Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Berserker waren, die es an wilder Kraft und Rohheit mit ihrem Stammestier aufnehmen konnten.
    Sie alle kamen, um den Eid einzulösen, den ihre Häuptlinge erst vor wenigen Nächten geschworen hatten – eine Heerschau, wie sie der Wald seit Generationen nicht gesehen hatte. Jeder, der daran teilnahm, spürte, dass dies ein historischer Augenblick für die Stämme des Waldvolks war, während die Krieger einer nach dem anderen vor Galfyn traten und ihm für die Dauer des Feldzugs Treue schworen.
    Mit unbewegter Miene nahm Galfyn die Schwüre entgegen, bereits in voller Kampfmontur: Er trug den Brustharnisch und die Beinschienen aus Leder, die er von seinem Vater geerbt hatte und die mit Bildern aus der Geschichte des Waldvolks punziert waren; auf den Beinschienen war in zwei unterschiedlichen Motiven zu sehen, wie Fynrad den Drachen erschlug, der Harnisch zeigte Muron den Falken. Sein langes Haar hatte Galfyn zu einem Schopf gebunden, sein Gesicht mit blauen Streifen bemalt, und auch viele der Krieger, die vor Galfyn erschienen, trugen furchteinflößende Kriegsbemalung.
    »Nun?«, fragte Herras, der neben Galfyn stand und den Aufmarsch der Waldkrieger verfolgte. »Bist du zufrieden, junger Herr? Sie folgen dir bereitwillig, genau wie du gehofft hast. Wenn es Ruhm war, auf den du aus warst, so hast du ihn bereits errungen.«
    »Ruhm ist mir gleichgültig«, erwiderte Galfyn, während er den Treueschwur der nächsten Gruppe von Kriegern entgegennahm. Bogenschützen der Schlangenkrieger waren es diesmal, deren Mienen grimmige Entschlossenheit zeigten. »Alles, was ich will, ist Rache.«
    »Und Rache wirst du bekommen«, versicherte der alte Waffenmeister mit dünnem Lächeln. »Es wird viel Blut fließen, wenn die verfeindeten Heere aufeinandertreffen. Viele tapfere Krieger werden sterben, genau wie damals.«
    »Lass sie sterben«, entgegnete Galfyn mürrisch. »Es ist besser, auf dem Schlachtfeld den Tod zu finden, als im Schlaf gemeuchelt zu werden. Wir werden Iónador wissen lassen, dass die Kraft unserer Väter noch in unseren Adern fließt. Wenn sie uns töten wollen, dann müssen sie dies auf offenem Feld tun.«
    »Trauer spricht aus dir und Hass, Galfyn. Jene, die dir die Treue schwören, dürsten nach Kampfesruhm und brennen darauf, sich auf dem Schlachtfeld zu beweisen. Ich bin zu alt und zu weise, um davon zu träumen – und ich frage mich, ob es klug ist, gegen Iónador in den Krieg zu ziehen.«
    Als er diese Worte vernahm, wandte der junge Häuptling den Kopf und starrte seinen Lehrer an. »Das sagst ausgerechnet du?«, fragte er verblüfft. »Warst nicht du es, der mir die Täter nannte?«
    »Das habe ich – aber nicht, damit du einen Krieg vom Zaun brichst. Der Kampf gegen Iónador hat unser Volk bereits einmal fast ausgelöscht. Rache ist ein schlechter Ratgeber, Galfyn. Vielleicht sollten wir eine Abordnung nach Iónador schicken, um uns anzuhören, was sie zu sagen haben.«
    »Eine Abordnung? Zu den Schlächtern unserer Frauen und Kinder?« Abscheu sprach aus Galfyns bemalten Zügen. »Was ist mit dir, Herras? Schwinden dein Mut und deine Tatkraft angesichts des bevorstehenden Kampfes? Hatte ich all die Jahre einen Feigling zum Lehrer?«
    »Schätze dich glücklich, Galfyn, dass ich dich liebe wie meinen eigenen Sohn. Denn wäre es anders, würde dich für diese Frechheit meine Klinge durchbohren. Nicht Feigheit ist es, die mir zur Vorsicht rät, sondern Sorge. Seit dem Ende des Krieges haben uns die Herren der Goldenen Stadt nicht mehr angegriffen, und ich frage mich, warum sie es jetzt tun sollten.«
    »Sind dir die vielen Toten denn nicht Beweis genug?
    Waren es zu wenig Frauen, Alte und Kinder, die man gemetzelt hat? Das Böse braucht keinen Grund, um zuzuschlagen. Klaigon will den Krieg – und er soll ihn bekommen!«
    »Also gibt es keinen anderen Weg«, sagte Herras bitter. »Das Ende unseres Volkes riskierst du um deiner Rache willen.«
    Galfyn sah wieder stur geradeaus.

 
    26
     
     
     
    Durch das Heimtal gelangten die drei Wanderer zur alten Passstraße, die über das hohe Bergjoch ins Hintertal führte.
    Der Aufstieg zur Passhöhe war beschwerlich. Ein schmaler Pfad wand sich durch den Wald, der bald zur Gänze im Dickicht verschwand, um dann wieder weite Aussicht auf das Umland zu bieten.
    »Seltsam«, meinte Leffel, während sie kurz innehielten, um zu rasten und auf die Hügel und Berge des östlichen Allagáin zu blicken. »Von hier aus betrachtet sieht alles ganz friedlich aus. Es

Weitere Kostenlose Bücher