Land der guten Hoffnung
entgegen. „Kommen Sie - hier ist es wärmer.“
Mir war überhaupt nicht kalt.
Sie zog mich neben sich, und wir starrten stumm in die auflodernden Flammen.
Es dauerte nicht lange, bis Rena Carsten eingeschlafen war. Ich ließ ihr die Überdecke und verzog mich in mein Bett. Noch eine ganze Weile hörte ich das Knacken und Knistern im Kamin, dann schlief ich auch ein.
Im Traum sägte ich Holzplanken und schlug Nägel ein.
Der Steg, den ich baute, ragte schon einige hundert Meter ins Havelwasser, und Kurti reichte mir fleißig Material nach. Doc kam mit einem Henkelmann und brachte uns frische Wurstsuppe. „Ich weiß nicht, was ich mit dem ganzen Schwein machen soll“, sagte sie. Ihre Gummistiefel waren blutverschmiert, und auch die Gummischürze glänzte rötlich. „Wenn wir das andere Ufer erreicht haben, helfen wir dir“, hörte ich Kurti sagen. Ich hämmerte schneller - bis Docs Handy die Arbeit störte.
Ich wachte auf.
Es war mein Miettelefon, das leise zirpte. Ich meldete mich und erkannte Gunter Gormanns Stimme.
„Störe ich?“
„Dann wäre ich nicht rangegangen.“
Er lachte, als hätte ich den Witz des Jahrhunderts gemacht. Offenbar war er betrunken.
„Was gibt es?“
„Die Polizei war bei mir - wegen Jabu. Ich weiß nicht, ob Sie es schon mitbekommen haben. Es hat ihn erwischt.“
„Es stand in der Zeitung.“
„Mir ist schon klar, dass Sie nichts damit zu tun haben, aber.“ Er schwieg bedeutungsvoll.
„Aber was?“
„Na ja, ich dachte, es interessiert Sie womöglich. Die Polizei war hier.“
Ich schwieg.
„Ich habe denen natürlich nichts gesagt.“ Er lachte gequält. „Wir Deutsche müssen doch zusammenhalten.“
Für mich klang es eher wie: Ich bin hier in einem fremden Land und kann mir nicht leisten, meine Existenz aufs Spiel zu setzen! Also sei dankbar für die Warnung und halte mich da raus!
„Sicher“, sagte ich. „Danke für den Anruf.“ Ich trennte die Verbindung.
„Wer war das?“ murmelte Rena.
„Ein Bekannter in Kapstadt. Tut mir Leid, Sie geweckt zu haben.“
„Macht nichts.“ Sie kuschelte sich tiefer in die Überdecke.
Ich starrte eine Weile ins Halbdunkel. Im Kamin glomm noch ein Rest Glut. Ich verließ das warme Bett und setzte mich neben meinen Gast auf den Boden.
„Was ist Ihr Vater für ein Mensch, Rena?“ fragte ich.
„Ein verlässlicher Tyrann. Ein Machtmensch. Aber er hat uns nie im Stich gelassen. Er ist Witwer und hat nur noch Conny und mich.“
„Was treibt ihn in dieser Entführungssache? Nach so langer Zeit! Nur die Wiederherstellung seiner Ehre - oder Rache?“
Sie schaute nachdenklich in die Glut. „Er würde es vermutlich Gerechtigkeit nennen.“
„Warum haben Sie ihm nicht einfach die ganze Wahrheit erzählt?“
„Es gibt eine Grenze, über die er mir niemals folgen würde. Das lässt sein Charakter nicht zu. Selbst wenn er wollte, er könnte nicht.“
„Mittlerweile haben Sie diese Grenze überschritten. Er wird das als Kriegserklärung begreifen.“
„Es geht nicht anders.“ Sie atmete tief durch. „Manchmal muss man sich eben entscheiden.“
So simpel war das. Irgendwann steht man alleine am Ufer und will nicht mehr zurück aufs Festland, nur noch raus auf das offene Meer - auch wenn die Insel, auf die man hofft, vielleicht nie auftaucht.
„Was ist Ihr Vater für ein Typ, Helm?“
Ich lauschte erneut in die Nacht - aber kein Souffleur half mir aus.
„Das kann ich Ihnen nicht sagen.“
„Können Sie nicht - oder wollen Sie nicht.“ „Ich hatte nie eine Chance, den Mann richtig kennen zu lernen. Er hat meine Mutter und mich verlassen, als ich noch klein war. Wir haben nie mehr von ihm persönlich gehört. Obwohl meine Mutter hartnäckig nach ihm gesucht hat. Irgendwann bekamen wir eine Nachricht aus Buenos Aires -von einem Anwalt, den er mit seinem Nachlass betraut hatte. Es war ein Haus und ein bisschen Geld, aber Mutter lehnte das Erbe ab. Wenig später starb auch sie. Ich glaube, wenn sie ihn aus eigener Kraft gefunden hätte, wäre es anders ausgegangen. So, wie die Dinge lagen, hat sie nur das Foto des Hauses aufgehoben, das ihr der Anwalt geschickt hatte. Es war eine nette kleine Villa.“
„Da haben wir ja beide eine richtig traurige Vatergeschichte am Hals.“
Ich schüttelte den Kopf. „Sie waren und sind an der Ihren aktiv beteiligt und können noch etwas tun. Das ist ein großer Unterschied. Mich hat kein Mensch gefragt. Ich kam nie richtig ins Spiel.“
„Machen Sie es
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