Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen
war und das Menschengeschlecht noch nicht reif, sich dieser Bedrohung zu stellen. Andere Völker, deren Namen heute nur noch in den Liedern der Sänger Erwähnung finden, haben die Welt damals von der Kälte befreit, in die Muortis, der Herr der Nebel und des Eises, sie gestürzt hatte: die Zwerge, die ihre Bergfestung Glondwarac verließen, um dem Bösen die Stirn zu bieten; teils die große Nation der Drachen« – Yvolar deutete dabei auf Fyrhack –, »die jedoch vom Nebelherrn getäuscht und gespalten wurde; und schließlich das stolze Sylfengeschlecht, das unter Danaóns Führung das Gebirge überwand, um für die Welt zu kämpfen.«
»Wir kennen die alten Geschichten«, erklärte Herras, der lange Zeit geschwiegen und nur zugehört hatte.
Yvolar schaute ihn aus funkelnden Augen an. »Es sind keine Geschichten, sondern Geschichte, von der die Sänger berichten. All jene Dinge sind wirklich geschehen!«
»Und Ihr wollt behaupten, dass jener alte Feind…?«
»… zurückgekehrt ist und all dies bewirkt«, vollendete Yvolar den Satz für Herras und machte eine weit ausholende Armbewegung, die das gesamte verschneite Tal mit einschloss. Dann ließ er seinen stechenden Blick wieder zwischen jenen vier Sterblichen hin und her pendeln, die sich an dieser Stelle zusammengefunden hatten. »Ein Eisdrache steht in Muortis’ Diensten und lässt das Grundmeer erstarren und damit die Flüsse und Seen, während die Armee der Erle bereits durch Allagáin zieht, um alles Leben zu vernichten.«
»Das – das…«, stammelte Galfyn hilflos, »kann ich nicht glauben…«
»Warum nicht, junger Häuptling? Hindert dich deine Rachsucht daran, die Wahrheit zu erkennen?«, fragte Yvolar mit beißendem Spott. »Nicht Krieger Iónadors waren es, die dein Dorf überfallen und die Alten und Frauen niedergemetzelt haben, sondern Muortis’ elendes Gezücht!«
»Aber wir haben Beweise…«
»Natürlich habt ihr die!«, fiel der Druide ihm ins Wort. »Beweise, die Muortis’ Kreaturen am Ort ihrer schändlichen Tat zurückließen – denn es ist der Wille ihres grausamen Herrn, dass ihr euch gegenseitig vernichtet. Das spart ihm eine Menge Arbeit.«
»Ja, aber…« Mehr brachte Galfyn nicht mehr hervor.
Dafür ergriff Barand von Falkenstein endlich wieder das Wort. »Schön, wir wissen jetzt also, dass es keine Krieger Iónadors waren, die im Wald gemordet haben – aber was ist mit den Barbaren?« Anklagend richtete er die Spitze seines Schwerts gegen Galfyn, während er Yvolar anschaute. »Wollt Ihr behaupten, auch sie wären unschuldig, Druide?«
»Allerdings.«
Sichtlich verwirrt starrte Barand den Druiden an, dann ließ er das Schwert wieder sinken. »Aber… Ihr müsst im Irrtum sein«, brachte er mit unsicherer Stimme hervor.
»Tatsächlich? Und was, wenn es erlaubt ist zu fragen, bringt Euch zu dieser Auffassung?«
»Ich war tatsächlich zugegen, als jener Wildfänger die Unverfrorenheit hatte, unangemeldet in Klaigons Audienzhalle einzudringen und die Tafel des Fürstregenten zu beleidigen. Seitdem weiß Klaigon von der Existenz der Erle, und er sandte auch den Wildfänger und den Gilg zu Euch, damit Ihr Euch nach Iónador begebt.«
»Das ist richtig«, bestätigte der Druide.
»Dennoch schickte Klaigon sein Heer nach Norden«, erklärte Barand von Falkenstein, »damit es sich der Invasion des Waldvolks entgegenstellt. Glaubt Ihr, das hätte er getan, wenn Iónador keine Gefahr drohe durch die Barbaren aus den Wäldern? Glaubt Ihr, er hätte sein gesamtes Heer und jeden wehrfähigen Mann hierher geschickt, wäre die Bedrohung durch das Waldvolk nicht größer als die durch die Erle?« Er verengte die Augen zu schmalen Schlitzen, während er Yvolar musterte. »Haltet Ihr Klaigon für einen Narren?«
»Für einen Narren halte ich ihn schon«, gestand Yvolar, »jedoch hat Klaigon beizeiten für Klaigon gesorgt.«
»Was soll das heißen?«
»Dass Klaigon, der Fürstregent von Iónador, unter Muortis’ Bann steht«, antwortete Yvolar mit fester Stimme. »Den raschen Vorteil suchend, hat er sich mit dem Feind verbündet und sich dem Bösen verschrieben wie schon so viele vor ihm.«
»Das – das ist nicht wahr!«, begehrte Barand auf, und Empörung schwang in seiner Stimme. Eine Empörung, in die sich allerdings auch Unsicherheit mischte.
Hatte er nicht schon etwas in diese Richtung geahnt, den Gedanken aber sofort wieder verworfen?
»Es ist wahr«, beharrte Yvolar, »und Ihr wisst es genau. Blickt in Euer
Weitere Kostenlose Bücher