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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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hungrig. Sie zu Hilfe zu nehmen glich einem Spiel mit dem Feuer. Wenn man ihr den kleinen Finger reichte, wollte sie einen mit Haut und Haaren verschlingen. Angstschauer liefen ihr den Rücken hinunter, doch Cerise drückte sie weg.
    Mom, Dad, haltet aus. Ich komme .
    Ignata stimmte einen Gesang an, zog die Magie auf sich. Im nächsten Moment fiel auch Catherines tiefe Stimme ein.
    Cerise zog an den Seidenbändern des Ranzens, versenkte ihre Hand darin und förderte eine Handvoll Samenkörner zutage. Sie hatte so etwas erst zweimal gemacht, beide Male unter der Anleitung von Großmutter Az, und es hatte ihr so große Angst eingejagt, dass sie anschließend wochenlang von Albträumen geplagt worden war. Raste Adir brachte die Menschen um den Verstand. Wenn man einen Fehler machte, verlor man die Kontrolle über den eigenen Körper. Er agierte dann unabhängig, und man konnte nur noch panisch zusehen. Raste Adir ließ einen vergessen, wer man war, und wer nicht aufpasste, würde nie wieder er selbst sein.
    Ihre Hände zitterten.
    Cerise gab den Ranzen an Ignata weiter, die ihn zumachte und aus dem Kreis trug, um dann, immer noch singend, zurückzukehren.
    Cerise kniete sich vor den Hügel aus Schlamm und Torf vor dem Pfahl, an dem Lagars Leichnam hing, und ließ die Samenkörner vorsichtig zu Boden fallen.
    Sofort durchfuhr Magie sie wie ein Stromschlag und breitete sich kribbelnd von innen nach außen in ihrem Körper aus. Neben ihr schwankte Ignata. Catherine summte ihren Gesang wie im Laub flüsternder Wind.
    Großmutter Az’ Worte kamen ihr in den Sinn. Gib nicht nach. Vergiss niemals, wer du bist .
    Die Magie in ihr wogte, breitete sich rasch wie die Flut aus und erfasste den Schlammhügel.
    Die Samenkörner bewegten sich. Ihre Hülsen barsten, dann brachen winzige grüne Wurzeln blass und fragil durch.
    Die Magie strömte berauschend aus Cerise hervor und nährte die Pflanzen.
    Die Wurzeln verdickten sich, hoben die Samenkörner, gruben sich tief in den blutigen Schlamm und wurden braun. Grüne Zweige wuchsen spiralig, wanden sich um den Pfahl, griffen mit ihren Trieben nach Lagars Leib und wuchsen höher und höher.
    Auf Cerises Stirn stand Schweiß, vermischte sich mit Schlamm.
    Aus den Trieben sprossen leuchtend helle Blätter, ihre winzigen Kapillaren rot wie Lagars Blut. Bald war Lagars Leiche unter der grünen Decke verschwunden.
    Scharfer Schmerz plagte ihr Innerstes. Der Hügel forderte mehr Magie. Mehr. Mehr .
    Knospen erschienen im Grün und sprangen auf. Gelbe, weiße und blassrote Blütenblätter entrollten sich und entließen schwindelerregende Düfte in die Luft, die Cerise honigsüß umschwirrten. Sie fühlte sich trunken vor Glück. Wunderbar … Ihr Körper schwankte, tanzte. Sie wollte innehalten, aber ihre Glieder gehorchten ihr nicht mehr.
    Catherine fiel auf die Knie und lachte leise.
    Mom … Dad. Reiß dich zusammen. Reiß dich zusammen, verdammt noch mal ! Cerise beugte sich über den Hügel und spuckte auf die Blätter. »Wach auf!«
    Die grüne Masse erschauerte. Ein gedämpftes Grollen rollte über die Lichtung, als wollte ein Dutzend Evaurgs ein für alle Mal seine Gebietsansprüche anmelden. Magie fuhr in die Blätter, uralte, mächtige, gierige Magie. Unsagbar gierig.
    Da stieß Lagars Gesicht durch raschelndes Laub, umgeben von Blütenkaskaden, die Haut golden bestäubt.
    Raste Adir hatte den Ruf erhört.
    In üppigem, wildem Grün erglühten Lagars Augen. Dünne Triebe schlängelten sich aus seinem Körper, griffen nach ihr, um sie auszusaugen, und überfluteten ihren Geist mit Verheißungen. Aber Cerise sah sich zwischen den Zweigen gefangen, eine trockene, leere Hülle, eins geworden mit dem Grün. Sie sah die Triebe anbranden, sah, wie die kniende Catherine zu einer grünen Säule erstarrte, sah, wie Ignata von einer Ranke aufgehoben wurde, mit entspanntem Gesicht verloren zwischen Blüten …
    Cerise fuhr zurück, nahm ihre Deckung hoch. Nein. Zurück mit dir !
    Die Alte Magie verharrte außerhalb ihrer Reichweite. Zerrte mit Macht an ihr.
    Catherine lag auf der Erde, schluchzte, Glückstränen schossen ihr in die Augen. Die Ranken griffen nach ihr.
    Cerise trat ihnen in den Weg, raffte ihre Magie zusammen. Sie erhob sich hinter ihr wie eine dunkle, sich ausbreitende Wolke. Sofort wichen die Triebe zitternd zurück.
    Gut so. Zurück, wo du hingehörst .
    Cerise straffte die Schultern. Sie war eine Sumpfhexe, wie ihre Großmutter und ihre Urgroßmutter vor ihr. Sie besaß die

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