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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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bedarf mehr als eines vorlauten Knaben, um den Herrscher des Eises zu besiegen.«
    »Ist das dein letztes Wort?«, fragte Yvolar.
    »Mein letztes.«
    »Du missachtest also den Bund, der zwischen Sylfen und Drachen in früher Zeit geschlossen wurde?«
    »Da ist nichts zu missachten, Druide. Der Knabe mag behaupten, dass er ein Erbe Ventars wäre, aber ich kann seine Gedanken nicht spüren. Und wenn er ehrlich ist, so muss er gestehen, dass er auch die meinen nicht spürt…«
    Yvolar sandte Erwyn einen fragenden, fast flehenden Blick. Es war das erste Mal, dass der Junge den Druiden ratlos sah, schlimmer noch, Furcht stand in Yvolars faltigen Zügen. Zu gern hätte Erwyn dem Drachen widersprochen und dem Druiden die Hoffnung zurückgegeben, die er vertrauensvoll in ihn gesetzt hatte.
    Die Wahrheit jedoch sah anders aus: Es stimmte, er spürte die Gegenwart des Drachen nicht. In seinem Kopf war nur Angst. Angst davor zu versagen und den Erwartungen nicht gerecht zu werden, die man in ihn setzte. Angst davor, dass die Welt in Kälte und Eis versank, weil er seine Bestimmung nicht erfüllte…
    Tränen traten ihm in die Augen, und er schüttelte langsam den Kopf – und eine Welt brach in ihm zusammen, als er sah, wie auch der letzte Rest von Hoffnung aus dem Gesicht des Druiden verschwand. Yvolar ließ die Schultern sinken, und der Blick seiner Augen wurde trüb und starr – der Blick eines alten Mannes…
    »Komm, Sohn«, sagte er leise, und Erwyn hatte das Gefühl, dass alles Leben aus der Stimme des Druiden gewichen war, so tonlos klang sie. »Lass uns gehen.«
    »Ich hatte recht, nicht wahr?«, tönte es aus dem Kessel. Es klang weder hämisch noch triumphierend. »Ich hatte recht…«
    »Ja«, bestätigte Yvolar resignierend, »das hattest du. Also wirst du dich uns nicht anschließen?«
    »Wozu, Druide?«, kam es müde zurück. »Glaub mir, es wäre sinnlos.«
    »Dann wird Muortis dieses Mal gewinnen«, folgerte Yvolar, und Erwyn fühlte sich dabei so elend, dass er am liebsten auf und davon gelaufen wäre. Dass er es nicht tat, lag an dem Druiden, dessen knochige Hand sich an seine Schulter geklammert hatte, nicht etwa, um ihn zu trösten, sondern um sich selbst zu stützen.
    Binnen Augenblicke schien Yvolar zum Greis gealtert zu sein. Sein Stab schien ihm als Stütze nicht mehr auszureichen, das Leuchten des Eschenholzes hatte merklich nachgelassen.
    »Geht!«, rief Fyrnack herauf. »Geht und lasst mich allein.«
    »Keine Sorge«, beschied ihm Yvolar mit tonloser Stimme, während er und der Junge sich abwandten, »nichts anderes haben wir vor. Unsere Mission ist gescheitert. Zuerst wird Allagáin in Kälte und Eis versinken – und schließlich die ganze Welt…«

 
    46
     
     
     
    Von der Aussichtsplattform, die seine Leute in den Ästen einer mächtigen Tanne errichtet hatten, blickte Galfyn auf das verschneite Land. Zu seinen Füßen wand sich das breite Band des Flusses Allair gen Süden, vorbei am breiten Rücken des Steidan und den Bergen entgegen, die sich jenseits der wirbelnden Schneeflocken als ferne Schatten abzeichneten.
    Dort lag Iónador.
    Die Festung des Feindes war das Ziel dieses Feldzugs, der das Waldvolk vereinigt hatte, zum ersten Mal nach Jahrzehnten der Rivalität und des inneren Zwists. Der feige Überfall auf das Dorf des Falkenclans war für die Stämme Beweis dafür, dass sie einen gemeinsamen Feind hatten, einen gefährlichen Feind, der auf der anderen Seite des Allair lauerte und gegen den sie zusammenstehen mussten, um ihrem Volk das Überleben zu sichern.
    In Fynrads Hain waren die Häuptlinge zusammengetroffen und hatten den Streit untereinander beigelegt. Mehr noch, sie hatten Galfyn, dessen Entschlossenheit und Überzeugungskraft sie nach all den Jahrzehnten vereint hatte, zu ihrem Anführer gewählt – eine Verantwortung, die der Häuptling des Falkenclans trotz seiner Jugend ohne Zögern auf sich genommen hatte.
    Noch immer schimmerten die Tränen der Trauer in seinen Augen, noch immer schrie sein Herz nach Rache – und noch immer war er nicht bereit, den mäßigenden Worten des alten Herras Gehör zu schenken, seines väterlichen Schwertmeisters und Freundes.
    Die Augen zu schmalen Schlitzen verengt, die in der eisigen Kälte zu gefrieren drohten, ließ Galfyn seinen Blick über das Umland schweifen, und was er sah, erfüllte ihn mit grimmiger Zuversicht.
    Krieger des Waldvolks – nicht nur ein paar Dutzend oder einige Hundert, sondern Tausende!
    Der Ruf von Fynrads

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