Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
werden wir wohl noch arbeiten müssen. Aber wenn du versprichst, nicht unentwegt Unfug zu treiben, werde ich dir gestatten, uns zu begleiten.«
»Was?«, rief Alphart außer sich. »Das ist doch…!«
»Du hast es gehört, er will uns helfen«, sagte der Druide. »Nicht von ungefähr hat der Schöpfergeist die unterschiedlichsten Wesen erschaffen. Ihnen allen ist ein Platz zugewiesen im Bund des Lebens, und niemand vermag vorauszusagen, ob so ein kleiner Kerl nicht den Ausschlag geben kann für Sieg oder Niederlage.«
»Aber ich…« Alphart wollte energisch protestieren – der Kobling jedoch fiel ihm schrill ins Wort.
»Auf den Druiden sollst du hören und dich nicht bei ihm beschweren. Denn, mein finstrer Jägersmann, ich auch ein guter Freund dir werden kann.«
»Das bezweifle ich«, brummte Alphart.
»Ich nicht«, widersprach Leffel und konnte sich erneut ein Grinsen nicht verkneifen. »Eines habt ihr ja schon gemein.«
»So?«, knurrte Alphart. »Und was sollte das sein?«
»Nun ja…« Der Gilg errötete ein wenig. »Ihr beide seid die Einzigen, die unverschämt genug sind, unseren Druiden einen alten Mann zu nennen.«
»Das ist nun allerdings wahr«, bestätigte Yvolar, und dann verfiel er in schallendes Gelächter, das von der Stollendecke widerhallte.
Da mussten auch Erwyn, der Gilg und Urys lachen – und am Ende huschte sogar über Alpharts grimmige Züge ein flüchtiges Lächeln…
Schließlich, als der Moment der Heiterkeit verflogen war, schulterten sie wieder ihre Rucksäcke und schoben sich durch den Spalt in der steinernen Pforte. Vorsichtig blinzelnd, weil das helle Sonnenlicht sie blendete, wagten sie einen zaghaften Blick – und sahen ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt: Der Winter war hereingebrochen. Nicht mehr nur mit klammer Kälte und mit einzelnen Schneeflocken, die aus der grauen Wolkendecke fielen, sondern mit frostiger Urgewalt. Weiße Massen bedeckten den steilen Hang, der sich vor der Pforte erstreckte, darüber spannte sich ein von dunklen Wolken überzogener grauer Himmel. Der fallende Schnee bildete einen dichten Schleier, durch den die umliegenden Berge nur undeutlich zu erkennen waren – ferne, dräuende Schemen, die von eisigen Gipfeln gekrönt wurden.
»Verdammt«, knirschte Alphart.
»Das habe ich befürchtet!«, rief Yvolar gegen den heulenden Wind. »Muortis hat keine Zeit verloren – von nun an werden wir uns nicht nur vor den Erlen vorsehen müssen, sondern auch vor Wind und Wetter.«
»Bei Schneesturm die Berge zu überqueren ist Wahnsinn!«, rief der Jäger zurück. »Wir müssen bleiben und warten, bis sich der Sturm gelegt hat!«
»Dann müssten wir warten bis ans Ende aller Zeiten, mein Freund, denn dieser Sturm ist das Werk des Bösen, und er wird sich erst legen, wenn Muortis besiegt ist. Wenn wir ihm Einhalt gebieten wollen, so müssen wir jetzt gehen, und weder Wind noch Eis dürfen uns aufhalten!«
Yvolar hatte seine Worte derart ernst vorgebracht, und sein Blick war so eindringlich, dass Alphart nicht zu widersprechen wagte. Als sich der Wildfänger mürrisch abwandte, zuckte er überrascht zusammen. Er starrte auf den Fels, aus dem sie gerade gekommen waren – die Pforte war nicht mehr zu sehen!
»Die… die steinerne Pforte!«, stammelte er. »Sie… sie ist verschwunden!«
»Natürlich ist sie das«, sagte Urys wie selbstverständlich. »Sonst würde ja jeder in unsere Stollen und unser Reich gelangen.«
»Gnomenmagie…«, brummelte Alphart in seinen Bart. Also waren sie gezwungen zu tun, was der Druide sagte, denn in die Stollen konnten sie offenbar nicht mehr zurück. Es sei denn, Urys oder Yvolar kannten einen Trick, die Pforte wieder erscheinen zu lassen, doch danach fragte Alphart sie erst gar nicht, denn wenn er näher darüber nachdachte, wollte auch er nicht länger zögern und sich trotz des Eises und des Sturms auf den Weg machen.
Das einzige Ziel des Jägers war es, die Erle zu bekämpfen, um sich an ihnen zu rächen, und wenn es dazu nötig war, bei Schneesturm die höchsten Gipfel zu erklimmen, so würde er auch das tun.
Schweigend entrollte er das Seil, das an seinem Rucksack befestigt gewesen war, und formte aus dem einen Ende eine Schlinge, die er an Leffel weiterreichte.
»Was tust du?«, wollte Yvolar wissen.
»Was schon?«, gab der Wildfänger zurück. »Wir seilen uns an, damit niemand verloren geht.«
»Ein guter Gedanke.« Der Druide nickte. »Willst du immer noch bestreiten, dass es dein
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