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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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so drastisch belegt zu sehen, machte den Leuten Angst. Selbst Grindl zeigte Anzeichen von Nervosität. Er griff nicht mehr nach dem Bierkrug und war merklich blass geworden, während er wie gebannt auf das grausige Haupt starrte.
    Der Segges, auf dessen Anraten die Versammlung zustande gekommen war, fragte ihn noch einmal: »Was gedenkst du nun zu unternehmen, verehrter Magistrat? Wir haben dich nicht gewählt, damit du dir unser Bier schmecken lässt, sondern damit du uns in Zeiten wie diesen sagst, was zu tun ist.«
    »Nun, ich…« Grindl rutschte unruhig auf seinem Sitz herum, wodurch dieser bedenklich ins Wanken geriet. »Ich bin mir nicht ganz sicher…«
    »Es muss etwas geschehen!«, verlangte der Stank.
    »Ganz richtig«, pflichtete die Witwe Burz ihm bei. »Ich werde den Berggeistern ein Opfer stiften, und ihr solltet das auch tun, wenn euch euer Leben lieb ist!«
    »Ein guter Einfall«, stimmte Grindl zu, dankbar für den Hinweis. »Ihr solltet alle nach Hause gehen und etwas stiften.«
    »Mit Opfergaben allein wird es nicht getan sein, Grindl«, beharrte Segges. »Der Schöpfergeist ist gütig, aber er hat nichts übrig für die, die die Hände faul in den Schoß legen. Wir müssen etwas unternehmen, hörst du?«
    »Etwas unternehmen«, echote der Magistrat und blickte sich Hilfe suchend um. Selbst er, der ein Meister darin war, Entscheidungen so lange hinauszuzögern, bis sie hinfällig wurden, sah ein, dass man unbedingt handeln musste. Der Anblick des Erlschädels hatte seinen Pulsschlag in die Höhe getrieben, der Durst auf Bier war ihm vergangen. Angstschweiß perlte ihm auf der Stirn, während er nach passenden Worten suchte.
    »Es ist wahr, meine Freunde«, sagte er schließlich. »Ihr habt mich gewählt, damit ich, wenn dem Dorf Gefahr droht, entsprechende Entscheidungen fälle und die geeigneten Maßnahmen treffe. Aber ich will offen zu euch sein: Mit derlei Dingen kenne ich mich nicht aus. Ich weiß ebenso wenig wie ihr, was zu geschehen hat.«
    »Er weiß es nicht!«, geisterte es durch die Versammlung.
    »Ich hab’s geahnt.«
    »Das war mir klar.«
    »Der Fettsack drückt sich…«
    »Aber«, fuhr Grindl fort und warf sich dabei stolz in die Brust, »ihr wisst auch, dass ich nicht zu denen gehöre, die klein beigeben, wenn sie am nötigsten gebraucht werden. Ihr habt mich zum Vorsteher des Dorfes gewählt, damit ich euch mit meiner Weisheit und meinem Rat zur Seite stehe, und genau das werde ich tun. Mein Rat an euch ist, dass wir Hilfe holen müssen. Wir brauchen den Schutz der Herren von Iónador!«
    »Sehr richtig!«, rief jemand. »Der Fürstregent ist reich und mächtig. Er wird es richten!«
    »Schmarren!«, wehrte der Gegg ab. »Die Herren von Iónador interessieren sich nicht für das Unterland. Sie begnügen sich damit, den Zehnten einzukassieren und auf der faulen Haut zu liegen!«
    »Das ist wahr«, stimmte die Witwe Burz zu. »Meine Base hat die Goldene Stadt einst besucht. Die einfachen Menschen leben dort in Armut, während die hohen Herren im Reichtum schwelgen. Von ihrem steinernen Turm aus blicken sie gleichgültig über das Land und ergehen sich in wüsten Gelagen, während ihre Untertanen arge Not leiden.«
    »Die Fürsten leben in ihrer eigenen Welt«, räumte Grindl ein, »aber das bedeutet nicht, dass sie uns in Zeiten der Gefahr nicht beistehen. Durch den Zehnten, den wir an sie abführen, sind sie sogar verpflichtet, uns zu beschützen.«
    »Gut gesprochen«, meinte Segges. »Aber wissen die Herren von Iónador das auch? Einst mögen die Fürsten hilfreich und gut gewesen sein, aber inzwischen schauen sie nur noch auf ihren eigenen Wanst. Ich glaube nicht, dass wir von dort Unterstützung erwarten können.«
    »Hast du denn einen besseren Vorschlag? Dann nur immer frei heraus damit. Immerhin warst du derjenige, der dieses Ding…«, Grindl deutete auf das Haupt des Erls, »… hier angeschleppt hat.«
    »Genau!«, pflichtete jemand aus der letzten Reihe bei. »Der Segges muss es richten. Er hat uns alle zu Tode erschreckt.«
    Der Segges nannte nicht deshalb den größten Hof im weiten Umkreis sein Eigen, weil er ein Dummkopf gewesen wäre. Er merkte, dass die Besprechung einen für ihn ungünstigen Verlauf zu nehmen drohte. Deshalb hob er beschwichtigend die Hände und sagte: »Nein, Belmus Grindl, einen besseren Vorschlag habe auch ich nicht.«
    »Dann solltest du schweigen!«, versetzte Grindl großtuerisch, der seine Fassung allmählich zurückgewann. »Und da du

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