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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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nur, um seinen Reim zu Ende zu bringen, denn jeder konnte es sehen. Sodann sprang er davon und war verschwunden.
    »Bei allen Gipfeln!«, entfuhr es Alphart, und anstatt den Pfeil von der Sehne schnellen zu lassen, prallte er entsetzt zurück.
    Innerhalb weniger Augenblicke hatte sich der dreiste Hüne in einen mächtigen Bären verwandelt. Nur der Stein, der an dem ledernen Band um den Hals der Bestie hing, erinnerte noch an den Menschen, der er gewesen war.
    Leffel und Erwyn stießen entsetzte Schreie aus, anders als Yvolar, der weniger überrascht war als seine Gefährten. »Zurück, zurück!«, rief er ihnen zu und stellte sich schützend vor sie, die Arme ausgebreitet und den Druidenstab erhoben, während der Bär sich anschickte, die Brücke zu überqueren.
    »Was, bei Kubys Rubinen, ist das?«, rief Ulys.
    »Ein beathdac-duin«, erklärte der Druide.
    »Ein was?«, wollte Leffel wissen.
    »Ein Bärengänger, ein Hüter der Natur, der in der Lage ist, sich in ein Raubtier zu verwandeln. Auf Zwerge und Menschen ist er nicht gut zu sprechen.«
    »Sag bloß«, versetzte Alphart, der seinen ersten Schrecken überwunden hatte und wieder mit dem Bogen zielte – obwohl er wusste, dass ein einzelner Pfeil herzlich wenig ausrichten konnte gegen so ein großes Tier.
    »Bleibt zurück!«, befahl Yvolar seinen Gefährten abermals. »Unternehmt nichts, was immer auch geschieht. Ich werde mich um ihn kümmern!«
    »Bist du sicher, alter Mann?«
    Yvolar beantwortete die Frage mit einem viel sagenden Blick in Alpharts Richtung. Dann trat er mutig vor und hinaus auf den steinernen Bogen, der die Schlucht überspannte.
    Der Bär hatte inzwischen die Mitte der Brücke erreicht. Dennoch zeigte der Druide kein Anzeichen von Furcht, wie Alphart bewundernd feststellte. Außerdem glaubte der Jäger, dass der grüne Stein um den Hals des Bären auf einmal schwach leuchtete – oder war dies nur eine Täuschung?
    »Halt!«, gebot Yvolar der Bestie mit erhobenem Stab. »Keinen Schritt weiter!«
    Der Bär blieb tatsächlich stehen, verfiel in wütendes Gebrüll und stellte sich auf die Hintertatzen.
    Alphart und die anderen hielten den Atem an. Am liebsten hätte der Jäger den Pfeil von der Sehne gelassen, aber er beherrschte sich und gehorchte dem Befehl des Druiden.
    Es war ein gespenstischer Anblick. Einen Moment lang standen sich der Druide und das Tier, das ihn an Größe weit überragte, auf der Brücke gegenüber, umtost vom heulenden Wind, der am Fell des Bären zerrte und den Mantel des Druiden wild flattern ließ. Dann wollte sich das Raubtier mit heiserem Gebrüll auf sein scheinbar wehrloses Opfer stürzen – als Yvolar erneut seine Stimme erhob.
    »Beathdac-duin«, rief er laut, »Hüter des Waldes und der Tiere! Ich erinnere dich an den Eid, den deine Art einst geschworen hat und der auf ewig gilt!«
    Es war, als würde die ungeheure Masse des Bären auf eine unsichtbare Mauer treffen. Das Tier prallte zurück, und seine Züge schienen maßloses Erstaunen zu zeigen. Es riss weit den Rachen weit auf und stieß erneut ein markerschütterndes Gebrüll aus – das der Druide zu aller Verblüffung zu verstehen schien!
    »Ich weiß, dass dieser Eid nicht Menschen geschworen wurde«, erwiderte er ruhig, »sondern den Abkömmlingen von Vanis’ Stamm. Drum wisse, Bärengänger, dass sich der Letzte der Sylfen unter uns befindet. Dochandar ist sein Name, und ein Erbe Ventars ist er.«
    Der Bär blieb auf seinen Hinterbeinen stehen, und wieder verfiel er in lautes Gebrüll. Worte der Menschensprache zu formen war die Kehle des Tiers nicht in der Lage, aber Yvolar verstand auch so.
    »Einen Beweis verlangst du?«, rief er. »Fürwahr, die Zeiten Danaóns liegen lange zurück, so ist es verständlich, dass ein Bärengänger selbst dem Wort eines Druiden nicht Glauben schenken will. Darum sollst du deinen Beweis haben.« Er deutete mit der freien Hand auf den Hals des Bären. »Jener Stein, den du dort trägst – ein Sylfenstein ist er, gebrochen vom Rubin Elryas und deiner Art gegeben als Zeichen der Verbundenheit. Befindet sich ein Spross von Vanis’ Stamm in der Nähe, so beginnt er zu leuchten. Lange hast du das Kleinod getragen, ohne dass es dir von Nutzen war. Nun jedoch sieh es dir an, Walkar!«
    Da erkannte auch der Bärengänger, dass der Stein an seinem Hals zu leuchten begonnen hatte. Ein überraschter Laut entrang sich seiner Kehle, und er fiel wieder auf alle viere nieder.
    Yvolars hagere Gestalt entspannte sich, er

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