Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
mich.«
William zog sein Reservemesser und rammte es vor sich in die Erde. »Gutes Gelingen.«
Kaldar ließ seine Klinge fallen und hob das Messer auf. Seine Finger fuhren über die Schneide und streichelten das Metall. Dann schloss er die Augen und trat auf das freie Feld hinaus.
Sein Fuß verhielt über einer Stelle, kehrte um und wandte sich zuerst nach links, dann nach rechts. Fast berührte Kaldar mit der rechten Stiefelspitze einen verdächtigen Fleck Erde, doch dann schwankte er und drehte sich weg. Er kam voran, schlingernd wie ein Betrunkener, vollführte elegante, flüssige Sprünge, erstarrte, balancierte auf dem linken Fußballen und überwand die letzten zehn Meter in geradem Endspurt.
Dann fuhr er herum, riss die Arme hoch und ließ ein selbstzufriedenes Grinsen sehen. »Na?«
Hinter ihm flimmerte ein Schatten. William sprang auf und schoss zweimal. Der erste Schuss traf den Agenten ins Auge und streckte ihn nieder. Der zweite Bolzen ging daneben, als ein gleichmäßig geflecktes Leibknäuel Kaldar bei den Schultern packte und zum Fenster im ersten Stock hinaufzog.
Embelys, teilte Williams Gedächtnis ihm mit. Die Schlange. Nun galt es, keine Zeit zu verlieren.
William warf eine Handvoll Bomben des Spiegels auf die Lichtung. Die winzigen Kugeln detonierten mit ohrenbetäubendem Getöse. Geysire aus Erde und Wurzeln blühten auf und schleuderten Dreck in die Luft. Von seinem Instinkt geleitet, stürmte William los, während Erdklumpen auf seine Schultern regneten, und zückte im Laufen sein Lieblingsmesser.
Da spürte er den Feind vor sich und stieß das Messer ins Getümmel. Die Agentin schoss herum, ihre Haare glichen einem Wirbelwind aus kleinen Zöpfchen über den muskulösen Schultern. Ein roter Strom aus dem verletzten Blutgefäß am Oberschenkel tränkte ihr Bein. Sie keuchte und fiel, ihren Tod wartete er nicht mehr ab.
Aus dem Unterholz jenseits der von seinen Sprengsätzen verwüsteten Lichtung lösten sich Gestalten. Aus den Augenwinkeln erkannte er Cerise, lief aber weiter.
Vor ihm ragte das Haus auf. William sprang, bekam die Balkonkante zu fassen und zog sich hoch, wo Kaldar das hölzerne Geländer zerbrochen hatte. Zwischen glitzernden Glasscherben lagen die Reste eines zerschlagenen Fensters auf den Bodenbrettern. Er setzte über den rasiermesserscharfen Tau, sprang mit dem Kopf voran in den Raum, rollte sich beim Aufprall ab und kam mit stoßbereitem Messer auf die Beine.
Schwach drangen erstickte Kampfgeräusche an sein Ohr. Sie kamen aus dem Zimmer links. Mit einem Tritt sprengte er die Wand und stürzte sich hinein. Der Agent wirbelte von rechts auf ihn zu. William wich seinem Tritt aus, stieß dem Kerl die Klinge in die Achselhöhle, schlitzte dem zweiten Angreifer die Kehle auf und hielt zwischen fallenden Körpern inne.
Von rechts ein Keuchen. »William.«
Embelys’ massiger Rumpf hielt Kaldar an die Wand gepresst. Ihre Windungen durchstießen die Holzvertäfelung, wickelten sich um seine Taille und Schulter und fesselten seinen rechten Arm an den Körper. Der linke lag über Embelys’ Brust, wo ihr Leib sich nach vorne neigte, bevor er eine an der Zimmerdecke angebrachte dicke Eisenstange erwischte. Das Muster ihrer Windungen war blass und stumpf, ihr Kopf hing schlaff zur Seite. Aus ihrem Hals, aus dessen Fleisch Williams Messer ragte, lief ein langer Streifen Blut über den Fußboden.
»Danke fürs Messer.« Kaldars Gesicht wurde vor Anstrengung knallrot. »Helfen Sie mir, das Miststück von mir runterzukriegen.«
Ein Beben erschütterte das Haus, ließ Williams Schädel dröhnen und seine Zähne klappern, als säßen sie locker im Kiefer.
»Ich könnte Hilfe gebrauchen«, krächzte Kaldars Stimme.
Wie die Schläge einer gewaltigen Glocke dröhnte noch eine Erschütterung, durch die William ins Wanken geriet.
»Was, zum Henker, haben Sie?«
In Williams Innerm spitzte die Wildheit die Ohren. Jemand rief ihn. Er wandte sich der Tür zu. Der Ruf hallte in seinem Schädel, unmittelbar in seinem Verstand, ohne Zuhilfenahme der Ohren. Sollte dies Magie sein, war er ihr noch niemals begegnet.
»Still, keinen Laut.«
»Nicht weggehen! Helfen Sie mir, verdammt!« Mit der freien Faust schlug Kaldar auf Embelys’ Leichnam ein. »Verfluchter Hurensohn!«
In Williams Kopf echote ein von Schmerz und Sehnsucht erfüllter Schrei. William lief durch die Tür auf den Korridor hinaus, auf die Quelle des Geschreis zu. Das mentale Heulen war so heftig, dass sein Herz
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