LaNague 03 - Der Staatsfeind
den Strand geworfen worden. Ich habe mal irgendwo gelesen, daß seine Eingeweide und Organe zerdrückt werden, wenn ein Malak strandet … sein eigenes Gewicht tötet ihn.«
»Er muß eine ganze Menge Fisch essen, damit er so groß werden kann.«
»Weißt du, er ißt eigentlich keine anderen Fische.« Er brachte sie näher an das gewaltige Maul heran, das den Kopf teilte. Seine Schritte scheuchten eine Reihe schuppenbeflügelter Keendare auf, die an den Überresten des toten Fisches gezerrt hatten. »Siehst du diese großen, ausgefaserten Hornplatten am Oberkiefer … die wie ein Kamm aussehen? Das ist das Sieb. Beim Schwimmen ziehen diese Malaks Meerwasser durch ihre Barten, so nennt man diese Siebe, und essen all die winzigen Tiere, die sich in den Härchen fangen. Meistens sind es diese Tierchen, die man als Plankton bezeichnet.«
Er setzte Laina auf dem Sand ab, damit sie sich den Malak näher ansehen konnte. Sie hielt es jedoch nicht lange aus – der Gestank, den der Kadaver ausströmte, war zu intensiv.
»Was ist denn Plankton?« wollte sie wissen, als sie wieder neben ihm stand.
»Gehen wir zurück zur Düne, wo es nicht so schrecklich stinkt, und dann erzähle ich dir alles, was du über Plankton wissen willst.«
Hand in Hand stapften sie durch die feuchten, leuchtend blauen Sandkörner, bis sie schließlich so hoch waren, daß sie zwar noch immer auf die Wasserlinie und den Malak sehen konnten, aber nicht mehr von dem entsetzlichen Gestank geplagt wurden. Von hier aus beobachteten sie einen Augenblick die kreischenden Keendare, die hoch über ihnen kreisten.
»Willst du noch immer etwas über Plankton hören?« Als sie nickte, begann Peter, langsam, fast so, als müsse er sich zurückerinnern, zu sprechen, wobei er seine Worte so wählte, daß seine Erklärung auch für den Verstand eines Kindes noch begreiflich war.
»Plankton ist die Grundnahrung des Meeres. Es besteht aus Milliarden winziger Lebewesen, teils sind es Pflanzen und teils Tierchen, aber sie sind alle winzig klein. Sie sammeln sich draußen im Meer in großen Mengen. Einige lassen sich einfach treiben, während sich andere fortbewegen, indem sie ihren geißelähnlichen Arm, den man auch Flagellum nennt, hin- und herschlagen.
Alles, was sie im Grunde tun, ist leben und sterben und die Nahrung für den Ozean zu liefern. Vielleicht glauben sie zu wissen, wohin sie sich bewegen, ohne zu erkennen, daß die ganze Planktonmasse eigentlich vom Wind und der Strömung immer nur hin- und hergetrieben wird. Sie werden von den großen Bartenwalen verschluckt, die nicht sehen können, was sie essen, und das Plankton selbst weiß auch nicht, daß es gegessen wird, bis es aus mit ihm ist.«
»Das arme Plankton!« sagte Laina, und ein Ausdruck des Bedauerns huschte über ihr Gesicht.
»Oh, ich glaube, es ist auf seine Weise auch glücklich. Und während die Malaks große Mengen von den Tierchen und Pflanzen herunterschlucken, schlagen die anderen weiter mit ihrem Arm auf und ab und freuen sich des Lebens. Selbst wenn du ihnen erzählen würdest, daß sich die Malaks und die übrigen Meerestiere ständig von ihnen ernähren, würden sie dir doch nicht glauben.«
»Daddy, wie kommt es, daß du so viel über Plankton weißt?«
»Ich habe mich ausgiebig damit beschäftigt«, antwortete Peter und mußte unwillkürlich an die Erde denken.
Laina sah auf das Maul des Fisches, in dem sie gerade noch die Siebkämme erkennen konnte. »Ich bin froh, daß ich kein Plankton bin.«
»Wenn es nach mir geht«, lachte Peter und legte den Arm schützend um seine Tochter, »dann wirst du es auch niemals sein.«
Er stand auf und warf dem toten Riesen einen letzten Blick zu. »Aber es ist ein erfreulicher Gedanke, zu wissen, daß auch ein Malak einmal sterben muß. Gehen wir. Deine Mutter hat sicher schon die Suppe fertig, und wir wollen doch keine kalte Suppe, oder?«
Den Rücken zum Meer gewandt spazierten sie über die blaue Düne auf das Haus zu, während Windböen Wortfetzen zum Strand zurücktrugen, wo Keendare die Laute ausstießen, die ihnen ihren Namen eingebracht hatten, und Stücke aus den Augen des Malaks pickten, die leblos und für immer blind auf das Land starrten.
»Du willst wieder zurückgehen, nicht wahr?« fragte Mora, als sie im Ahnen-Wäldchen unter dem Baum von Peters Urgroßvater saßen. Er hatte ihr nichts von seiner am vergangenen Abend getroffenen Entscheidung erzählt, zu bleiben und war jetzt froh darüber. Im hellen Licht des
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