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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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sich dort nicht und auch sonst kein übler Wicht.«
    Alphart stieß ein verächtliches Schnauben aus, doch zu seiner Verwunderung nickte Yvolar. »Wenn unser kleiner Freund keine Gefahr spürt, können wir es wagen. Wir werden die Klamm passieren.«
    »Gibt es keinen anderen Weg?«, fragte Alphart, der sich ganz gewiss nicht auf das Wort eines Butzemanns verlassen wollte.
    »Allerdings gibt es den«, gestand Yvolar, »aber es wäre ein Umweg von mehreren Tagen. Angesichts dessen, wie weit das Eis bereits vorgedrungen ist, haben wir nicht mehr viel Zeit. Auf der anderen Seite der Schlucht liegt der Hort des Drachen.«
    »Na schön«, murrte der Wildfänger und bedachte den Kobling mit einem strengen Blick. »Ich will hoffen, du führst uns nicht an der Nase herum.« Dann schaute er wieder Yvolar an. »Wir sollten uns aber wieder anseilen.«
    Der Vorschlag wurde angenommen, und nacheinander betraten sie den schmalen Felsenpfad und bewegten sich vorsichtig vorwärts. Über ihnen war nur ein schmales, gezacktes Stück Himmel zu erkennen. Düsternis empfing sie, und der Gedanke, dass sie, wenn der Kobling sich irrte, inmitten der engen Schlucht einem Angriff schutzlos ausgeliefert wären, beunruhigte Alphart.
    Nur etwa einen Fuß breit war der Sims, auf dem sie sich bewegten. Entlang der graubraunen, eisverkrusteten Felsen zog er sich und war oft genug selbst von Firn überzogen, der jeden Schritt gefährlich machte. Zu ihrer Linken fiel der Fels steil, fast senkrecht in dunkle Tiefe, aus der wabernder Nebel stieg. Nur selten war der Bach am Grund der Klamm auszumachen, der dem Eis bislang getrotzt hatte.
    Die Gefährten bewegten sich vorsichtig und kamen nur langsam voran. Behutsam setzte Yvolar einen Fuß vor den anderen, und ebenso achtsam folgten ihm die anderen.
    Plötzlich ein spitzer Schrei.
    Erwyn war ausgerutscht, versuchte sich vergeblich am vereisten Gestein festzuhalten, doch seine Hände glitten ab.
    Mit einer Reaktionsschnelle, die man ihm aufgrund seiner untersetzten Statur nicht zugetraut hätte, fuhr Urys herum und riss am Seil, ebenso wie Leffel und Alphart, die hinter Erwyn gegangen waren, und so gelang es ihnen, den Jungen auf dem Felsensims zu halten.
    »Bei… bei Garwys’ Gier!«, stammelte der Knabe, während er halb über dem Abgrund hing und entsetzt in die Tiefe schielte. »Z-zieht mich auf den Sims zurück – bitte…«
    »Nichts anderes haben wir vor, Söhnchen«, knirschte Urys, und indem er das Kommando gab, zogen sie den Jungen wieder auf einigermaßen sicheren Boden. »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich der Zwerg bei seinem Ziehsohn, dessen Beine zitterten und der kreidebleich war im Gesicht.
    »D-denke schon.«
    »Gut.«
    »I-ihr habt mir das Leben gerettet«, stieß der Knabe keuchend hervor. »Wie kann ich euch nur danken?«
    »Indem du von nun an aufpasst, wohin du trittst!«, erwiderte Alphart barsch – und weder Urys noch irgendjemand sonst widersprach.
    Vorsichtig setzte die kleine Gruppe den gefährlichen Weg fort, unter bizarr geformten Felsvorsprüngen hindurch und über breite Spalten hinweg, die das Eis ins Gestein gesprengt hatte. Endlich erweiterte sich die Klamm, und es wurde merklich heller. Das Tageslicht, das durch den gezackten, von tief verschneiten Bäumen gesäumten Himmelsspalt fiel, nahm zu, und schließlich wurde auch der Pfad breiter, auf dem die Wanderer schritten.
    Durch einen Hohlweg, den der Wildbach vor undenklich langer Zeit in den Fels gegraben hatte, gelangten sie um eine enge Biegung – und standen unvermittelt vor einer steinernen Brücke, die auf die andere Seite der Klamm führte. Verwittert und moosbedeckt war das Gestein. Dichter Firn lag darüber, und mannsgroße Eiszapfen hingen vom Brückenbogen hinab.
    Der Zustand der uralten Brücke war es jedoch nicht, der die Wanderer erschreckte und dafür sorgte, dass Alphart zu Pfeil und Bogen griff – sondern die düstere, drohende Gestalt, die auf der gegenüberliegenden Seite stand und nur auf sie gewartet zu haben schien.
    Der Kerl war von hünenhafter Größe, dabei strotzend vor urwüchsiger Kraft. Sein Haar war schwarz wie die Nacht, ebenso wie der Bart, der sein wettergegerbtes Gesicht umrahmte, und die kleinen Augen über der breiten Nase wirkten wie Kohlestücke. Bekleidet war der Hüne trotz der beißenden Kälte nur mit einem zottigen Fell, dass er sich zu einer Art Rock zurechtgeschnitten hatte; Alphart erkannte auf den ersten Blick, dass es sich um ein Bärenfell handelte. Darüber trug

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