Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
sich beinahe zu gut an. Schuld nagte an ihr.
Kaldar und Gaston gaben Schnalzlaute von sich.
»Alles klar, Blaublütiger?«, rief Kaldar.
William zog die Beine an, rollte sich herum, kam hoch und veränderte seine Ausgangsposition, dann hob er das Kurzschwert mit leicht eingeknickten Knien über die Schulter. Bernstein glitt durch seine Augen und verschwand wieder. Er lächelte. Interessant.
Diese Ausgangsposition hatte sie noch nie gesehen. Aber egal.
Cerise griff an. Er warf sich in ihren Vorstoß, und ihre Klingen trafen aufeinander. Sie wollte parieren, als er ihr die linke Faust in die Rippen rammte. Der Hieb trieb ihr die Luft aus den Lungen. Sie zielte auf seinen Brustkorb und fügte ihm einen leichten Schnitt quer übers Schwarzhemd zu. Du willst spielen? Schön .
William stieß sie kraftvoll zurück. Sie war keine leichte Gegnerin, doch er war irrsinnig stark und meinte es ernst. Sie tanzten über den Hof, ausholend, zuschlagend, ächzend. Er traf sie an der Schulter – ihr Arm wurde fast taub davon – und schlug ihr das Kurzschwert aus der Hand. Hurensohn! Sie rammte ihm den Ellbogen in den Leib, der einer Eisenrüstung glich, da er nicht mal zusammenzuckte. Bei nächsten Mal landete ihre Faust über seiner Leber. Er lachte nur, ließ die Klinge fallen und packte ihr rechtes Handgelenk. Cerise trat ihm knallhart gegen das Schienbein. William ging zu Boden, ihr Tritt traf sein Kinn und schickte ihn ins Gras.
»Weiche Knie und Ellbogen, Lord …«
Er packte ihren Knöchel und riss sie von den Füßen. Sie prallte hart auf. Ihr dröhnte der Kopf, und als sie das Dröhnen fortblinzelte, steckte ihr Arm zwischen seinen Beinen fest. Eine Armklammer. Nett.
»Fertig?« William sah ihr in die Augen und verstärkte den Druck.
Sie stöhnte.
»Was ist jetzt?«
Schmerz schoss durch ihre Schulter. »Fertig.«
Er behielt den Arm in der Klammer. »Damit ich das richtig verstehe: Heißt das, ich habe gewonnen?«
»Könnten Sie sich vielleicht noch mehr aufblasen?«
Er grinste und nickte. »Klar.«
»Also gut. Sie haben gewonnen.«
Er senkte seine Stimme. »Und was kriege ich dafür?«
Sie blinzelte. »Was wollen Sie denn?«
Die Wildheit in seinen Augen zwinkerte ihr zu.
»Nein!«, erklärte sie. »Woran auch immer Sie gerade denken, werde ich bestimmt nicht vor meiner versammelten Sippschaft machen. Und mir die Schulter auskugeln zu wollen ist auch kein angemessener Antrag.«
»Jetzt kommt mal von der Erde hoch, Kinder!«, rief Großmutter Az.
Er ließ sie los. Cerise fuhr herum und versetzte ihm einen Tritt gegen den Schädel. Allerdings nicht sehr hart. Der Angriff traf ihn unter dem Ohr. Er schüttelte den Kopf und wirkte ein wenig benommen. Cerise kam derweil auf die Beine.
»Wofür zum Teufel war das?«, grollte er.
»Weil Sie so ein Blödmann sind.«
Sie hob ihre Schwerter auf und setzte sich neben Großmutter Az. Sehr unwahrscheinlich, dass er ihr dorthin folgen würde.
Ihr Publikum war gewachsen. Tante Pete und Ignata saßen neben Großmutter. Tante Pete hatte ein Veilchen, bei dessen Anblick Cerises Herz aussetzte. Tante Murid lehnte hinter ihnen am Baum.
Cerise saß zwischen Tante Pete und ihrer Großmutter im Gras und funkelte William mit bösem Blick an. Er verzog das Gesicht, stand auf und ging zu dem großen runden Waschbecken am anderen Ende des Hofs, um sich zu säubern.
»Er hat dich ganz schön verdroschen«, fand Tante Pete.
»Ich hätte ihm den Kopf abtrennen können.«
»Hast du aber nicht«, sagte Ignata.
»Nein.«
Ignata ließ ein kleines, unschuldiges Lächeln sehen. »Warum bloß?«
William zog sein Hemd aus. Flache Schnitte verliefen kreuz und quer über Rücken und Flanken. Sie hatte ihm übler zugesetzt als vermutet.
»Oh, mein …«, murmelte Tante Pete. »Womit werden die im Weird gefüttert?«
Eine Hand berührte Cerises Haar. Großmutter Az. Cerise legte den Kopf in den Nacken und spürte die vertrauten Finger im Haar.
»Wie läuft’s denn so mit euch beiden?«, erkundigte sich Großmutter Az.
»Da läuft gar nichts.«
»Was soll das heißen?« Ignata sah sie scheel an. »So wie er dich angeschaut hat.«
»Er hat sie nicht angeschaut«, meinte Tante Pete. »Er hat sie angeschaut .«
»Mehr als gucken gibt’s nicht«, brummte Cerise. William wusch sich gerade Blut von der Flanke, bot ihr die Aussicht auf eine wie gemeißelte Brust, einen flachen Bauch, sodass es ihr schwerfiel, sich weiter auf die Unterhaltung zu konzentrieren. Man sollte meinen, ein
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