Land der guten Hoffnung
gedrückt hatte, weg und lächelte mich kalt an. Er blutete nicht einmal mehr. Es war nur zu klar, wer bei dem kurzen Schlagabtausch mehr eingesteckt hatte. Das schien auch der Buschmann so zu sehen, denn er hielt sich an Bertrands Seite und musterte mich mit dem Interesse eines Medizinmannes, der zu gerne seine Naturheilmittel an mir ausprobiert hätte.
„Wenn man mich angreift, laufe ich nicht weg - ich stelle mich und kämpfe“, sagte Marius Bertrand zu mir. „Richten Sie das ruhig auch Stany aus. Denn es gilt ganz besonders für Verräter.“
Alle meine Zweifel an Wishbones korrekter Einschätzung seines Kontrahenten waren mit einem Schlag beseitigt.
Bertrand wandte sich an Rena. „Du kannst jetzt mitkommen.“
Sie trat einen Schritt zurück und mobilisierte ihre ganze Widerstandskraft. „Marius, ich weiß nicht, ob.“ Sie verstummte.
Eine Weile starrte er sie nur an. „Na gut. Wie du willst. Macht euch noch ein paar schöne Tage. Du weißt ja, wann deine Bedenkzeit abläuft.“
Rena nahm es regungslos zur Kenntnis.
Mit einer Kopfbewegung schickte Bertrand den Buschmann zum Boot. Dann schaute er mich an. „Wenn ich etwas versprochen habe, halte ich mich daran, Helm. Erst wenn die Frist abgelaufen ist, gelten neue Spielregeln. So wie bei Ihnen und Stamm.“
Er ließ uns stehen und begab sich zu seinen Männern. Dass der Außenborder im ersten Versuch bockte und Bertrand damit ein Fluchen abrang, welches laut über das Wasser hallte, versöhnte mich irgendwie. Bevor der Motor im zweiten Versuch ansprang, brüllte er uns noch etwas zu.
„Einfach den Weg zurückfahren! Der Pass nach Franschhoek ist jetzt wieder offen!“
Kapitel 35
Es kam genau so, wie Stan Wishbone vorausgesagt hatte.
Am nächsten Tag zierte Marius Bertrand die Titelseiten aller wichtigen Tageszeitungen. Abends war er bereits Gast in einer Fernsehsendung, um Rede und Antwort zu stehen und seine Gegenoffensive zu eröffnen. Man konnte wirklich nicht behaupten, er knicke unter den ersten schweren Salven ein. Er duckte sich nicht einmal, sondern gab sich aufrecht, locker, souverän und aufgeschlossen. Ein wenig verletzt war er schon ob der offensichtlichen Verleumdungen, wie er zerknirscht einräumte. Aber so, wie er da saß und treuherzig auf jede noch so unangenehme Frage einging, hatte er alles im Griff. Der Mann war ein Kämpfer.
„Diese Dreistigkeit ist unglaublich“, rief Desmond, sprang empört aus dem Sessel und wandte dem Fernseher den Rücken zu. „Ich kann dieses Schmierentheater nicht mehr ertragen!“ „Was regst du dich auf?“, besänftigte Elizabeth Markham ihn, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen. „So waren sie doch schon immer. Du solltest dir bei nächster Gelegenheit noch mal ,Das Urteil von Nürnberg’ anschauen.“
Bertrand sagte ein Desaster für die Anklage voraus.
„Fuck you!“ kommentierte Desmond.
„Aber mein Junge!“ rief ihn die Lady zur Ordnung.
Wir saßen im Büro des Weinguts und warteten auf Wishbone. Nachdem sein Nachrichtencoup vorerst gelungen war, hatte er eine Stippvisite angekündigt. Deshalb ging Desmonds Gemütszustand nur zum Teil auf Bertrands kaltschnäuzigen TV-Auftritt zurück. Auch die Aussicht, den verschollen geglaubten Kameraden aus alten ANC-Tagen nach all den Jahren wieder zu sehen, wühlte Desmond Mathabane gehörig auf.
Rena hingegen war ruhig und still. Fast wie in Trance. Sie ignorierte die Kommentare unserer Gastgeber und war völlig gebannt von Bertrands gewiefter Vorstellung. Der Scharlatan schien erneut bei ihr zu punkten. Hatte sie sich auf der nächtlichen Rückfahrt noch rührend um mich gekümmert, damit ich mir keine Erkältung holen konnte und mir das langärmelige Hemd, das sie über dem T-Shirt trug, angeboten, um durch milde Taten die negativen Erinnerungen an Bertrands Auftritt am Stausee zu verdrängen, so war sie inzwischen schon wieder die Gefangene seines Charmes. Selbst Desmond setzte sich wieder in seinen Sessel und sah dem Schmierentheater weiter zu.
„Er kann kläffen und winseln wie er will. Am Ende wird er verlieren!“
Wishbones Worte degradierten Bertrand in Sekundenbruchteilen zum Nebendarsteller. Der Ankläger stand in der Tür und zog alle Aufmerksamkeit auf sich. Sogar Rena konnte sich ihm nicht entziehen. Stan wusste, was sich gehörte. Er steuerte Lady Markham an, küsste ihr zur Begrüßung die Hand und sagte: „Schalten Sie ruhig ab, Liz. Er macht nur Propaganda für sich! Da kommt nichts Wichtiges mehr.“
Liz Markham
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