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Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond

Titel: Land der Mythen 01 - Unter dem Erlmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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größten Teil des Weges hatten die drei Wanderer damit hinter sich gebracht, aber schon an diesem Abend wurde ihnen klar, dass die Gefahr längst nicht vorüber war, sondern größer und näher als je zuvor…
    Es war Alphart, der plötzlich stehen blieb und wie ein Tier, das etwas witterte, den Kopf in den Nacken legte.
    »Was hast du?«, wollte Leffel wissen.
    »Es ist völlig ruhig«, stellte der Wildfänger fest. »Man hört weder die Vögel noch sonst welche Tiere – und das gefällt mir nicht.«
    »Erle sind in der Nähe«, stellte Yvolar fest, woraufhin Leffel in leises Wimmern verfiel und sich die Mütze noch tiefer ins von der Kälte gerötete Gesicht zog.
    »Woher weißt du das?«, fragte Alphart.
    »Die Zeichen sprechen dafür«, erwiderte der Druide.
    »Wie lange schon?«
    »Schon eine ganze Weile. Seit wir den Turm Íarin hinter uns gelassen haben.«
    »Ach?« Der Wildfänger verzog verärgert das Gesicht. »Und wann hattest du vor, uns davon zu erzählen, alter Stocker?«
    »Ich wollte euch nicht beunruhigen«, antwortete Yvolar. »Es genügt, wenn sich einer von uns Sorgen macht.«
    »Was du nicht sagst, Druide«, maulte Alphart, während er einen Pfeil aus dem Köcher zog und an die Sehne des Bogens legte. »Ich weiß deine Fürsorge zu schätzen, aber das nächste Mal wäre es mir bedeutend lieber, wenn du…«
    »Seht nur! Dort drüben!«
    Es war Leffel, der gerufen hatte. Aufgeregt deutete er zu einer Baumgruppe, zwischen deren Stämmen einige moosbewachsene Felsen lagen. Und zwischen diesen Felsen lugte etwas hervor, das aussah wie…
    »Ein Bein!«, schrie Leffel aufgeregt. »Da liegt jemand…!«
    »Verdammt, Bursche«, knurrte Alphart, »schrei noch lauter, damit uns die Unholde auch ja hören!«
    Dann setzte er sich auch schon in Bewegung und stürmte den Hang hinab, den Pfeil noch immer an der Sehne des schussbereiten Bogens.
    Mit ausgreifenden Schritten huschte er über den von einer dünnen Schneeschicht überzogenen Boden und langte kurz darauf bei den Felsen an, wo er verharrte.
    Yvolar und Leffel folgten ihm und blieben hinter dem Wildfänger stehen, der den Bogen hatte sinken lassen. Was sie sahen, drehte ihnen fast die Mägen um und machte ihnen unmissverständlich klar, was Allagáin drohte, wenn es ihnen nicht gelang, den Vormarsch der Erle aufzuhalten.
    Der Mann war tot.
    Seiner Kleidung nach zu urteilen war er ein einfacher Bauer oder ein Hirte gewesen. Das Entsetzen stand noch immer in seinem leichenblassen Gesicht. Dass Leffel nur ein Bein gesehen hatte, kam nicht von ungefähr – das andere Bein fehlte, ebenso wie der linke Arm. Im Oberkörper des Toten steckten mehrere Pfeile, und in seinem Bauch klaffte ein blutiges Loch, so als hätte eine mit langen Krallen bewehrte Klaue hineingegriffen und ein Stück herausgerissen. Blut tränkte den Boden und den Schnee, und erbärmlicher Gestank ging von dem Toten aus.
    Während sich Leffel entsetzt abwandte und seine letzte Brotzeit in den Schnee spie, standen Alphart und Yvolar wie vom Donner gerührt. »Nun, alter Mann?«, knurrte der Wildfänger schließlich. »Was sagst du?«
    »Mein letztes Zusammentreffen mit den Erlen liegt lange zurück«, erwiderte Yvolar. »Beinahe hätte ich vergessen, zu welch entsetzlichen Taten sie fähig sind.«
    »Der Tote war ein Alphirte«, stellte Alphart fest, der sich neben der Leiche hingekniet hatte, um sie genauer in Augenschein zu nehmen. »Er war sicherlich unbewaffnet und hat niemandem etwas getan.«
    »Danach fragen die Erle nicht. Sie töten jeden, ob schuldig oder nicht.«
    »Wo sind die Gliedmaßen geblieben, die sie ihm ausgerissen haben? Sie sind nirgends zu sehen…«
    »Frage nicht danach, Wildfänger«, sagte der Druide mit finsterer Stimme. »Die Antwort würde dir nicht gefallen.«
    Er bückte sich neben Alphart und untersuchte den Toten mit raschen Handgriffen. Der Druide schien einige Übung darin zu haben, wie Alphart beklommen feststellte…
    »Er ist noch keinen Tag tot«, erklärte Yvolar schließlich. »Ich hatte also recht mit meiner Vermutung. Die Erle müssen ganz in der Nähe sein. Vermutlich sind sie auf dem Weg nach Norden.«
    »Wenn sie hier durchgekommen sind, müssen die Wächter auf dem Turm sie gesehen haben«, war Alphart überzeugt. »Dass sie keinen Alarm gegeben haben, könnte deine Vermutung bestätigen.«
    »Verrat«, sagte Yvolar düster, ehe er die Augen schloss und ein kurzes Gebet murmelte, mit dem er die Seele des Ermordeten dem Schöpfergeist

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