Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
herausgefordert und wehrlose Frauen und Kinder dahingemordet hat. An allem, was geschieht, trägt nur Iónador die Schuld. Uns zu verteidigen ist unser gutes Recht.«
    »Dennoch hättest du zunächst eine Gesandtschaft in die Goldene Stadt schicken sollen.«
    »Wozu? Um einen Krieg zu erklären, den man uns durch feigen Mord längst selbst erklärt hat? Nein, mein alter Freund. Die Fürsten haben uns bereits wissen lassen, welche Absichten sie verfolgen – und wir werden entsprechend antworten.«
    »Aber es ergibt keinen Sinn. Weshalb sollte Iónador ohne jeden Grund angreifen? Und warum ausgerechnet uns, den Falkenclan? Die Siedlungen anderer Stämme liegen wesentlich näher an der Grenze…«
    »Ich weiß es nicht«, gab Galfyn zu. »Vielleicht war es ja das Schicksal, das mich dazu bestimmt hat, das Waldvolk zu einen und zum Sieg zu…« Er unterbrach sich, als er den missbilligenden Ausdruck im Gesicht seines Beraters bemerkte. »Was ist mit dir, Herras? Gefällt dir nicht, was ich sage?«
    »Anfangs war es nur Rachsucht, die aus dir sprach. Inzwischen ist auch Hochmut hinzugekommen. Beides sind schlechte Ratgeber, Galfyn.«
    »Du unterstellst mir Hochmut? Mein einziges Anliegen ist es, das Überleben unseres Volkes zu sichern. Iónador will unsere Vernichtung, Herras. Die Fürsten hassen uns. Sie halten uns für Barbaren und trachten danach, unsere Wälder zu roden, um noch mehr Städte und Festungen zu bauen. Was ist falsch daran, sich gegen einen heuchlerischen Feind zu verteidigen?«
    »Nichts«, gestand der Schwertmeister ein, »wenn es so ist, wie du sagst. Mich jedoch plagen noch immer Zweifel. Ich spüre es in meinen alten Knochen…«
    »Das wird wohl an der Kälte liegen«, gab Galfyn geringschätzig zurück, »denn ich habe keine Zweifel. Wir werden den Feind bezwingen und den Sieg davontragen, das steht fest!«
    »Nur Narren sprechen so«, konterte Herras leise.
    »Du nennst mich einen Narren?«
    »Du vertraust zu sehr auf deinen Plan, mein Junge, dabei droht er schon jetzt zu scheitern.«
    »Inwiefern?«
    »Du willst auf die Streitmacht Iónadors warten, aber das Wetter durchkreuzt dein Vorhaben. Tagsüber schneit es ohne Unterlass, und bei Nacht ist es so kalt, dass alles Leben erstarrt. Wenn der Feind nicht bald kommt, werden wir jämmerlich erfroren sein, noch ehe die Schlacht beginnt.«
    »Er wird kommen«, entgegnete Galfyn, auf die Rauchsäulen im Nordosten deutend. »Die Signale, die wir ihm schicken, sind deutlich genug.«
    »Selbst wenn – wo wird er den Fluss überqueren?«, fragte Herras. »Dein Plan sieht vor, die Iónadorer an den Furten des Allair zu stellen, aber das feindliche Heer bedarf keiner Furten mehr, um über den Fluss zu gelangen. Sieh ihn dir an, Galfyn. Eis hat den Allair erstarren lassen, das schon bald fest genug sein wird, um ein ganzes Heer zu tragen. Solange ich zurückdenken kann, hat es so etwas noch nie gegeben. Wenn die Flüsse gefrieren, ist die Welt im Umbruch – es ist ein sicheres Zeichen!«
    »Ja, die Welt befindet sich im Umbruch«, stimmte Galfyn zu, »allerdings zu unseren Gunsten. Ich bin nicht blind, Herras. Ich habe die Zeichen ebenfalls gesehen, aber ich bin überzeugt davon, dass sie uns den Sieg verheißen.« Er wandte sich Herras direkt zu, bevor er eindringlich sprach: »Ich verlange nicht, dass du all meine Ansichten teilst, aber als Schwertmeister erwarte ich Loyalität von dir. Wie lange wird es sonst dauern, bis es Gerede gibt unter den Stämmen? Man wird sich fragen, wie ein Mann, der nicht einmal seinen engsten Vertrauten überzeugen kann, ein ganzes Heer führen will, und früher oder später wird man meine Absetzung fordern. Ist es das, was du willst, Herras?«
    »Nein, Galfyn«, kam es ohne Zögern zurück.
    »Dann schweig und tu, was ich von dir verlange!«
    »Wie du willst, Galfyn.« Herras nickte.
    Es war dem alten Krieger anzusehen, dass er längst nicht überzeugt war. Mehr noch, er war tief verletzt darüber, wie sein Schützling mit ihm verfuhr. Aber Galfyn war nicht nur sein Häuptling, sondern auch zum Heerführer ernannt worden, und Herras war seinem Befehl unterstellt. Und bei allen Bedenken, die ihn plagten, war er seinem Stamm und inzwischen auch dem ganzen Waldvolk treu ergeben.
    »Die Fürsten wollen unsere Vernichtung«, sagte Galfyn mit fiebrigem Glanz in den Augen, »aber es ist ihr eigener Untergang, den sie heraufbeschworen haben.«
    »Ich hoffe, du hast recht«, erwiderte der alte Schwertmeister leise. »Ich hoffe

Weitere Kostenlose Bücher