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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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als wären sie von Enzen aufgetürmt worden, säumten den Wasserlauf, und Leffel, der zuvor niemals das heimatliche Dorf verlassen hatte, beschlich das Gefühl, sich nicht mehr in Allagáin, sondern an einem weit entfernten Ort zu befinden. Der Gilg sehnte den Ausgang der Schlucht regelrecht herbei.
    Als es endlich so weit war, musste Leffel erkennen, dass er sich zu früh gefreut hatte, denn an den Tobel schloss sich ein steiler Pfad an, der zum Tal hin fast senkrecht abfiel und über den die Gefährten im letzten Licht des Tages marschieren mussten.
    Während die Sonne im Westen am bewölkten Horizont versank, suchten die Gefährten unter einem Felsvorsprung Zuflucht, der ihnen Schutz vor Wind und Wetter bot und als Nachtlager dienen würde. Sehnsüchtig dachte Leffel an sein warmes Bett zu Hause im Unterland, während er seine Decke auf nackten Fels breitete. Alphart und dem Druiden schien das karge Lager nichts auszumachen.
    Ein Feuer zu entfachen, wagten sie nicht aus Furcht, unerwünschte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und so saßen sie eng aneinandergekauert unter dem Felsen, während die Welt um sie herum in Dunkelheit versank. Und mit der Dunkelheit nahm die Kälte noch mehr zu.
    »Was, in aller Welt, ist das?«, fragte Alphart, als er es leise klappern hörte.
    »Da-das si-sind m-m-meine Z-Zä-Zähne«, gab der Gilg unumwunden zu. »I-ich f-friere. U-und ich ha-habe Angst.«
    »Wovor?«, wollte Yvolar wissen.
    »I-in die-dieser Gegend war ich noch nie«, antwortete der Gilg. »E-es ist kalt u-und u-unheimlich hier, von den Erlen ga-ganz zu schweigen. In den alten Ge-Geschichten ist von schrecklichen Dingen die Re-Rede…«
    »Und das nicht von ungefähr«, bestätigte der Druide düster. »Dabei sind die meisten Gräuel, die in den alten Tagen von Erlen begangen wurden, längst in Vergessenheit geraten. Die Menschen neigen dazu, ihre Vergangenheit zu verdrängen…«
    »Wer sind die Erle?«, wollte Alphart wissen. »Woher kommen sie?«
    Der Druide lachte freudlos. »Es heißt, Muortis hätte sie in den Tiefen von Urgulroth gezüchtet. Einst waren sie gewöhnliche Sterbliche, die der Herrscher des Eises mit Tieren kreuzte und zu Kreaturen der Finsternis machte. Aus diesem Grund nennen sie selbst sich ›Erks‹, was in der alten Sprache ›Schweine‹ bedeutet. Muortis hatte den Erlen ihr eigenes Reich versprochen, aber er hat sie schändlich betrogen. Denn die Schluchten und Klüfte von Dorgaskol sind ein wildes Land, in dem Kälte und Eis regieren. Daher sind die Erle voller Neid auf die Menschen.«
    »W-wie vie-viele von ihnen gibt es?«, stotterte der bibbernde Leffel.
    »In den Tagen des letzten Krieges zwischen den Mächten des Lichts und der Finsternis marschierten Zehntausende von ihnen über die Fluren Allagáins«, antwortete Yvolar. »Sie waren so zahlreich, dass das Land schwarz wurde, wenn sich ihre Horden näherten, und sie zerstörten alles, das ihnen im Weg war. Seither sind viele Jahrhunderte vergangen. Niemand vermag zu sagen, wie stark das Heer der Erle noch ist oder wer hinter ihnen steht. Um dies zu erfahren, müssen wir nach Glondwarac, in die Stadt der Zwerge.«
    »Und wenn es wirklich so ist, wie Ihr sagt? Wenn Muortis zurückgekehrt ist und die Welt der Menschen vernichten will?«
    Der Druide wandte den Kopf und blickte dorthin, wo er den Gilg im Dunkel vermutete – eine Antwort jedoch blieb er schuldig. »Es war ein langer Marsch, und die nächsten Tage werden kaum weniger anstrengend«, sagte er stattdessen. »Schlaf jetzt, Leffel Gilg, und sei ohne Furcht. Ich werde Wache halten.«
    »Ich ebenso«, fügte Alphart grimmig hinzu und legte Pfeil und Bogen so zurecht, dass er rasch nach ihnen greifen konnte.
    »Du traust mir noch immer nicht, oder?«, fragte Yvolar in einem Anflug von Erheiterung.
    »Ich habe keinen Grund dazu«, versetzte der Wildfänger barsch. »Ich bin den Erlen begegnet und weiß, wozu sie fähig sind. Ein alter Mann wird sie nicht aufhalten können, auch wenn er Blitze schleudert.«
    Der Druide lächelte nachsichtig, was der Wildfänger in der Dunkelheit nicht sehen konnte, und erwiderte nichts darauf. Stattdessen machte er eine kaum merkliche Bewegung mit der linken Hand – und schon im nächsten Moment waren sowohl Leffel als auch Alphart Wildfänger eingeschlafen.
    Wohlige Wärme umhüllte sie und ließ sie weder die Kälte spüren noch den Sturm, der über Allagáin heraufzog.

 
    22
     
     
     
    »Nun, Nichte? Was hast du mir zu sagen?«
    Fast einen

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