Land aus Feuer und Wasser
jetzigen Katastrophe zu annektieren, wäre sinnlos gewesen, aber wenn man die Sache so drehte, als ob die Besitznahme schon vorher erfolgt wäre, dann würde es gehen, dann würde es sogar ganz vorzüglich gehen …
Eine Erregung überkam den Professor und hielt ihn nicht länger an seinem Platz. Er sprang auf und begann in der Kabine hin und her zu gehen, während er den Gedankengang weiter spann.
Folgendermaßen mußte der Verlauf der Dinge dargestellt werden. Schon vor Tagen hatte eine Expedition, zu der unter anderem der frühere Staatskommissar Dr. Wille gehörte, die Insel besetzt und die deutsche Flagge gehißt. Jetzt – das heißt in wenigen Stunden – mußte die Regierung in Berlin die Besitznahme den anderen Mächten notifizieren. Wie stets bei solchen Gelegenheiten würden diese erst einmal die Stirn runzeln und versuchen, allerhand Schwierigkeiten zu machen. Und während dann ein Hin und Her von diplomatischen Noten begann, würde sich die Nachricht verbreiten, daß die Insel inzwischen durch einen neuen Vulkanausbruch zum Teufel gegangen ist, wonach die anderen dann nicht ohne eine gewisse Schadenfreude ihre Zustimmung zu der Annexion geben würden.
Als Professor Eggerth mit seinen Überlegungen bis zu diesem Punkt gekommen war, setzte er sich wieder an den Schreibtisch und begann zwei lange Funksprüche zu entwerfen. An den Minister Schröter war die eine Depesche gerichtet. Die andere ging an das Konsortium der Eggerth-Reading-Werke in New York, zu Händen von Mr. Sharp, damit seinem Plan drüben der Boden bereitet würde. Und dann ging der Professor damit zu Lorenzen in die Funkerkabine und blieb so lange neben ihm stehen, bis er die Empfangsbestätigung aus Berlin und New York für seine Radiogramme in der Hand hielt.
4
Im Reading-Haus in New York empfing Mr. Sharp, der greise Syndikus des Eggerth-Reading-Konzerns, einige Herren, die in großen Luxus-Limousinen vorfuhren und hier bekannt zu sein schienen. Mr. Sharp drückte bei der Begrüßung ohne viel Worte jedem der Eintreffenden das von Professor Eggerth eingegangene lange Radiogramm in die Hand und schmunzelte, als er es von jedem mit einem lächelnden Kopfnicken zurückerhielt.
Als der letzte der Eingetroffenen am Konferenztisch Platz genommen hatte, begann Mr. Sharp: »Meine Herren! Ich brauche wohl über den Plan Professor Eggerths nicht mehr viel Worte zu verlieren, denn Sie kennen ihn aus dem Radiogramm, und wir sind uns wohl einig, daß von Seiten unseres Konsortiums keine Bedenken gegen die Annexion dieser Insel erhoben werden? – Wichtig ist nun, wie wir am besten Professor Eggerths Wünsche fördern wollen. Vielleicht können Sie, Herr Staatssekretär, den geeigneten Weg raten?«
Der Angesprochene hob das hagere, von Falten durchzogene Gesicht, strich sich über das glatt rasierte Kinn und sah mit schmalen, zusammengepreßten Lippen einige Augenblicke ins Leere, ehe er erwiderte:
»Ich glaube, es ist am zweckmäßigsten, daß eine Mitwirkung unsererseits nach außen überhaupt nicht in Erscheinung tritt, daß wir vielmehr die ganze Angelegenheit nach Möglichkeit völlig bagatellisieren sollten. Ich könnte, falls kein besserer Weg vorgeschlagen wird, morgen dem Präsidenten persönlich unter vier Augen darüber vortragen, um zu erreichen, daß auf Wunsch des Präsidialbüros die Angelegenheit im Außenamt im Sinne Professor Eggerths entschieden wird. Der Funkspruch an das Carnegie-Institut, den Professor Eggerth beifügte, scheint mir diesen Weg als am plausibelsten zu begründen. Vielleicht telefonieren Sie, Mr. Sharp, einmal mit dem Sekretariat des Carnegie-Institutes und erkundigen sich nach Nachrichten über die Insel und bringen dabei die Herren unauffällig auf den Gedanken, den Wortlaut der Meldung von Captain Dryden ans Außenamt zu geben, falls es noch nicht erfolgt sein sollte.«
Die Anwesenden sahen sich an und nickten verständnisvoll lächelnd, und der Herr Staatssekretär fuhr mit einer angedeuteten Verbeugung fort: »Man muß ja den Kollegen im Außenamt auch eine kleine Freude gönnen. Sie werden dann schon einen diplomatischen Glückwunsch von sich aus beisteuern, wie ich sie kenne.«
»Werden Sie daraus klug?« fragte in Berlin Minister Schröter den Ministerialdirektor Reute, den er zu einer dringenden Besprechung zu sich gebeten hatte. Er wies dabei auf das Radiogramm von Professor Eggerth, doch Reute schüttelte den Kopf.
»Ich verstehe unsern Professor nicht. Er wünscht, daß wir ein Inselchen in
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