Land der guten Hoffnung
einen Auftrag. Und wenn Sie ihn für mich zu Ende bringen - dazu noch mit einem anderen Ziel - bleibt ein bitterer Nachgeschmack zurück. Es gibt auch so etwas wie eine professionelle Würde. Das muss ich Ihnen doch nicht erklären.“
Er nahm seine Nickelbrille ab und putzte sie. Diesmal mit Vorsicht. „Ich weiß genau, was Sie meinen.“ Er setzte die Brille wieder auf und sah mich eindringlich an. „Deshalb bin ich auch so dankbar für Ihr Verständnis.“
Kapitel 36
Gleich nach dem Frühstück rief ich Stamm an.
Wir verloren kein Wort über die neusten Ereignisse. Trotzdem war klar: Die Karten waren neu gemischt. Das wurde deutlich, als er mir entgegenkommend anbot, mich aufzusuchen. Da ich nicht daran dachte, Desmonds Anwesen zur Drehscheibe für alle beteiligten Konfliktparteien zu machen, einigten wir uns auf ein Treffen in Simon’s Town, wo Stamm um die Mittagszeit eine Hotelanlage besichtigen wollte, die zum Verkauf stand.
Ich genoss die Fahrt durch das Weinland. Sie führte mich bei strahlend blauem Himmel zur False Bay. Die „Historical Mile“, die Hauptstraße von Simons Town mit ihren attraktiven Häusern aus dem 19. Jahrhundert, war mir bereits durch den Ausflug mit Rena vertraut. Seitdem waren nur zehn Tage vergangen. Tage, die die Lage gravierend verändert hatten. Damals war ich nur einem gewissen Timothy Butler auf der Spur gewesen und hatte vom Schatten Bertrands noch nichts geahnt.
Ich fuhr weiter in Richtung Boulders Beach mit seinen riesigen Felsblöcken und der Pinguin-Kolonie. Das Hotel, das Stamm erwähnt hatte, lag im Schatten der Swartkopberge. Es mochte einmal eine Nobelherberge gewesen sein, war aber nicht mehr in Betrieb. Es sah heruntergekommen aus und reihte sich nahtlos in Stamms Sammlung obskurer Treffpunkte ein.
Auf dem Parkplatz vor dem Hauptgebäude standen nur zwei Wagen. Ein schwarzer Mercedes-Geländewagen und ein kleiner roter Japaner. Als ich vorfuhr, kam eine junge Weiße mit sehr langen Beinen aus dem Gebäude gestöckelt. Sie trug einen schmalen Aktenkoffer, und ihr Kostüm war die typische Uniform der jungdynamischen Geschäftsfrau. Ich stieg aus und sah zu, wie sie in das kleine rote Auto stieg.
Dabei bemerkte ich, dass sie weinte. Sie ignorierte mich und würgte den Motor im ersten Versuch ab. Als er wieder ansprang, gab sie zuviel Gas. Das Tempo, mit dem sie auf die Küstenstraße fuhr, kam einer Flucht gleich. Was auch immer im Hotel passiert sein mochte - es war ihr an die Nieren gegangen.
Das Logo des alten Schuppens war einmal in großen Lettern über den Eingang gemalt worden, aber die salzige Seeluft hatte beharrlich daran genagt, und so war der Schriftzug auf den ersten Blick nicht mehr zu entziffern. Ich spazierte durch die leere Empfangshalle in den Innenhof. Stamm saß unter einem schmutzigen Sonnenschirm neben dem ausgetrockneten Pool und packte seine Geschäftspapiere in eine Ledermappe. Er trug einen hellen Sommeranzug, Sonnenbrille und einen Panamahut.
„So eine Zicke!“ sagte er zur Begrüßung und bot mir einen der angerosteten Drahtstühle an. „Ich nehme an, Sie sind der Dame noch begegnet.“
„Sie war in Tränen aufgelöst.“ Ich setzte mich.
„Unprofessionelles Ding. War völlig unvorbereitet und erzählte mir nur Unsinn über das Objekt.“ Er zerrte den Knoten seiner Krawatte auf und öffnete den Kragenknopf. „Wackelt mit ihrem Hintern rum und denkt, ich bin senil und habe keine Ahnung.“
So hatte ich Stamm noch nicht erlebt. Er war regelrecht aufgebracht.
„Schauen Sie sich den Kasten hier doch mal an!“ Mit einer weit ausholenden Armbewegung lud er mich dazu ein. „Alles völlig heruntergewirtschaftet und voller Kacke.“
Erst jetzt bemerkte ich die hellen Kotspuren.
„Wahrscheinlich haben sie die Viecher erst heute Morgen verscheucht, um mir was vorzumachen. Dabei weiß hier jeder, dass diese Pinguine schon halb Simons Town besetzt haben. Es ist eine Plage. Und wenn die Bande erst mal hier drin brütet -und das ist vorzugsweise im November, Dezember, also jetzt, der Fall - haben Sie sofort die Rettet die BrillenpinguineFraktion am Hals und können allenfalls noch ein Naturschutzprojekt aus der Anlage machen. Die Jungs in Kapstadt, die mir das eingebrockt haben, werde ich mir zu Brust nehmen.“
Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie Pitbull Stamm das erledigen würde. Er war jetzt schon in bester Beißlaune.
„Sehen Sie - da“, er zeigte quer über den Innenhof. „Was habe ich Ihnen gesagt?“
Ein
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