Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond
gewagt, Yvolar diese Wahrheit so rüde ins Gesicht zu sagen.
Der Druide stand unbewegt. Wenn Alpharts Worte ihn trafen, so ließ er es sich nicht anmerken. »Ich weiß, dass ich euch enttäuscht habe, Freunde«, erklärte er leise, »und ich bedaure es sehr.«
»Du bedauerst es also!«, rief Alphart. »Schön für dich, alter Mann. Dafür also haben wir unsere Heimat verlassen und uns dir angeschlossen – damit wir hier in dieser von allen guten Geistern verlassenen Gegend stehen und du uns Mitleid heuchelst!«
»Ich heuchle nicht, Wildfänger. Mein Bedauern ist echt.«
»Ob echt oder nicht, es bringt uns keinen verdammten Schritt weiter! Dein großartiger Plan war ein derber Reinfall. Nichts weiter als das Geschwätz eines alten Mannes, das uns unnötig Zeit und Kraft gekostet hat. Oder gibt es noch einen zweiten Plan? Etwas, von dem du uns nichts erzählt hast?«
»Nein«, gestand Yvolar und schüttelte den Kopf. »Fyrnack war unsere letzte und einzige Hoffnung. Wenn er uns nicht helfen will…«
»… dann kann er mich mal!«, sagte Alphart hart. »Unsere Mission ist gescheitert, alter Mann, also fühle ich mich auch nicht länger an das Versprechen gebunden, das ich gab.«
»Was willst du tun?«, fragte Yvolar.
»Was wohl? Ich sage mich los von diesem Bund aus Gnomen, reimenden Butzemännern und alten Schwätzern und kehre zurück nach Allagáin, um gegen die Erle zu kämpfen. Einen Drachen mag ich nicht hinter mir wissen, und mein Kampf wird vielleicht auch nicht von langer Dauer sein, aber einige von diesen verfluchten Kreaturen werde ich mit meiner Axt und meinen Pfeilen noch ins Jenseits befördern, ehe es mich erwischt. Das ist noch immer besser, als zurückzugehen zu König Alwys und sich unter den Gnomen zu verkriechen!«
Grimmig blickte Alphart in die Runde – und bekam von unerwarteter Seite Zuspruch.
»Wohl gesprochen«, sagte Walkar, dessen grimmige Züge nicht weniger entschlossen wirkten als die des Jägers. »Diese Berge sind mein Revier, und ich werde sie verteidigen!«
»Ihr werdet sterben«, prophezeite Yvolar, »alle beide – und Muortis wird dennoch triumphieren.«
»Vielleicht, alter Mann«, entgegnete Alphart trotzig, »aber bis dahin werden wir noch einige Schädel spalten und feiste Erlwänste mit Pfeilen spicken. Bislang habe ich geschwiegen und mich nach deinen Regeln gerichtet, auch wenn mir von Anfang an klar war, dass es nichts bringt, einen Drachen um Hilfe zu bitten. Aber die Dinge haben sich geändert. Auf das Schuppenviech ist kein Verlass, wie sich gezeigt hat – und nun werde ich tun, was ich tun muss.«
»Ich auch«, ließ sich Erwyn leise vernehmen.
Alphart war sich sicher, dass er sich verhört hatte. »Was?«
»Ich komme mit dir, wenn du erlaubst«, erklärte der Junge zu aller Überraschung und trat auf Alpharts Seite. »Auch wenn unsere Mission erfolglos war, verspüre ich kein Verlangen, nach Glondwarac zurückzukehren. Dort bin ich ein Niemand. Hier draußen hingegen…«
»Edles Blut fließt in deinen Adern«, gestand Yvolar ein, »aber du würdest es für nichts und wieder nichts vergießen. Du bist noch jung und unerfahren. Die Erle werden dich töten.«
»Dann töten sie mich eben«, entgegnete Erwyn hitzig, und ein Lächeln, das Stolz und Anerkennung verriet, huschte dabei über Alpharts Züge.
»Ich sehe«, meinte Yvolar leise und nicht ohne Resignation, »du hast deinen Lehrer gefunden.«
»Wenn Erwyn geht, so gehe auch ich«, schloss sich Urys den Revoltierern an. »Mein Leben lang habe ich auf ihn aufgepasst – ich gedenke nicht, ihn ausgerechnet jetzt allein zu lassen.«
»Gut gesprochen.« Alphart nickte – doch dann verbesserte er sich schnell: »Ich meine, für einen Zwerg.«
Da meldete sich Mux der Kobling zu Wort und sagte: »Auch ich will nicht im Zwergenreich verschnaufen, sondern mich mit Erlen raufen!«
»Du willst kämpfen?«, fragte Alphart verblüfft, und Walkar lachte dröhnend auf.
Mux zuckte mit den schmalen Schultern. »Ich versprach, euch vor Gefahr zu warnen, doch von der ist in Glondwarac nichts zu erahnen. Drum bleib ich treu an eurer Seite und ziehe mit euch in die Weite.« Mit dem Kopf wies er auf Yvolar. »Ein Druide ist der alte Mann, dem so leicht nichts passieren kann. Will ihm ein Troll die Knochen brechen, kann er ja ‘nen Zauber sprechen.«
Yvolar seufzte erneut. Er konnte über die Reime des Koblings nicht einmal mehr schmunzeln. »Was ist mir dir, Leffel?«, wandte er sich an den Gilg. »Willst du
Weitere Kostenlose Bücher