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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Grinsen hätte sie ihn fast nicht erkannt. Der Tod hatte seinem Gesicht jeden Ausdruck geraubt, jetzt sah er aus wie ein x-beliebiger Junge, den es zu früh dahingerafft hatte.
    Cerise wünschte sich, sie hätte irgendetwas empfunden, etwas anderes als Bedauern. Die Sheerile-Brüder waren tot. Die Fehde war vorbei. Eigentlich ein Grund zum Feiern, doch stattdessen fühlte sie sich leer, von allen Gefühlen verlassen, wie ausgeschabt. Nur die Reue blieb. So viele Tote. Welche Vergeudung von Menschen und von Leben.
    Es hätte ihr nichts ausgemacht, wenn just in diesem Moment ein Felsbrocken vom Himmel gefallen wäre und sie getötet hätte. Sie war sowieso am Ende.
    William ließ sich neben ihr im Gras nieder. »Ein guter Kampf.«
    »Ja. Du hast ganz allein dreißig Leute niedergemetzelt.«
    »Ich meinte dich und Lagar.«
    Cerise seufzte. »Wenn ich mein Vater wäre, würde mir die Familie überallhin folgen, aber der bin ich nicht. Ich musste erst beweisen, dass ich gut genug bin. Beim nächsten Mal muss ich sie womöglich gegen die Hand führen. Also sollte ich mir sicher sein, dass sie mit mir gehen.«
    Inzwischen hatten die Männer Lagars Körper mitten auf der Lichtung aufgehängt. Er hing aufrecht an einem Holzpfahl, um dessen Basis nun Torf und Schlamm aufgeschichtet wurden. Drei Eimer Schlamm standen bereits bei der Leiche. Richard und Kaldar trugen eine große Plastiktonne herbei und stellten sie neben den Eimern ab.
    William betrachtete den Leichnam. »Was wird das?«
    »Wir wollen einen Sumpfgeist in seinen Körper beschwören. Es gibt viele Geister im Sumpf. Sie waren früher mal Götter. Die Alten Götter und Alten Stämme, die vor Jahrhunderten in die Sümpfe flohen. Die Stämme gibt es schon lange nicht mehr, und ihre Götter existieren nur noch als Geister. Es gibt Gospo Adir, den Geist des Lebens und des Todes, und Vodar Adir, den Geist des Wassers. Ich werde Raste Adir, den Geist der Pflanzen, herbeirufen.«
    »Wozu?«
    Sie seufzte wieder. »Wir wissen nicht, wo die Hand meine Eltern hingebracht und warum sie sie entführt hat. Also müssen wir herausfinden, wo der Feind steckt und was er im Schilde führt. Pflanzen verfügen über genügend Vitalität, um einen toten Körper wiederzubeleben. Und das, wonach ich suche, ist in Lagars Gehirn versteckt. Er war ein vorsichtiger Mann und muss gewusst haben, was Spider mit meinen Eltern vorhat, sonst hätte er sich nie mit der Hand eingelassen. Raste Adir wird sich mit der Leiche vereinigen und dieses Wissen für mich ausfindig machen.«
    »Verschmelzung.«
    »Nicht ganz. Bei einer Verschmelzung vereinigt sich ein lebender Mensch mit pflanzlichem Gewebe, das dann den Willen desjenigen unterdrückt. Aber Lagar ist tot. Er besitzt keinen Willen mehr. Wir wollen nur an die in seinem Kopf gespeicherten Informationen heran. Schau mich nicht so an, William. Ich versuche nur, meine Familie zu retten.«
    Der Abscheu wich aus seinem Gesicht. »Ist das gefährlich?«
    »Ja. Die Alte Magie hungert. Wenn ich nicht vorsichtig bin, wird sie mich verschlingen.«
    Er öffnete den Mund.
    »Ich muss jetzt gehen.« Cerise stieß sich von der Erde ab und marschierte zu Lagars Leichnam, wo Ignata und Catherine schon auf sie warteten. Sieh gut hin, Lord Bill. Du hast mir deine böse Seite gezeigt. Das hier ist meine .
    Ignata goss einen Eimer Schlamm über sich aus. Catherine tat es ihr gleich, hielt ihren Eimer aber linkisch und unsicher. Cerise griff nach dem dritten Eimer und kippte sich den Inhalt über den Kopf. Der Schlamm ergoss sich kalt über ihr Haar und roch schwach nach Verwesung und Wasser.
    »Ich wünschte, Großmama wäre hier«, murmelte Catherine.
    »Geht nicht«, entgegnete Ignata.
    »Ich weiß, ich meine ja nur … Ich wünschte, es wäre schon vorbei.«
    »Ich auch«, brummte Cerise.
    Catherine hielt inne. »Wieso? Glaubst du, es geht was schief?«
    Cerise hätte fast geflucht. »Nein«, log sie. »Es geht nichts schief. Ich bin hundemüde, blutverschmiert und total verdreckt. Ich würde gern heimgehen und schlafen, Cath.«
    »Ich schätze, das würden wir alle gern«, sagte Ignata.
    Catherine seufzte und kippte Schlamm über sich.
    »Bringen wir’s hinter uns.«
    Cerise ließ den Deckel des Plastikfasses aufspringen. Darin lagen drei mit Asche gefüllte Beutel. Zwei davon reichte sie Ignata und Catherine und behielt Nummer drei selbst. Furcht ließ ihr Innerstes erschauern.
    Bring’s hinter dich. Bring’s zu Ende und fertig .
    Cerise riss ihren Beutel auf

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