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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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wie Stahlkabel spannten. »Das verstehe ich, Gabrielle. Es tut mir leid, dass du untätig bleiben musstest.«
    Sie schniefte, dann errötete ihre ohnehin rote Haut zu tiefem Purpur. Wie alle Agenten hatte sie bei der Aufnahme in die Hand einen anderen Namen angenommen. Daher verwendete er ihren Geburtsnamen nur bei besonderen Gelegenheiten. Spider legte Wert darauf, die richtigen Namen sämtlicher Agenten unter seinem Kommando zu kennen. Schon komisch, wie umwerfend sich ein einziges Wort auswirken konnte.
    »Danke, Mylord.«
    Spider marschierte zum Herrenhaus. Veisan folgte ihm auf dem Fuß.
    »Mylord?«
    »Ja?«
    »Was ist in dem Journal?«
    Er grinste sie an. »Eine Waffe, Veisan. Mit der wir den Krieg gewinnen.«
    »Aber wir sind nicht im Krieg.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sobald wir das Journal haben, sind wir es.«
    William hob den Blick von dem Gewehr, das er gereinigt hatte, und gab es Gaston. Murid, Cerises Tante mit den Augen eines Scharfschützen, hatte ihn um Hilfe gebeten. Daher hatten sie die letzten drei Stunden mit dem Reinigen der Gewehre und der Überprüfung der Armbrüste auf dem Schießplatz hinter dem Haus zugebracht.
    Murid hatte nicht mehr als zwei Worte mit ihm gesprochen, was ihm sehr zupass kam, und ihn dabei nicht aus den Augen gelassen. Sie gab sich kaum Mühe, es zu verbergen, und die permanente Überwachung vermieste ihm die Laune. Zuerst hatte er gedacht, sie wolle ihn von Cerise fernhalten, doch dann kam er zu dem Schluss, dass sie etwas anderes im Schilde führte.
    Murid hatte leere Augen, die Sorte Augen, die man sich einhandelte, wenn man durch Scheiße watete, wenn man den Rückhalt verlor und sich selbst dazu. Das machte sie unberechenbar, daher versuchte er erst gar nicht einzuschätzen, was sie tun würde. Stattdessen wartete er einfach ab, bis es so weit war, um dann entsprechend zu reagieren.
    Murid schoss probeweise eine Armbrust ab. Der Bolzen traf ins Ziel. Sie war gut. Nicht so gut wie er. Aber er war ja auch ein Gestaltwandler mit deutlich besserer Koordination. Indes wäre er nicht überrascht gewesen, wenn sie sich umgedreht und auf ihn geschossen hätte.
    Seine Ohren vernahmen die Geräusche sich nähernder Schritte. Er blickte sich um: Lark kam aus dem Haus gerannt. Sie erkannte, dass er sie beobachtete, und wurde langsamer, ihr Gesicht verriet Missmut und Ärger darüber, erwischt worden zu sein. Dann schlenderte sie rüber und stellte sich links von ihm neben Gaston.
    William nahm die letzte Armbrust von seinem Stapel, hob sie und schoss, ohne zu zielen, überließ allein seinen Muskeln die Führung. Der Bolzen schlug neben den übrigen zehn oder so ins Ziel, mit denen er während der vergangenen Stunde ins Schwarze getroffen hatte.
    Lark schnappte sich ihre Armbrust, tat es ihm gleich und schoss. Der Bolzen ging weit daneben.
    »Das wird nichts«, teilte Gaston ihm mit einer Miene vollkommener Hoffnungslosigkeit mit. »Ich versuche schon seit einer Stunde so zu schießen wie er.«
    Während dieser Stunde hatte er auch noch alle seine Bolzen aus dem Gras klauben müssen, dachte William. Dabei schoss der Kleine ganz passabel. Gute Hand-Auge-Koordination, gutes Augenmerk. Wenn man ihn ordentlich ausbildete, würde noch ein exzellenter Schütze aus ihm werden.
    Lark riss ihre Armbrust hoch, feuerte einen weiteren Bolzen ab und verfehlte. »Wieso schaffst du das?«
    »Übung«, antwortete William. Das und die Reflexe des Gestaltwandlers. »Ich war lange Soldat. Und da ich keine Blitze schleudern kann, musste ich viel mit der Armbrust schießen.«
    Lark zögerte. »Ich kann Blitze werfen.«
    »Zeig.«
    Sie umfasste einen Bolzen mit der Faust. Fahles Licht strömte funkelnd von ihren Augen in ihre Hand, umfing den Bolzen und erlosch wieder. Alles klar. Blitze schleudern lag meistens in der Familie.
    »Gut«, sagte er.
    Lark schenkte ihm ein schmales Lächeln. Es kam und ging fast so schnell wie ihr Blitz, aber er hatte es gesehen.
    William wandte sich Gaston zu. »Und du?«
    »Thoas können keine Blitze werfen.« Der Junge schüttelte den Kopf, dass die schwarze Mähne flog. Die verflixten Haare reichten ihm fast bis zur Taille. Einerseits war das zu lang – wenn man den Kleinen an den Haaren zog, hatte man im Kampf sofort die Oberhand. Andererseits verbargen die Haare sein Gesicht. So sah er im Vorbeigehen einigermaßen menschlich aus, während er einer genauen Überprüfung niemals standhalten würde. Seine Kieferpartie war zu wuchtig, die Augen saßen zu tief unter

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