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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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blickte Barand am brennenden Torhaus empor. Schreie waren von dort zu hören und das Klirren von Waffen, was darauf schließen ließ, dass noch immer heftig gekämpft wurde. Ausgeschlossen zu sein und denen, die drinnen fochten, nicht beistehen zu können machte den jungen Marschall rasend vor Wut und Sorge. Doch er zwang sich unter Kontrolle, hielt seine aufgewühlten Gefühle im Zaum.
    »Wir warten!«, rief er trotzig. »Galfyn braucht noch Zeit.«
    »Aber wir haben keine Zeit mehr«, wandte Meinrad ein. »Wenn die Erle uns das nächste Mal unter Beschuss nehmen…«
    Natürlich hatte er recht. Auf ihren galoppierenden Pferden waren Iónadors Ritter zumindest noch bewegliche Ziele und als solche schwer zu treffen gewesen – vor dem Tor stehend und auf Einlass wartend, waren sie kaum zu verfehlen.
    »Absitzen!«, befahl Barand deshalb und glitt selbst aus dem Sattel. »Nehmt die Tiere in die Mitte und bildet einen Kreis. Schützt euch mit den Schilden, so gut es geht!«
    Augenblicklich kamen die Ritter seiner Anordnung nach – schon deshalb, weil es ihnen das Naheliegendste zu sein schien. Auch auf diese Weise würden sicherlich einige von ihnen sterben, niedergestreckt mit durchbohrtem Harnisch, aber es würden sehr viel weniger sein, als wenn sie ohne Deckung blieben.
    So rasch ihre schwere Panzerung es zuließ, stiegen die Reiter ab und bildeten einen Kordon um die Pferde. Die teils mandelförmigen, teils runden Schilde reihten sich aneinander und bildeten so eine schützende Mauer für Mensch und Tier – über die schon im nächsten Moment ein wahres Inferno hereinbrach.
    In Erwiderung des feurigen Verderbens, das nun schon zweimal über sie gekommen war, schickten auch die Erle Brandpfeile von den Zinnen herab, die verheerende Wirkung hatten: Rasch standen einige der hölzernen und mit Leder bespannten Schilde in Flammen, sodass sich ihre Träger von ihnen trennen mussten und leichte Beute für die feindlichen Geschosse wurden. Entsetzt sah Barand seine Männer fallen, musste miterleben, wie ein stolzer Recke nach dem anderen einen grausamen Tod starb. Gleich, ob es sich um Stadtfürsten handelte oder um die wackeren Herren der Grenzburgen – die todbringenden Pfeile machten keinen Unterschied. Ein grausames Sterben setzte vor dem Torhaus ein und raffte mehr als die Hälfte der Ritter dahin.
    So, dachte der Marschall beklommen, musste es einst den Waldkriegern ergangen sein, als sie versucht hatten, die Goldene Stadt zu erobern – und plötzlich sah er Dóloan, den ersten Fürstregenten der Geschichte, mit anderen Augen, nicht mehr als glorreichen Helden, sondern als blutrünstigen Schlächter…
    »Was sollen wir nur tun?«, rief einer seiner Ritter verdrossen.
    »Wir sind verloren!«, brüllte ein anderer.
    Verzweiflung überkam Barand, während er sich fragte, ob dies das Ende war. Er erinnerte sich, dass eine alte Allagáinerin ihm einst erzählt hatte, der Schöpfergeist werde die Berge zum Richtertisch machen, wenn das Weltgericht gekommen sei, und die Bewohner Allagáins würden die Ersten sein, die sein Urteil träfe. War es nun so weit? Waren die Pfeile der Erle in Wahrheit die Strafe dafür, dass die Sterblichen die Schöpfung missachteten und sich gegenseitig nach dem Leben trachteten?
    Der Gedanke erschreckte ihn, und er ertappte sich dabei, dass er zum Schöpfer betete, während ringsum die Pfeile des Feindes tapfere Ritter niederstreckten – und im nächsten Augenblick schien es, als werde sein Flehen erhört.
    Denn jenseits der steil aufragenden Mauern Iónadors, weit hinter dem brennenden Torhaus, dessen Flammen in den grauenden Himmel züngelten, schoss eine riesenhafte Gestalt empor, weit hinauf bis zur Felsendecke, die sich wie ein gewaltiger Schild über Iónador neigte. Dort verharrte die Gestalt für einen Augenblick und breitete ihre Flügel aus. Dann stieß sie herab, ein grauer Schemen im noch spärlichen Licht des Tages, und von ihren breiten Schwingen getragen, hielt sie auf die Stadtmauer zu.
    Ihr Rachen öffnete sich, und eine grelle Flammensäule stach aus ihrem Schlund, die im nächsten Moment unter die Unholde fuhr, die auf den Wehrgängen kauerten und die Angreifer unter Beschuss genommen hatten.
    Feuer speiend zog der Drache über die Mauern der Stadt hinweg und hinterließ ein tosendes Inferno. Barand hörte die gellenden Schreie der Verteidiger und sah mehrere von ihnen lebenden Fackeln gleich von den Zinnen stürzen. Sofort setzte der Beschuss durch die Erle aus, denn

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