Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen
Menschengedenken erlebt hatte, war nicht zum Schlachtfeld geworden.
Noch nicht…
Eine archaische Kreatur, die unvermittelt am Himmel aufgetaucht war, geritten von einem alten Mann mit wehendem Mantel, hatte die Aufmerksamkeit der Kämpfer auf sich gezogen, und eine Flammenwand hatte die verfeindeten Heere voneinander getrennt.
Yvolar dankte dem Schöpfer, dass er noch rechtzeitig eingetroffen war. Zwar hatte es hier und dort schon Berührungen zwischen den feindlichen Streitern gegeben, aber die Zahl derer, die in diesem sinnlosen Waffengang gefallen oder verwundet worden waren, hielt sich in Grenzen; das beispiellose Gemetzel, in dem sich die Völker Allagáins gegenseitig hatten vernichten sollen, war ausgeblieben.
Vorerst jedenfalls.
Dem Druiden war klar, dass der Waffenstillstand brüchig war und es nur der geringsten Provokation bedurfte, um die Aggressionen wieder aufflammen zu lassen. Beide Seiten, sowohl das Waldvolk als auch die Allagáiner aus der Stadt Iónador, waren so überzeugt davon, für eine gerechte Sache zu streiten, dass sie gar nicht auf den Gedanken kamen, eine andere, dritte Partei könnte sie gegeneinander ausgespielt haben. Dass sie dennoch von ihrer Raserei abgelassen hatten, war nur dem Auftauchen des Drachen zu verdanken, der bei beiden Völkern als Symbol der Weisheit, aber auch des namenlosen Schreckens galt.
Jahrhundertelang war kein Lindwurm mehr am Himmel über Allagáin gesichtet worden, sodass sie zur Legende geworden waren. Die Hitze der Flammen dieses Lindwurms hatte den Kriegswillen der Streitsüchtigen nun jedoch verdampfen lassen wie Eis in feuriger Glut, und ihre Kampfeswut war großer Unsicherheit gewichen. Was, so fragten sich die Krieger, hatte das Auftauchen eines solchen Wesens zu bedeuten?
Und was wollte der Druide von ihnen?
Wie ein weiser Mann erschien er beiden Parteien nicht, wie er so dastand, über und über mit teils gefrorenem Schlamm und Blut bedeckt, schon eher wie ein Unhold aus archaischer Zeit. Nur die Milde in seinen Zügen und sein sanftmütiger Blick widersprachen diesem Eindruck.
Yvolar wusste, dass die Lage jederzeit zu seinen Ungunsten kippen konnte. Er musste möglichst rasch Antworten liefern – und das nicht nur, weil die Zeit drängte, sondern auch, weil sich das Gift in seinem Körper immer mehr bemerkbar machte.
Auf neutralem Boden, in der Mitte des gefrorenen Flusses, kamen sie zusammen: der weise Yvolar, der gekommen war, Frieden zu stiften, Galfyn, der Anführer der Waldkrieger, und Barand von Falkenstein, der Marschall Iónadors. Da Fyrhack mit Nachdruck darauf bestanden hatte, waren beider Leibwachen am Ufer zurückgeblieben, lediglich einen Berater brachte jeder der beiden mit. Auf Galfyns Seite war dies Herras, ein hartgesottener Kämpfer, dessen Blick dennoch Weisheit und Besonnenheit verriet; Barands Berater war ein gewisser Eolac, ein Seher aus Iónador, der in Klaigons Diensten stand und Yvolar schon ungleich weniger gefallen wollte…
»Nun«, sprach Galfyn, ein noch junger Mann, dessen Auftreten allerdings weit jenseits seiner Jahre lag und in dessen Zügen der Druide großen Schmerz zu erkennen glaubte, »Ihr habt das Schicksal vorerst aufgehalten, alter Mann. Nun sprecht und erklärt Euch. Sagt, wer Ihr seid und was all dies zu bedeuten…«
»Schweig, Galfyn!«, fiel ihm Herras ins Wort. »Bist du so verblendet von deiner Rachsucht, dass du einen Freund nicht vom Feind unterscheiden kannst? Weißt du nicht, wer das ist?«
»Seinen Namen hat er genannt«, sagte Galfyn unwillig, »aber er steht zwischen mir und meiner Bestimmung.«
»Es kommt darauf an, worin du deine Bestimmung zu finden hoffst, junger Freund«, erwiderte Yvolar ungerührt. »Bist du darauf aus, einen sinnlosen Tod zu sterben und dein ganzes Volk ins Verderben zu führen? Oder willst du in einem Kampf fechten, der jeden einzelnen Blutstropfen wert ist und in dem der Sieg nicht nur das Überleben des Waldvolks, sondern das aller Sterblichen bedeutet?«
»Was redest du da?«, blaffte der Gescholtene. »Willst du uns das Recht absprechen, gegen die Feinde unseres Volkes zu Felde zu ziehen? Nachdem wir grundlos und ohne Warnung angegriffen wurden? Tritt zur Seite, alter Mann, damit sich mein Racheschwur erfüllen kann.«
Schon hatte Galfyn die Hand am Schwert und wollte es ziehen, um auf Barand loszugehen. Yvolar jedoch, der genau zwischen den beiden stand, rührte sich nicht vom Fleck.
»Lass ihn nur, Druide«, tönte Barand und griff ebenfalls
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