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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Freund«, stöhnte der Knabe jedoch nur – er schien zu mehr nicht in der Lage zu sein.
    »Warte, ich werde dich befreien«, versprach der Wildfänger und setzte seine Axt als Werkzeug ein, um den rostigen Splint zu entfernen, mit dem das Gitter verschlossen war. Ein gezielter Schlag genügte, dann konnte Alphart das Gitter aufstemmen. Mit hässlichem Quietschen hob sich das Eisen. Alphart öffnete es vollends und ließ es zur Seite fallen, was abermals für ohrenbetäubenden Lärm in der Höhle sorgte; der Jäger scherte sich nicht darum.
    Alphart führte ein aufgerolltes Seil mit sich. Er löste es von seinem Gürtel, und mit vor Kälte klammen Fingern knüpfte er eine Schlinge und warf sie Erwyn hinab. »Hier!«, rief er. »Kannst du klettern?«
    »I-ich glaube nicht. Meine Glieder sind ganz steif gefroren.«
    »Schön, dann schlüpf einfach in die Schlinge«, knurrte der Jäger. »Den Rest werde ich erledigen.«
    Der Junge tat, wie ihm geheißen, und das andere Ende des Seils um seine Hände geschlungen, versuchte der Wildfänger, ihn zu sich heraufzuziehen. Es gelang nicht sofort, denn auf dem eisigen Boden rutschte Alphart immer wieder ab. Erst als er das Seil um einen von Eis überzogenen Felsen laufen ließ, bekam er genügend Zug, um den Jungen aus dem Kerkerloch zu hieven.
    Als Erwyns Gesicht über dem Rand der Öffnung erschien, war seine Miene schwer zu deuten. Erleichterung war darin zu lesen und die Freude, einen alten Freund wiederzusehen, aber auch Betrübnis und Niedergeschlagenheit. Die Augen des Jungen verrieten, dass sie Dinge gesehen hatten, die jenseits menschlicher Vorstellungskraft lagen, und die Strapazen und Ängste, denen er ausgesetzt gewesen war, hatten deutliche Spuren hinterlassen. Dennoch war Alphart ebenso verwundert wie erfreut, Erwyn so vergleichsweise wohlbehalten zu sehen. Offenbar hatten ihn Muortis’ Diener nicht mal gefoltert, was eigenartig war, aber der Wildfänger würde sich gewiss nicht darüber beschweren.
    »Hier, greif zu!«, presste er hervor, während er Erwyn seine Rechte entgegenstreckte und das Seil nur noch mit einer Hand hielt. Der Junge, der vor Kälte tatsächlich ganz steif war, hatte Mühe, den Arm so zu heben, dass er Alpharts Hand zu fassen bekam. Der Wildfänger packte zu und zog ihn aus dem Loch und über den Rand der Öffnung. Erschöpft blieben beide liegen und sogen keuchend die frostige Luft in ihre Lungen.
    »Danke«, stieß Erwyn hervor, als er wieder zu Atem gekommen war.
    Entgegen seines sonst so verschlossenen Wesens zog Alphart den Jungen an sich und umarmte ihn herzlich. Erwyn jedoch erwiderte die Umarmung nicht.
    »Alles in Ordnung?«, wollte Alphart wissen.
    »Du hättest nicht kommen sollen«, beschied ihm der Junge.
    Alphart war verblüfft. »Was hast du gesagt?«
    »Du hättest die Gefahr nicht auf dich nehmen sollen«, sagte Erwyn niedergeschlagen. »Nicht meinetwegen.«
    »Was soll das denn heißen? Wir sind eine Gemeinschaft, erinnerst du dich? Einer steht für den anderen ein.«
    »Einer für den anderen«, murmelte der Junge und sah Alphart mit tränenroten Augen an, die in bodenlose Abgründe geblickt zu haben schienen.
    »Ganz genau. Und jetzt komm, verdammt noch mal, auf die Beine, damit wir diesen finsteren Ort rasch verlassen können! Die anderen warten schon sehnsüchtig auf dich.«
    »Die anderen?«
    »Leffel und Mux – und wahrscheinlich auch dieser verdammte Bärengänger, auch wenn er es nie zugeben würde.«
    »Ich… verstehe…« Erwyn nickte.
    Alphart wunderte sich. Was war nur mit Erwyn los? Irgendetwas schien den Jungen, der ohnehin zur Grübelei neigte, derart niederzudrücken, dass er sich nicht einmal über seine Befreiung freuen mochte. Was hatten Muortis und seine finstere Brut ihm nur angetan? Vielleicht hatte der flüchtige Eindruck ja getrogen, und der Junge hatte doch größeren Schaden davongetragen, als auf den ersten Blick zu erkennen war, Wunden nicht sosehr am Körper, als vielmehr an seiner Seele…
    »Bist du auch wirklich in Ordnung, Junge?«, brummte er – der Blick, mit dem Erwyn ihm antwortete, war unmöglich zu deuten.
    »D-da ist etwas, das ich dir sagen muss, Alphart«, begann er zögernd.
    »Später«, knurrte der Jäger, während er sich bereits aufraffte. »Dies ist weder der rechte Ort noch der rechte Augenblick für eine Unterhaltung.«
    Rasch rollte er das Seil auf und machte es wieder an seinem Gürtel fest – möglicherweise würden sie es noch brauchen. Dafür zog er Danaóns Umhang

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