LaNague 04 - Detektiv im Cyberland
Sondern stand nur da und biß mir auf die Zunge, während sie hinging und schließlich den Betriebsschalter umlegte. Sie dachte in dieser Gelegenheit völlig irrational und war vermutlich zu dämlich, um die ganze Wahrheit zu erkennen, selbst wenn ich es ausführlich erklärt hätte. Daher unterließ ich es und legte das Thema ad acta. Ich beobachtete, wie sie sich abwandte, als Barkhams Gesicht eine staubgraue Färbung annahm und er seine letzten Zuckungen durchlebte.
»Es ist vorbei«, sagte ich nach einer Weile.
Sie reckte ihr Kinn vor und marschierte vor mir her, als wir zum Flitzer zurückkehrten; sie schien die Kälte und die nahezu grenzenlose Weite überhaupt nicht wahrzunehmen.
Nach einer langen Weile des Schweigens, in der ich der Konsole nur den Befehl »Nach Hause« gegeben hatte und wir aufgestiegen waren, ergriff sie das Wort, ohne mich anzusehen.
»Haben Sie gesehen, was sie ihm angetan haben?«
Natürlich hatte ich das gesehen. Das war es aber nicht, was sie wissen wollte.
»Ja. Sehr schlimm. Das hat mir fast das Herz gebrochen.«
Sie schaute mich an. »Empfinden Sie denn überhaupt nichts?«
»Das geht Sie nichts an, aber eines kann ich Ihnen flüstern: Für Typen wie Barkham habe ich überhaupt nichts übrig.«
»Weil er einen Klon heiraten wollte?«
»Das hatte er ja gar nicht vorgehabt. Und selbst wenn, dann hat das damit überhaupt nichts zu tun.«
»Wie ist es dann mit mir? Sie kennen mich. Wir waren nun schon den ganzen Nachmittag zusammen, und Sie wissen, was ich für ihn fühlte. Wie steht es denn damit, daß Sie vielleicht etwas für mich empfinden, für meine Situation?«
»Im allgemeinen hege ich auch keine besonderen Gefühle für Klons.«
»Und was ist mit Ihrer Frau? Haben Sie jemals etwas für sie empfunden? Oder für Ihre Tochter? Hegen Sie überhaupt irgendwelche Gefühle für jemanden?«
In diesem Augenblick fühlte ich tatsächlich etwas: nämlich Wut. Ich hatte Lust zuzuschlagen. Sie hatte kein Recht, über Maggs und Lynnie Bescheid zu wissen, geschweige denn von ihnen zu reden. Aber ich drängte den Impuls zurück. Es ist gefährlich, offen zu zeigen, was in einem vorgeht. Die Leute kennen dann die schwachen Punkte bei einem, die Stellen, die leicht verletzbar sind. Dann können sie ständig darin herumstochern.
»So bin ich nun mal«, sagte ich betont fröhlich. »Der gefühllose Sig.«
»Das ist vielleicht der Grund, weshalb sie Sie zurückgelassen hat, als sie dorthin ging, wo die Guten wohnen. Vielleicht suchte sie jemanden, der richtig lebendig war und nicht als wandelnder Leichnam herumlief.«
»Schon möglich.«
Der Klon versuchte nur, mich aus der Reserve zu locken. Ich lehnte mich nur zurück und schaute hinunter auf die sich allmählich verdunkelnde Landschaft.
»Nun, dann will ich Ihnen mal was sagen, gefühlloser Sig: Ich werde mich jetzt nach Hause schleichen und alles von Wert zusammenkratzen, das ich finden kann, und dann werde ich mir ein Ticket für die erste Fähre kaufen, die morgen früh startet.«
»Warum wollen Sie sich davonschleichen?«
»Ned Spinner. Sie erinnern sich?«
»Ach ja, stimmt. Ihr unheimlich toller Eigentümer.«
»Wir Klons haben ein Sprichwort: Seine Freunde kann man sich aussuchen, aber niemals seinen Eigentümer. Mit etwas Glück bin ich längst tief im Subraum, ehe er mich morgen abend vermißt.«
»Sie können kein Ticket kaufen. Klons haben kein Geld.«
Ihr Lächeln war völlig humorlos. »Was meinen Sie denn, wie lange es wohl dauert, bis ich jemand dazu überredet habe, mir im Tausch eins zu beschaffen?«
»Keine Realperson wird für einen Klon ein Fährenticket kaufen. Das wäre ja genauso, als ließe man Namen und Adresse am Schauplatz eines Verbrechens.«
»Ich habe meine – He! Sie haben ja immer noch meine grüne Karte.« Sie streckte die Hand aus. »Geben Sie sie mir auf der Stelle zurück.«
»Ich hab’ sie nicht bei mir.«
»Wie bitte?« Wenn sie in ihrem Sitz nicht angeschnallt gewesen wäre, dann hätte sie sich wahrscheinlich auf mich gestürzt.
»Keine Sorge – sie ist sicher aufgehoben! Ich habe es Ihnen doch gesagt …« Ich suchte verzweifelt nach einem Ausweg. »Ich hab’ sie bei jemandem zurückgelassen, um mich zu vergewissern, ob sie uns zu Barkham führen kann. Ich hatte doch nie damit gerechnet, daß wir ihn hier oben entdecken.«
Das schien sie ein wenig zu besänftigen, aber nicht sehr.
»Ich will die Karte zurück, Mr. Dreyer, und zwar bald!«
»Keine Sorge. Ich beschaffe
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