Land der guten Hoffnung
Tageslicht blass, fast grau.
„Ich bin nicht gut in so etwas“, sagte sie. „Aber ich musste es selber machen.“
„Was meinen Sie damit?“
„Sie verfolgen.“
„Wenigstens sehen Sie nicht aus wie Roy Orbison.“
Sie musste lachen.
„Der war auch nicht besonders gut“, sagte ich.
„Für mich hat es gereicht. Sonst wäre ich jetzt nicht hier.“ „Darf man fragen, worum es dabei geht?“
Von einer Sekunde auf die andere wirkte sie erneut abweisend. „Das ist nicht in ein paar Worten zu erklären.“ Sie setzt die Sonnenbrille wieder auf.
Die Frau, die sich Rena Carsten nannte, war nicht mal sicher, ob sie es mir überhaupt erklären wollte - also ließ ich ihr Zeit.
Sie holte einen Schlüssel mit einem AVIS-Anhänger aus der Hosentasche und leitete damit die vorläufige Verabschiedung ein. „Wie wäre es, wenn ich Sie heute Abend in unserer Nobelherberge zum Essen einlade?“
Ich wusste zwar nicht, was Frau Carsten im Schilde führte, aber ich wollte es unbedingt herausfinden. Ohne Zögern sagte ich zu.
Als Teil eines respektablen Paares musste ich nicht mehr am Katzentisch Platz nehmen.
Die Herrscherin aller Sitzplätze registrierte mit Wohlgefallen, dass ich meine Solonummer aufgegeben hatte und platzierte uns in einer intimen Nische. Stan Wishbone ging mit dezenter Würde seiner Tätigkeit nach und ließ sich nichts anmerken. Der Tag war heiß gewesen, und es kühlte auch am Abend kaum ab. Wir aßen Fisch und einigten uns auf eine Flasche Sauvignon Blanc.
Im gedämpften Licht des Restaurants waren Rena Carstens Augen sehr viel blauer. Mit den Worten „Ich brauche Ihre Hilfe!“ kam sie zum Grund unseres erneuten Treffens. „Und, um es gleich vorweg zu sagen“, fuhr sie fort. „Es sollen Ihnen dabei keine finanziellen Nachteile entstehen.“
„Ich stehe bereits unter Vertrag.“
„Das weiß ich!“
Wenn ich etwas hasse, dann ist es Indiskretion, und mein Zorn richtete sich sofort auf Dr. Stamm aus Hamburg, obwohl ich nicht einmal wusste, ob es berechtigt war. Ich zwang mich zur Ruhe.
„Sie suchen einen Mann.“
Ich schwieg.
Sie sah mir fest in die Augen. „Und Sie suchen ihn im Auftrag meines Vaters.“
Ich war bemüht, keine unangemessene Regung zu zeigen. Sie hatte ihre Unsicherheit in der Sache endgültig abgelegt und wirkte entschlossen. Offenbar hatte sie den Nachmittag genutzt, um sich über ihre Optionen klar zu werden. Als Folge hatte sie den Zünder ihrer kleinen Info-Zeitbombe aktiviert. Die Frau war im Begriff, mich genau in die Lage zu bringen, die ich bei meiner Art Arbeit prinzipiell vermeide. Stamm war das erste und letzte Glied für mich in der Geschäftskette - das einzige! Er war der Puffer zum tatsächlichen Auftraggeber und seinen Beweggründen. Sie brachte mich in eine Situation, die ich hasste.
„Ich weiß nicht, ob ich das alles so genau wissen will“, sagte ich.
Tränen stiegen ihr in die Augen.
Sie hatte mutig gezündelt, aber nicht die Nerven, es auch durchzustehen. Was immer sie mit meinem Auftrag verband:
Es war offensichtlich mit Emotionen beladen. Rena Carsten hatte ein Problem. Und sie hatte sich nach einigem Zögern dazu entschlossen, es mit mir zu teilen. Das konnte mir zur Last werden. Jedes weitere Wort von ihr zwang mich, eine Position in einer Angelegenheit zu beziehen, deren Ursachen und Einzelheiten mir bislang aus gutem Grund fremd waren. Ich hatte nicht vor, Dinge abzuwägen, die mich nichts angingen.
Fälle keine Urteile! Führe einen klar definierten Auftrag aus! Das ist mein Credo.
Und nun war ich mit einer Frau konfrontiert, die mir von Europa nach Afrika nachgereist war und sich dazu entschlossen hatte, mich in einer Sache, die ich distanziert und professionell abwickeln wollte, um Hilfe zu bitten. Und ich war mir in diesem Moment sogar sicher: Sie hätte es nicht getan, wenn sie ohne meine Unterstützung ausgekommen wäre.
Ihr Make-up löste sich unter ihren Tränen langsam auf. Sie griff nach der Serviette, stand auf und eilte zur Toilette.
Ich kam mir beschissen vor.
Wishbone ließ es bei einem neutralen Blick bewenden, aber die Dame vom Empfang strafte mich mit einem giftigen Blick ab.
Da saß ich nun mit meinen an schlechten Erfahrungen erprobten Instinkten. Hatte ich überhaupt eine Wahl? Tatsache war: Rena Carsten war nun mal da, und ich konnte ihr nur schwer aus dem Weg gehen. Sie hatte bereits beachtliche Initiative bewiesen, und wenn ich sie einfach abblitzen ließ, konnte sie zum unberechenbaren
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