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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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vernichten. Der Wind sang ein scheußliches Totenlied, und die Berge sahen aus, als lägen sie unter einem Leichentuch. Unheil stand bevor – das spürte der Wildfänger in diesen Augenblicken stärker denn je zuvor.
    Wie schon auf den Wassern des Búrin Mar benutzte Yvolar abermals das magische Metall, um die Himmelsrichtung zu bestimmen. Demnach mussten sie nach Norden, um zur Drachenhöhle zu gelangen, durch finstere Schluchten und verschneite Täler und nahe vorbei an den Klüften von Dorgaskol, deren alleinige Nähe den Wanderern Furcht einflößte.
    Quälend langsam ging es vorwärts, Stück für Stück, Schritt für Schritt. Eine endlos scheinende Wegstrecke lang kämpften sich die Gefährten durch den Schnee, vorbei an vereisten Felsen und verschneiten Nadelbäumen. Oft genug waren die Wanderer zu Umwegen gezwungen, wenn Verwehungen oder von der Last des Schnees abgeknickte Bäume den Weg versperrten, und immerzu peitschte der beißend kalte Wind in ihre Gesichter.
    Dennoch gaben sie nicht auf. Die Köpfe zwischen die Schultern gezogen und die Schals darum geschlungen, dass nur schmale Sehschlitze frei blieben, kämpften sie sich durch den Schnee. Gesprochen wurde kaum noch; Yvolar begnügte sich damit, seinen Gefährten knappe Befehle zuzurufen, und sogar dem Kobling war das Reimen vergangen. Dabei machten nicht nur die Kälte und die Erschöpfung den Wanderern zu schaffen, sondern auch die Verzweiflung, die immer größer wurde, je weiter sie in diese eisige Schneewüste vordrangen.
    Sie marschierten den ganzen langen Tag und kamen dennoch nicht sehr weit. Erst als sie eine enge Schlucht erreichten, ließen der Wind und das Schneetreiben ein wenig nach; die von Eis überzogenen Felswände boten einen natürlichen Schutz davor. Das unheimliche Heulen, das sie seit Verlassen der Zwergenstollen begleitet hatte, ebbte ab, und der Druide gönnte seinen Schützlingen eine kurze Rast.
    »Bleibt auf den Beinen«, wies Alphart Leffel und Erwyn an, die sich vor Erschöpfung in den Schnee sinken lassen wollten. Während der Allagáiner zwar müde und ausgelaugt wirkte, die Strapazen jedoch erstaunlich gut meisterte, war der Junge aus Glondwarac dem Zusammenbruch nahe. Seine Stirn war gerötet, die Wangen bleich, sein Atem ging stoßweise, und er zitterte wie Espenlaub. »Ihr werdet euch den Tod holen, wenn ihr euch in den Schnee setzt.«
    »W-wa-was macht e-es f-für ei-einen Unterschied?«, erwiderte Erwyn schlotternd. »Mei-meine Füße… si-sind k-k-kalt wie Eis… mei-meine Hände… ka-ka-kann ich kaum noch bewegen…«
    »Niemand hat behauptet, dass es einfach wird«, beschied ihm Alphart. »Nimm dich zusammen!«
    »A-a-aber ich bi-bin dafür nicht ge-geschaffen!« Der Blick des Jungen war verzweifelt, fast flehend. Tränen blitzten in seinen Augen. »I-ich wollte L-Lieder dichten und zur Laute si-singen. I-i-ich bin für solche Strapazen ni-nicht gemacht.«
    »Du bist Vanis’ Erbe«, widersprach Yvolar. »Die Vorsehung hat dich zu dem gemacht, was du bist.«
    »Wa-warum nur merke ich dann nichts da-davon?«, fragte der Junge und schluchzte. »Wa-warum, in aller Welt, me-merke ich dann nichts davon?« Tränen lösten sich aus seinen Augenwinkeln und rannen über seine bleichen Wangen.
    Während sich Alphart schnaubend abwandte, um dem Druiden einen viel sagenden Blick zuzuwerfen, sprach Urys seinem Ziehsohn ein wenig Trost und Mut zu.
    »Ehrwürdiger Druide?«, fragte Leffel.
    »Was ist?« Yvolar hob die Brauen, dankbar für die Ablenkung.
    »Wisst Ihr, was ich mich immerzu frage?«
    »Was denn?«
    »Ich muss die ganze Zeit an zu Hause denken«, erklärte der Gilg mit bedrückter Stimme. »Wenn dort ebenfalls diese erbärmliche Kälte hereingebrochen ist…«
    »Ich weiß, was du meinst.« Der Druide nickte. »Dank meiner Fähigkeiten vermag ich manches, aber auch ich kann nicht über die Gipfel der Berge blicken, weder nach Norden noch nach Osten ins Land Dorgaskol. Ich weiß nicht, ob das Heer des Bösen noch zum Angriff rüstet oder bereits zum Sturm auf Allagáin angesetzt hat, ebenso wenig wie ich sagen kann, ob die Grenzburgen noch stehen oder bereits in Trümmern liegen. Aber selbst wenn Iónador zerstört wäre und Allagáin bis hinauf zum Moos in der Hand des Feindes…«
    »Was der Schöpfergeist verhindern möge«, flüsterte Leffel und wurde kreidebleich.
    »… wüsste ich keinen anderen Rat, als unseren Weg fortzusetzen und Fyrnack um seine Hilfe zu ersuchen. Denn er und unser junger Freund

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