke nicht mehr so viel erzählt wurde. In den vergangenen Jahren waren die Gespräche langsam aber sicher immer mehr verstummt, die Pausen dazwischen länger geworden. Es lag nicht nur daran, daß das Durchschnittsalter der Anwesenden gestiegen war und sie sich im Laufe der Zeit so vertraut geworden waren, daß sie sich nichts mehr zu sagen hatten. Immerhin waren neue Gesichter hinzugekommen, während alte verschwunden waren. Und trotzdem hatte das Schweigen einen Weg hinein gefunden.
In Lokalen, die allen zugänglich waren,
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