Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen
wer von den Unholden nicht beim ersten Angriff des Drachen verbrannt war, richtete seinen Bogen auf den Lindwurm, der so unvermittelt über sie gekommen war und zu einer weiteren zornigen Attacke ausholte.
Erneut spie Fyrhack flammendes Verderben über die Verteidiger, die schreiend und teils brennend die Flucht ergriffen – und in diesem Moment öffnete sich das Tor!
Die mächtige Pforte, die schon so vielen Angreifern getrotzt hatte, bewegte sich auf einmal und schwang nach innen, und im Spalt der beiden mächtigen Torhälften erschien kein anderer als Galfyn.
Der Häuptling des Falkenclans wirkte abgekämpft. Sein langes Haar hing in schweißnassen Strähnen, seine Klinge und die Lederrüstung waren mit Erlblut besudelt. Er hatte eine Stirnwunde davongetragen, aus der Blut rann und sich mit den blauen Streifen in seinem Gesicht vermischte, sodass er einen furchterregenden Anblick bot. In seinen Zügen jedoch lag ein triumphierendes Grinsen, während er zusammen mit einigen seiner Krieger das Tor weiter aufstieß. Das Fallgitter war bereits oben – die Waldkämpfer schienen tatsächlich schon dabei gewesen zu sein, das Tor zu öffnen, als der Angriff der Erle sie überrascht hatte. Das Eingreifen Fyrhacks jedoch hatte das Schlachtenglück erneut gewendet.
»Zum Angriff!«, brüllte Barand so laut, dass sich seine Stimme fast überschlug, und er preschte seinen Rittern voraus durch das Tor.
Die Kämpen Iónadors folgten ihm, teils mit, teils ohne Pferd, wenn sie ihr Reittier im Pfeilhagel verloren hatten, während das Fußheer unter wildem Kriegsgebrüll den Hang herabrannte, auf die Brücke zu.
Der Weg nach Iónador stand offen…
43
Alphart spürte die Einsamkeit schwer auf sich lasten, so als würde sie auf seinen Schultern sitzen, ihn niederdrücken und jeden seiner Schritte hemmen. Der Wildfänger versuchte, möglichst nicht daran zu denken, dass er allein war und auf sich gestellt – und dass der einzige Freund, den er inmitten dieser feindseligen Unterwelt hatte, auf dem Weg war, dem finsteren Herrscher gegenüberzutreten. Seine ganze Aufmerksamkeit hatte der Aufgabe zu gelten, die man ihm übertragen hatte: den jungen Erwyn zu finden und ihn zu befreien.
Hätte man ihm noch vor einigen Wochen gesagt, dass er sich für einen hergelaufenen Knaben an den finstersten aller Orte begeben und Leib und Leben riskieren würde, um ihn zu retten, hätte er darüber nur gelacht und den Kopf geschüttelt. Aber die Zeiten hatten sich geändert. Die Welt war nicht mehr, was sie gewesen war, und auch ein gewisser Jägersmann, der, nach Rache dürstend, ins Tal gestiegen war, hatte seine Haltung in mancher Hinsicht überdacht.
Wer hätte geglaubt, dass ein Druide und ein Bauer aus dem Unterland seine besten Freunde werden könnten? Dass er Trauer und Wehmut über den Tod eines Zwergs empfinden würde? Und dass ein halbwüchsiger Knabe zur Hoffnung für ganz Allagáin werden sollte?
Noch vor nicht allzu langer Zeit waren all dies für Alphart, der nur für seine Rache gelebt hatte, befremdliche Gedanken gewesen. Inzwischen wusste er, dass Kameradschaft und wahre Freundschaft nicht nur unter Wildfängern existierten. Mit den Gefährten, mit denen zusammen er von Glondwarac aufgebrochen war, war er zu einer verschworenen Gemeinschaft geworden, und er konnte es nicht hinnehmen, dass auch nur einer von ihnen in der Gewalt des Feindes zurückblieb.
Er pirschte sich durch eisverkrustete Stollen, die Wegbeschreibung Yvolars leise vor sich hin murmelnd. Ab und an zuckte er zusammen und hob die Axt, wenn er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Aber stets waren es nur Spiegelbilder seiner selbst auf dem schimmernden Eis. Seltsamerweise waren die Gänge nicht bewacht, was Alphart misstrauisch machte. Wenn der Weg, den der gefangene Erl ihnen beschrieben hatte, tatsächlich zum jungen Erwyn führte, weshalb gab es dann keine Wachen? Hüteten die Schergen des Bösen ihre wertvolle Geisel nicht?
Die Sache gefiel dem Wildfänger nicht, aber er sah keine andere Möglichkeit, als weiterzugehen. Wich er von dem Pfad ab, den Yvolar ihm beschrieben hatte, würde er sich binnen kürzester Zeit rettungslos verlaufen, und dann wäre alle Aussicht, den Jungen zu finden, vertan. Auch wenn es Alphart nicht behagte, er musste weiter den Weg beschreiten, den er eingeschlagen hatte, auch wenn er vielleicht in eine Falle führte.
Den Schaft der Axt mit beiden Händen umklammernd, ging er immer weiter, durch niedere,
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