LaNague 03 - Der Staatsfeind
worden waren, würde ein anderer den Gleiter zurückbringen. Die großen Türen des Lagerhauses öffneten sich, und der Gleiter flog hinaus in die Nacht. Er bewegte sich mit langsamer Geschwindigkeit vorwärts, bis er die Stadtgrenzen von Primus erreicht hatte. Dann stieg er auf dreißig Meter Höhe, wo er Geschwindigkeit aufnehmen konnte und sicher war vor hinderlichen Baumspitzen.
»Sind eure Projektoren in Ordnung?« erkundigte sich LaNague, als sie ihre Fluggeschwindigkeit erreicht hatten. Die im Laderaum kauernden Männer murmelten bestätigend. »Also gut. Testen wir sie jetzt.«
Der Holoanzug war eine seltsame Erfindung, die für solche Leute gedacht war, die sich durch Rollenspiele stimulierten. Die beliebtesten Modelle stammten aus dem sexuellen Bereich, aber die Anzüge, die heute abend benutzt wurden, waren speziell für diesen Zweck umgeändert worden. Es waren die üblichen sechsteiligen Ausführungen mit zwei Armbändern, zwei Fußbändern, einem Gürtel und einer Kapuze. Wenn sie aktiviert wurden, bauten sie einen holographischen Mantel um den Träger auf, ein Tarnkostüm aus Licht, das ihn so erscheinen ließ, wie er sich gern sehen wollte – als Mann, als Frau oder als Liebhaber. Je nachdem, worauf das Gerät programmiert war.
Nacheinander flackerten die Anzüge auf. Ihre Träger verblaßten plötzlich, und statt ihrer erschienen hagere und wild aussehende Gestalten in jagdgrünen Lederwämsen und mit kecken Federhüten auf dem Kopf. Für ihre Umwelt würden die Männer im Gleiter so fremdartig wirken wie Wesen aus einer anderen Galaxis. Es mußte einiges überprüft werden, insbesondere die Kapuze eines Mannes, die offenbar defekt war, denn sie ließ Kopf und Schultern so, wie sie waren. Der Fehler wurde schnell behoben, und jetzt unterschied sich der Mann in nichts mehr von seinen übrigen Kumpanen.
»Das ist doch einfach idiotisch!«
Es war Broohnin, der seinen Anzug schon wieder ausgeschaltet hatte und jetzt mit düsterem Gesicht an der Wand, LaNague gegenüber, lehnte.
»Darauf habe ich gewartet«, erwiderte LaNague und betonte dabei jede einzelne Silbe. »Kannst du deine Meinung, bitte sehr, auch begründen? Wir hören.«
Broohnin stolzierte in die Mitte der Gruppe. Es war offensichtlich, daß er sich noch immer als der unbestätigte Führer der Gruppe betrachtete, auch wenn LaNague derjenige war, der die Befehle gab. Starrköpfig hielt er an seiner Rolle des harten, aggressiven Revolutionärs fest. Es hatte vorher funktioniert, warum nicht also auch jetzt.
»Was soll die ganze Spielerei mit diesen albernen Kostümen? Wir gehen hier nicht zu einem Maskenball – das ist alles bitterer Ernst! Wir bekommen heute abend keinen Preis für das beste Kostüm; wir können betäubt oder sogar in Stücke geschossen werden von diesen Hunden, die die Landung bewachen. Wir müssen sie hart angehen! Verpassen wir ihnen einen Denkzettel, daß sie uns so schnell nicht mehr vergessen! Sollen sie ruhig erfahren, wie ernst es uns ist! Sie werden abends nur noch mit Licht schlafen gehen, wenn wir mit ihnen fertig sind! Sollen sie nie vergessen, daß wir irgendwo lauern und jederzeit ohne Warnung zuschlagen können!«
»Du bist also der Meinung, wir sollten unsere Tarnung vergessen und einen Frontalangriff unternehmen?« fragte LaNague, der die Worte des anderen gleichgültig angehört hatte.
»Auf jeden Fall!«
»Und was ist mit den vielen Kameras, die in jedem der Schiffe, die wir uns heute abend vornehmen werden, eingebaut sind? In dem Augenblick, wo wir das erste Geldschiff betreten, werden unsere Bilder zu den Imperialen Wachen übertragen. Dann sind wir den Sicherheitskräften bekannt!«
»Warum sollen wir uns die Mühe machen, auf die Schiffe zu kommen!« fauchte Broohnin. »Schießen wir sie doch mit unseren Blastern in Stücke! Und dann sollen die Kameras ruhig versuchen, unsere Bilder zu übertragen!«
»Aber es sind Menschen auf den Schiffen. Sie werden dabei getötet werden.«
»Es sind doch nur Lakaien des Imperiums – sie werden von ihm bezahlt und arbeiten für es. Aber diesmal sind sie die Verlierer.«
»Und was ist mit unserem eigenen Mann an Bord des zweiten Schiffes? Willst du ihn auch in die Luft jagen?«
»Natürlich nicht! Wir werden ihn erst herausholen, und dann schießen wir die anderen ab.«
Alles schien für Broohnin zu sprechen. Er bot einfache Lösungen an, Härte und einen schnellen Sieg. Aber er hatte LaNague noch ein Argument gelassen.
»Wahrscheinlich hast du dir
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